Repetitorium

ASH und NASH - alkoholische und nicht alkoholische Leberschäden

Christine Vetter Chronische
Leberschäden sind längst nicht immer durch Alkohol bedingt. Zunehmend häufiger sehen die Mediziner fast identische Veränderungen bei Menschen, die glaubhaft angeben, kaum Alkohol zu konsumieren. Es handelt sich um NASH, die nicht alkoholische Steatohepatitis, ein Krankheitsbild, das vorwiegend Frauen, adipöse Menschen und Diabetiker entwickeln.

Sieht man von den viralen Hepatitiden wie der Hepatitis B und der Hepatitis C ab, so ist die Mehrzahl der chronischen Leberschäden durch Alkohol bedingt, man spricht auch von einer alkoholischen Fettleber-Hepatitis oder einer alkoholischen Steatohepatitis (ASH). Damit wird umschrieben, dass es alkoholbedingt zu einer Fettleber und gleichzeitig zu entzündlichen Veränderungen kommt, die Umbauprozesse und schließlich eine Leberzirrhose zur Folge haben können.

Neben dieser Erkrankung kennen die Mediziner jedoch seit einigen Jahren ein weiteres Krankheitsbild, das vergleichbare Veränderungen aufweist, ohne dass jedoch Alkohol im Spiel ist. Es handelt sich um NASH, die so genannte nicht alkoholische Steatohepatitis.

NASH – ein zunehmendes Problem

Entdeckt wurde NASH zunächst anhand von Einzelfällen bei Patienten mit chronischen Leberschäden, die direkt an ASH denken ließen, wobei die Betroffenen aber eindringlich versicherten, kaum oder niemals Alkohol zu trinken. Beschrieben als eigenständiges Krankheitsbild wurde die Störung im Jahre 1980. Sie ist jedoch in der Ärzteschaft wie auch in der Öffentlichkeit bislang noch relativ wenig bekannt, was zur Folge hat, dass so manchem Betroffenen lange Zeit ein überhöhter Alkoholkonsum unterstellt wurde oder wird.

Allerdings war auch früher bereits beobachtet worden, dass vermeintliche Alkoholschäden nicht immer mit Alkohol in Beziehung stehen. Solche Störungen wurden als Pseudoalkoholhepatitis oder als Fettleberhepatitis (Steatohepatitis) bezeichnet. Denn die Veränderungen gehen von einer Fettleber aus, sind jedoch ebenso wie ASH stets mit entzündlichen Gewebeveränderungen verbunden.

Die Fettleber

Von einer Fettleber sprechen die Mediziner, wenn der Fettgehalt des Organs fünf Prozent des Gewichtes der Leber überschreitet. Grund ist die übermäßige Speicherung von Fett und speziell von Triglyceriden in den Leberzellen, so dass diese und mit ihnen das gesamte Organ anschwillt. Ein solcher Befund wird nicht primär als krankhaft eingestuft und macht in aller Regel keine Beschwerden. Zu bedenken ist aber, dass sich aus der Fettleber eine Fettleber-Hepatitis entwickeln kann, und damit eine mögliche weitere Progression der Leberschäden.

Die Häufigkeit der Fettleber ist abhängig davon, in welchem Kollektiv untersucht wird. Bezogen auf die Gesamtbevölkerung liegt sie den Erhebungen zufolge bei 16 bis 20 Prozent. Alkoholiker weisen zu 46 Prozent, Übergewichtige sogar zu 76 Prozent eine Leberverfettung auf. Diese ist somit, darauf weist der Hepatologe Professor Dr. Ulrich Leuschner aus Frankfurt in einer Informationsbroschüre hin, deutlich stärker mit Übergewicht als mit einem Alkoholabusus assoziiert.

Generell verursacht wird die Fettleber durch falsche Ernährungsgewohnheiten und Übergewicht, durch Störungen des Stoffwechsels, insbesondere durch einen Diabetes mellitus, oder auch als Nebenwirkung bestimmter Medikamente.

