BAZ-II-Studie

Zahnmedizin wurde „in vivo“ geprüft

Zur Endphase der Verhandlungen um den neuen Bema rücken die dem erweiterten Bewertungsausschuss und dem Bundesausschuss Zahnärzte und Krankenkassen vorliegenden Studien von Zahnärzteschaft und Krankenkassen erneut in die zahnärztliche Diskussion. Die zm dokumentieren deshalb noch einmal die Ansätze der arbeitswissenschaftlichen Studie „Bewertungs-Analyse zahnärztlicher Leistungen (BAZ-II)“ des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ) und deren Unterschiede zur Kassen-Studie.

Für die Krankenkassen war alleiniges Ziel der Zeitmessstudie die Bema-Überarbeitung. Im Gegensatz dazu war die IDZ-Studie bewusst wesentlich komplexer angelegt: Sie stellt zahnmedizinische Leistungsbeschreibungen aus dem Gesamtspektrum moderner Zahnheilkunde in den Fokus der arbeitswissenschaftlichen Forschung. BAZ-II sollte, so der Auftrag von KZBV und BZÄK, nicht nur Grundlage einer Neubewertung zahnärztlicher Leistungen sein, sondern auch Orientierungsbasis für die Fortentwicklung der Leistungsbeschreibung in Richtung einer stärkeren Präventionsorientierung (siehe dazu auch Beiträge in zm 7/2000 „Zahnheilkunde – von Grund auf neu“, in zm 5/2002 „Die ersten Schritte sind getan“ sowie in zm 7/2002 „Zahnheilkunde neu vermessen“).

Zwischenzeitlich geäußerte Befürchtungen, die BAZ-II-Studie sei wegen nicht berücksichtigter Qualitätskontrollen für die ihr zugrunde gelegten Aufgaben unvollständig, sind laut IDZ ungerechtfertigt: Echte Qualitätsüberprüfungen hätten klinische Kriterien vorausgesetzt, gegen die hätte geprüft werden können. „Diese Kriterien gibt es aber mit zahnmedizinisch-wissenschaftlichem Konsens nur sehr eingeschränkt“, erklärt der wissenschafliche Leiter des IDZ, Dr. Wolfgang Micheelis. Allgemein in der Fachwelt akzeptierte „Maßstäbe“ für die beobachteten Behandlungsleistungen, die im Rahmen der zahnärztlichen Stichprobenpraxen für die Prüfung des erreichten Qualitätsniveaus zur Verfügung gestanden hätten, seien schlichtweg nicht verfügbar. Hingegen: Durch die EDV-Abspeicherung der „Beobachtungsereignisse“ auf der Grundlage von vorab entwickelten Therapieschrittlisten wurde eine „recht gute“ Transparenz erreicht, heißt es in einer Antwort des IDZ auf eine Anfrage des ehemaligen KZBV-Vorsitzenden Dr. Rolf Löffler.

Höhere Zeiten

Ziel der Studie war, die Situation der Zahnarztpraxis „in vivo“ zu messen und festzuhalten. Vorherrschend war dabei weder der Anspruch, dass die gemessenen Leistungen Ergebnis des durch das GKV-System bedingten Zeitdrucks sein sollten, noch war ein rein wissenschaftlich akademischer Ansatz als Ausgangslage für die Messungen ausschlaggebend. Die Ergebnisse zeigten, dass die Zeitmessungen als Alternative zur Zeitmessstudie der Krankenkassen notwendig waren. Während in Teilbereichen die Messungen durchaus kompatibel waren, lagen die Zeitangaben der BAZ-II in einigen Bereichen doch deutlich höher als die der Krankenkassenstudie. Hier nur einige Beispiele:

• Eingehende Untersuchung (01): 8,8 versus 6,0 Minuten (plus 32 Prozent),

• Amalgamfüllung zweiflächig (13 b): 12,2 versus 10,7 Minuten (plus zwölf Prozent),

• Versorgung eines Einzelzahnes mit einer Krone mittels Hohlkehlpräparation (20 b): 38,2 versus 23,0 Minuten (plus 40 Prozent).

Alle Zeiten beziehen sich auf die reine Zahnarztzeit – also ohne Helferinnenanteile – plus sieben Prozent Rüstzeitzuschlag.

Diese Messungen haben sich in den Verhandlungen als sehr zweckdienlich erwiesen.

Für den leistungsrechtlich speziell zu handhabenden Bema-Bezug wurde das nach dem Gliederungsprinzip der Therapieschrittlisten erstellte Datenmaterial auf ausgewählte Kernschritte konzentriert. Insgesamt galt aber für die vor Ort zum Messen eingesetzten Zahnärzte des Sanitätsdienstes der Bundeswehr, die Leistungen so zu erfassen, wie sie in der jeweiligen Praxis typischerweise erbracht werden.

Im Zeitraum von März bis Juli 2001 wurden auf dieser Basis 56 niedergelassene Zahnärzte in je einer Arbeitswoche in den Studienregionen Hamburg, Stuttgart, Dresden und München von 25 speziell für die Studie geschulten „Beobachterzahnärzten“ innerhalb eines halben Jahres „vermessen“. Im Herbst wurden dann die statistischen Auswertungen gestartet. In der Regel wurden, so das IDZ, sechs bis sieben Zahnarztpraxen zeitparallel im Studienfeld von BAZ-II arbeitswissenschaftlich dokumentiert.

Die Praxen selbst hatten im Vorfeld keine Zeit, durch gezielte Maßnahmen die typischen Bedingungen – zum Beispiel durch gesondert bestellte Patienten – zu verfälschen. Dr. Micheelis: „In der Regel vergingen nur drei bis vier Wochen, bis die Messungen mit den Praxen nach gemeinsam vereinbarten Terminen begannen. Ein ‘gezieltes Patientengut’ dürfte kaum zum Zuge gekommen sein, da die Bestellbücher der Praxen meist über mehrere Monate hinausgingen, wir uns also mit unserer Studie lediglich in den Strom einfügen konnten.“ BAZ-II, so zeigt sich im Laufe der Verhandlungen, hat als umfassende und wissenschaftlich fundierte Grundlage und Kontrapunkt der Krankenkassenstudie die Erkenntnisprozesse im Bundesausschuss und erweiterten Bewertungsausschuss im Sinne der Zahnärzteschaft vorangetrieben.

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