FVDZ-Pressekonferenz in Berlin

Der Generationenvertrag gilt nicht für die Zahnmedizin

200275-flexible-1900
Der Generationenvertrag, der unser Gesundheitssystem prägt, gilt nicht für die Zahnmedizin. Dies war die Kernbotschaft des Finanzwissenschaftlers Bernd Raffelhüschen auf der Pressekonferenz des Freien Verbandes in Berlin.

Hart ins Gebet mit dem Arbeitsentwurf zur Gesundheitsreform ging der Bundesvorsitzende des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte (FVDZ), Dr. Wilfried Beckmann, anlässlich einer Pressekonferenz am 29. August in Berlin. „Es handelt sich um einen Kompromiss, der Probleme nur addiert und wenig neue Lösungen bietet“, sagte er. Der große rote Faden gehe munter in Richtung Staatsmedizin. Zur geplanten Ausgliederung des Zahnersatzes äußerte sich Beckmann kritisch. Es bestehe fachlich kein Grund, diesen aus der Gesamtheit der Zahnmedizin zu lösen und isoliert zu behandeln. „Wir fordern die Privatisierung der GKV mit der Pflicht zur Versicherung eines Kernbereichs für jeden Bürger“, erklärte er. Der Bereich Zahnmedizin biete sich in besonderer Weise an, die notwendigen Strukturveränderungen in einem ersten Schritt zu vollziehen. Für den zahnärztlichen Bereich habe der Freie Verband mit dem System der befundorientierten Festzuschüsse klare ordnungspolitische Anregungen gegeben. Dazu gehörten Instrumente wie Eigenverantwortung, Selbstbestimmung und echter Wettbewerb.

Beckmann wies darauf hin, dass das Konzept des Generationenvertrages im zahnmedizinischen Bereich nicht zutreffend sei, ein Aspekt, den Prof. Dr. Bernd Raffelhüschen, Direktor des Instituts für Finanzwissenschaften an der Universität Freiburg, vertiefte. „Weil die Kosten für die zahnmedizinische Versorgung im Alter zurückgehen, gibt es weder erworbene Ansprüche aus einem Generationenvertrag noch sind Altersrückstellungen nötig“, sagte er. Er machte anhand von Zahlenbeispielen deutlich, dass die Ausgaben für die zahnmedizinische Versorgung ab dem 53. Lebensjahr kontinuierlich sinken. Dies unterscheide sie vom Großteil der Krankheitskosten, die im Alter steil anstiegen. Dagegen seien die durchschnittlichen Ausgaben eines 70-jährigen Mannes für Zahnbehandlung gleich hoch wie die eines 37-Jährigen. Das Gebiss sei billiger als die Aufwendungen für Zahnerhalt. Raffelhüschen: „Das typische Profil der Gesundheitsausgaben eines Versicherten verläuft so: Die Ausgaben sind im ersten Lebensjahr hoch, verharren in der Jugend auf niedrigem Niveau und nehmen ab dem 60. Lebensjahr rasch zu. Dagegen verläuft die Ausgabenkurve für Zahnbehandlung über alle Altersjahrgänge relativ flach – mit einem Anstieg bei den Jugendlichen – und fällt im Alter sogar ab.“ Die Ausgliederung von Zahnersatz aus der GKV sei ein kleiner Schritt zu mehr Generationengerechtigkeit. Werde die komplette Zahnbehandlung ausgegliedert, sinke die Nachhaltigkeitslücke von 203,8 Prozent des Bruttoinlandsproduktes um 36,1 Prozent auf 167,7 Prozent, rechnete er aus.

Prof. Dr. Helge Sodan, Präsident des Verfassungsgerichtshofs des Landes Berlin, stellte Ergebnisse eines Rechtsgutachtens vor, dass sich mit Fragen der Verfassungsmäßigkeit der Ausgliederung von Leistungsbereichen aus der GKV am Beispiel der Versorgung mit Zahnersatz beschäftigte. Das Gutachten ist im Auftrag von KZBV, BZÄK und FVDZ erstellt worden und kommt zu dem Ergebnis, dass die Herausnahme ein rechtlich zulässiger Schritt sei, der mit den Grundrechten konform gehe (siehe auch zm 16/2003, Seite 16).

Neue Wege

Unabhängig von der Pflichtmitgliedschaft in der GKV will der Freie Verband, dass jeder Bürger die Chance erhalten soll, die zahnmedizinische Versorgung zu erhalten, die er individuell für sich als sinnvoll erachtet. Deshalb hat er zusammen mit der niedersächsischen Zahnärzteinitiative Vereinigung unabhängiger Vertragszahnärzte (VUV) unter der Leitung von Dr. Karl Horst Schirbort und der Deutschen BKK unter der Leitung des Vorstandsmitglieds Julius von Ingelheim neue Wege eingeschlagen und einen Projektvertrag vereinbart. Bei dieser gerade gestarteten „Gesundheitsversicherung“ kann ein gesetzlich bei der Deutschen BKK Versicherter durch Wahl eines ihm genehmen Pakets ein individuelles „Upgrading“ seines gesetzlichen Versicherungsschutzes vornehmen. Das gilt für zahnmedizinische und diverse allgemeinmedizinische Leistungen. Grundbaustein ist die Prävention. Mit diesem Angebot wollen die Kooperationspartner ein „vernünftiges Nebeneinander von gesetzlicher und privater Absicherung“ bieten. pr

 

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.