Kommen entzündliche Veränderungen zur Fettleber hinzu, so liegt eine Steatohepatitis vor. Es finden sich bei einer solchen Diagnose stets Entzündungszellen in der Leber und es kann zum Absterben von Leberzellen kommen. Als Folge des Zelluntergangs steigen die Leberwerte an, die Steatohepatitis hat somit eindeutigen Krankheitswert und muss als Störung ernst genommen werden. Allerdings sind die Übergänge fließend. Die Veränderungen gehen in der Mehrzahl der Fälle – nicht jedoch bei NASH – auf einen häufigen und exzessiven Alkoholkonsum zurück. Mit einem gesteigerten Risiko für die Entwicklung einer alkoholbedingten Fettleber mit der Gefahr einer späteren Entwicklung zur Leberzirrhose ist dabei schon bei einem regelmäßigen Alkoholkonsum von mehr als 60 bis 80 Gramm täglich bei Männern und von 20 bis 40 Gramm bei Frauen (etwa zwei Gläser Wein täglich) auszugehen.

Leberfibrose und Leberzirrhose

Aus der Steatohepatitis (aber normalerweise nicht ohne weiteres aus der Fettleber) entwickelt sich bei weiterem Alkoholkonsum in vielen Fällen eine Leberfibrose. Sie geht mit einer zunehmenden Umwandlung der Leber mit Einlagerung von Bindegewebe einher und bahnt damit den Weg in die Leberzirrhose. So bildet sich im Bereich der abgestorbenen Leberzellen narbiges Gewebe, bis schließlich regelrechte narbige Gewebestränge die Leber durchziehen. Es kommt dadurch zu erheblichen Störungen der Leberfunktion und zum Vollbild einer Leberzirrhose. Hierbei handelt es sich um Veränderungen, die nicht zurückgebildet werden können. Die Krankheit ist abgesehen von einer Lebertransplantation nicht heilbar und führt bei fortschreitendem Gewebeumbau unweigerlich zum Tode.

Liegt eine alkoholische Steatohepatitis vor, so ist in 40 Prozent der Fälle mit der Entwicklung einer Leberzirrhose zu rechnen. Bei NASH ist das Risiko deutlich geringer. Doch nach derzeitiger Erkenntnis kommt es auch bei der nicht alkoholischen Fettleber-Hepatitis bei bis zu 50 Prozent der Betroffenen zu bindegewebigen Veränderungen und bei sieben bis 16 Prozent zum Vollbild einer Leberzirrhose. Die Gefahr scheint um so größer zu sein, je ausgeprägter die Entzündungszeichen sind. Allerdings ist das Wissen um den Verlauf von NASH noch lückenhaft, da das Krankheitsbild bislang noch wenig untersucht ist und nur wenige Daten zum Langzeitverlauf vorliegen.

Häufigkeit und Ursachen von NASH

Genaue Erhebungen zur Inzidenz wie auch zur Prävalenz von NASH fehlen bislang. Bei Patienten, die sich wegen erhöhter Leberwerte einer Leberbiopsie unterziehen, findet sich ein solcher Befund nach Leuschner in etwa elf Prozent. Bei schlanken Personen liegt die Rate bei 2,7 Prozent, bei Übergewichtigen jedoch bei 19 Prozent.

Die nicht alkoholische Steatohepatitis kann offensichtlich vielfältige Ursachen haben. Die Erkrankten sind überdurchschnittlich häufig übergewichtig, oftmals liegt eine Insulinresistenz oder ein Typ 2-Diabetes vor, und fast regelmäßig finden sich auch Fettstoffwechselstörungen im Sinne zu hoher Cholesterinwerte im Blut. Die Erkrankung wird außerdem mit verschiedenen Medikamenten in Zusammenhang gebracht. So können möglicherweise Antiarrhythmika, Kortikoide und eventuell auch einige Antibiotika und hormonelle Kontrazeptiva Nebenwirkungen haben, die die Entwicklung von NASH fördern.

Besonders gefährdet für die Entwicklung der Störung sind übergewichtige Frauen, die laut Leuschner mit 75 Prozent den Hauptanteil NASH-Patienten darstellen.

Pathogenese als „second Hit“-Schädigung

Hinsichtlich der Pathogenese vermuten die Mediziner, dass NASH nach dem Prinzip einer „second Hit“-Schädigung entsteht. Darunter versteht man die Tatsache, dass sich die entsprechenden Veränderungen ausbilden, wenn es auf dem Boden einer ersten Schädigung des Gewebes zu einem zweiten toxischen Reiz kommt. So ist vorstellbar, dass eine erste Schädigung durch die Einlagerung von Fett in die Leberzellen gegeben ist. Die Verfettung scheint dabei, so Leuschner, die Empfindlichkeit der Leber gegenüber einem weiteren „Hit“, also einer weiteren Noxe, zu steigern.

Dieser zweite „Schlag“ kann beispielsweise durch eine Darmoperation erfolgen, durch die Einnahme leberschädigender Medikamente oder durch die Entwicklung einer diabetischen Stoffwechsellage. Während die nicht geschädigte Leber solche Situationen verkraftet, können bei vorgeschädigtem, verfettetem Organ offenbar Umbauprozesse initiiert werden, die zu entzündlichen Veränderungen und damit zu NASH führen.

Doch die Entwicklung der Leberschädigung setzt auch eine gewisse genetische Empfindlichkeit voraus. Anders wäre kaum zu erklären, dass längst nicht alle schweren Trinker einen Alkoholschaden der Leber entwickeln und dass sich NASH durchaus auch bei schlanken Männern findet, wenngleich dies deutlich seltener der Fall ist. Welche Gene an der Krankheitsentstehung beteiligt sind, ist bislang jedoch nicht geklärt.

Verlauf von NASH

NASH tritt meist im fünften oder sechsten Lebensjahrzehnt auf und nimmt in aller Regel einen gutartigen Verlauf. Da die Erkrankung keine Beschwerden verursacht, wird sie in sehr vielen Fällen gar nicht diagnostiziert. Bei bekannter Erkrankung ist, wie bereits beschrieben, laut Literaturberichten in etwa zehn Prozent der Fälle innerhalb vonfünf bis zehn Jahren mit der Progression von NASH zur Leberfibrose und schließlich zur Leberzirrhose zu rechnen.

Obwohl damit bei neun von zehn Fällen nicht mit gravierenden Komplikationen zu rechnen ist, muss NASH in jedem Fall ernst genommen werden. Denn die Erkrankung ist den derzeitigen Hinweisen zufolge rund ebenso häufig wie eine Hepatitis C. Anders als bei dieser gibt es jedoch bislang keine effektive Behandlungsmöglichkeit. Außerdem kann NASH auch dramatisch verlaufen und dann bis hin zum fulminanten Leberversagen und zum raschen Tod der Patienten führen. Ein solcher Verlauf steht zumeist mit besonderen Ereignissen im Leben des Patienten im Zusammenhang und wird gelegentlich beobachtet nach starken Gewichtsverlusten im Rahmen einen Reduktionsdiät oder nach Darmoperationen und speziell einer operativen Verkürzung des Dünndarms zur Gewichtsreduktion bei massiver Adipositas.

Diagnostik von NASH

Da die Steatohepatitis keine Beschwerden verursacht, wird eine Verdachtsdiagnose meist erst dann gestellt, wenn sich im Rahmen einer medizinischen Routineuntersuchung erhöhte Leberwerte ergeben, für die eine Ursache nicht dingfest zu machen ist. Schreitet die Leberschädigung fort, so kann sich das mit Müdigkeit und Mattigkeit aber auch mit Schmerzen im Oberbauch bemerkbar machen. Bei der klinischen Untersuchung fällt eventuell eine vergrößerte Leber auf, was ebenso wie die Laborveränderungen hinweisend auf eine Lebererkrankung ist, nicht aber spezifisch für NASH. Auch eine Verfettung in der Sonographie führt lediglich zum Nachweis einer Fettleber, ist aber kein zwingendes Kriterium für NASH. Die Verdachtsdiagnose ergibt sich beim Nachweis einer Fettleber bei übergewichtigen Personen, bei Typ 2-Diabetikern sowie bei Menschen mit Fettstoffwechselstörung und leicht bis mäßig erhöhten Leberwerten. Stets muss dabei nach anderen Gründen für die Veränderungen gefahndet werden, wie etwa eine Hepatitis B oder C oder eine Autoimmunerkrankung der Leber. NASH stellt damit immer eine Ausschlussdiagnose dar.

Definitiv nachweisen lässt sich NASH nur durch eine Leberpunktion und die anschließende histologische Untersuchung der entnommenen Gewebeprobe. Von ASH abzugrenzen ist die Erkrankung lediglich durch eine genaue Anamnese der üblicherweise konsumierten Alkoholmengen.

Therapie von ASH

Die zentrale Behandlung der alkoholischen Fettleber-Hepatitis besteht in einem strikten Verzicht auf weiteren Alkoholkonsum. Wird tatsächlich eine Alkoholkarenz realisiert, so erholt sich die Leber und in den meisten Fällen werden sich, sofern ein Umbau in eine Leberzirrhose noch nicht stattgefunden hat, relativ rasch die Leberverfettung und anschließend auch die Erhöhung der Leberwerte zurückbilden.

Hat sich bereits eine Leberzirrhose ausgebildet, so kann durch den Alkoholverzicht die Progression der Erkrankung gestoppt oder zumindest verlangsamt werden. Eine definitive Heilung ist in diesem Stadium nicht mehr möglich. Schreiten die Veränderungen fort, so ist eine Lebertransplantation zu erwägen, sofern nicht Kontraindikationen vorliegen. Als eine Kontraindikation wird üblicherweise auch ein fortgesetzter Alkohol-Abusus angesehen und das nicht zuletzt vor dem Hintergrund, dass in einem solchen Falle auch das neue Organ gefährdet wäre, jedoch andererseits ein eklatanter Mangel an Spenderorganen besteht.

Therapie von NASH

Noch unbefriedigend sind bislang die therapeutischen Möglichkeiten bei NASH. Übergewichtigen Personen wird üblicherweise zur Gewichtsreduktion geraten. Diese aber sollte nur langsam erfolgen, da bei rascher Gewichtsreduktion wie oben beschrieben erhebliche Komplikationen mit Verschlechterung der Leberfunktion und möglicherweise sogar Leberversagen drohen. Bei Diabetikern sollte der Blutzucker strikt eingestellt werden. Gelingt die Gewichtsreduktion, so besteht eine gute Chance, dass sich die entzündlichen Veränderungen und auch die Fettakkumulation in den Leberzellen (Hepatozyten) zurückbilden.

Neben solchen allgemeinen Maßnahmen kann auch eine medikamentöse Behandlung versucht werden. So gibt es Hinweise, dass durch die endogene Gallensäure Ursodeoxycholsäure eine Besserung der Steatohepatitis erwirkt werden kann. Nach einjähriger Einnahme der Gallensäure wurde in einer Studie eine Besserung der Leberwerte gesehen wie auch ein Rückgang der Fettleber. Nicht gebessert aber waren die entzündlichen Veränderungen, und auch die bereits ausgebildete Menge des Bindegewebes war unverändert.

Andere Therapieformen, auf die die Mediziner Hoffnungen setzten, wie etwa die Behandlung mit einem Lipidsenker, blieben bislang ohne Erfolg.

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