Zehn Euro Kassengebühr

Chaos qua Gesetz

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Zehn Euro pro Quartal und Nase zwecks Reduzierung der GKV-Kosten und als Hemmschwelle gegen das Doktor-Hopping – fertig, aus. So einfach stellte sich der Gesetzgeber wohl die Formel vor, mit der das GKV-Modernisierungsgesetz sich im Auftakt der skeptischen Öffentlichkeit präsentieren sollte. „Ich habe fertig?“ Bisher nicht. Schon wenige Tage nach In-Kraft-Treten sorgte gerade dieser Teil der jüngsten Gesundheits-„Reform“ – trotz weitestgehend diszipliniertem Verhalten von Patienten und Praxisteams – für Verwirrung und Chaos.

Noch taufrisch war das Gesetz, schon musste Staatssekretär Klaus Theo Schröder zur Kurskorrektur schreiten. Eine seiner ersten Amtshandlungen im neuen Jahr: Die Einladung der Selbstverwaltungsorganisationen zwecks „Erörterung“ der Sachlage im Ministerium. Zwar sei das Gesetz „weitgehend störungsfrei in Kraft getreten“, so das rasante Urteil des BMGS-Mannes laut Einladung. Dann aber direkt die Kehrtwende: „Umsetzungsprobleme .... bei der Neugestaltung von Zuzahlungsregelungen und Befreiungen (insbesondere bei der Praxisgebühr), bei der beitragsrechtlichen Erfassung von Versorgungsbezügen und bei der Gewährleistung der Versorgung von Heimbewohnern, sowie bei der Substitutionsbehandlung“, so die lange Themenliste der BMGS-Einladung, schafften Handlungsbedarf. Alarm im Ministerium!

Fachkundige Insider hatten schon weit im Vorfeld vor diesen Schwierigkeiten gewarnt: Direkt nach In-Kraft-Treten des GKVModernisierungsgesetzes, so die weitgehend einhellige Meinung aller heilberuflichen Leistungsträger des Gesundheitswesens, werde in Deutschlands Praxen und Krankenhäusern das Durcheinander losgehen. Erster Stein des Anstoßes, so prognostizierten die Selbstverwaltungen, sei die für die gesetzlichen Krankenkassen in Krankenhäusern und niedergelassenen Praxen einzuziehende Kassengebühr.

Schon im April vergangenen Jahres hatte beispielsweise Bundesärztekammerpräsident Jörg-Dietrich Hoppe ausdrücklich gewarnt: „Vor allem aber muss klar sein, dass diese Praxisgebühr nicht an einer Registrierkasse in einer Arztpraxis erhoben werden kann, sondern allenfalls über die Krankenversicherung Relevanz erhält. Die Politik muss diese Frage sozialverträglich und in enger Abstimmung mit den Patienten und ihren Selbsthilfegruppen gestalten.“ Der Gesetzgeber sah das anders.

Tatort Praxis

Also kam es wie vorhergesagt: Noch in der Neujahrsnacht 2004, so berichteten die Medien direkt zu Jahresanfang – zu diesem Zeitpunkt noch mit Schuldzuweisung zu Lasten der behandelnden Ärzte – gab es die ersten Probleme: Umsetzungsschwierigkeiten bei Notfallbehandlungen in Sachen Kassengebühr wegen nicht geklärter Bestimmungen. Eine Ausnahme? Schnell zog die Presse mit spektakulär herausgestellten weiteren Zwischenfällen nach: Das Spektrum umfasste Einbrüche, Überfälle, Sachbeschädigung, tätliche Übergriffe bis zur Körperverletzung. Tatorte waren die Praxen von Zahnärzten und Ärzten.

Auslöser dieser Ausfälle einzelner Patienten – wohl die unrühmliche Spitze eines Eisberges erzürnter Kritik – war das Unverständnis der Bundesbürger über ein Gesetz, das Beitragsentlastung versprach, diese aber bisher nicht einhielt, unglücklicherweise gepaart mit vielen offenen Fragen, die sich im Praxisalltag für Patienten und Heilberufler stellten und im Nachhinein der Klärung bedurften. Das Ministerium konstatierte massive öffentliche Entrüstung, konterte aber mit politischer Schuldzuweisung.

Der Gesetzgeber, so die Rückzugsposition der Bundesgesundheitsministerin, habe ja nur den groben Rahmen gesetzt. Ulla Schmidt zog sich aus der politischen Verantwortung und schob den „Schwarzen Peter“ der Selbstverwaltung zu. Noch deutlicher wurde der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion Wilhelm Schmidt: „Das Verhalten mancher Ärzte und Krankenkassen grenzt an Sabotage“. Ein Schritt zuviel, befand BMGS-Sprecher Klaus Vater und musste relativieren: Das Sozialministerium sehe darin keine „systematische Sabotage“, aber „Unwillen und Widerstand“.

Konkret opponierte Vater allerdings gegen Äußerungen von Ärztepräsident Hoppe, der im ARD-Morgenmagazin die Kassengebühr für „ein großes Durcheinander“ in den Praxen und Krankenhäusern verantwortlich machte: „In den Praxen entstehen Warteschlangen wie beim Einchecken für einen Ferienflug.“ Die Gebühr halte die Mitarbeiter in den Praxen davon ab, sich um die Versorgung der Patienten zu kümmern. Eine deutliche Verschlechterung gegenüber früher, die das Vertrauensverhältnis zwischen Ärzten und Patienten sehr gestört habe, so Hoppe weiter. Seine Forderung: Die Gesetzestexte seien unklar formuliert und bedürften der Nachbesserung.

Knappes Zeitraster

Dass die Selbstverwaltungen ihre Hausaufgaben in Sachen GMG nicht gemacht hatten, so der Vorwurf des Sozialministeriums als Reaktion auf das öffentliche Debakel, ist nachweislich nicht haltbar. Auch wenn Gudrun Schaich-Walch, stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion und ehemals Staatssekretärin im Bundesgesundheitsministerium, der Selbstverwaltung vorwarf, „viel Zeit bei der Problemlösung verbummelt zu haben“, sprechen die Fakten dagegen. Ein reines Ablenkungsmanöver, meinte Gert Nachtigal, Verwaltungsratsvorsitzender des AOK-Bundesverbandes: Wir konnten das gar nicht weiter vorarbeiten.“ Tatsächlich wurde das Gesetz zwar Ende September im Bundesrat verabschiedet, stand in letztlich gültiger Form aber erst Ende November im Bundesgesetzblatt. Zögerliche Umsetzung im Ministerium, so unkten Branchenbeobachter, habe zu diesem ungewöhnlich knappen Zeitraster geführt.

Schon am 8. Dezember hatten sich Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und Krankenkassen auf die Handhabung der Praxisgebühr geeinigt, zum Teil im Konsens ohne Bundesschiedsamt. KBV-Vorsitzender Manfred Richter-Reichhelm zeigte sich mit der getroffenen Lösung „teilweise zufrieden“. Die Ärzte, so die im Konsens getroffene Einigung, müssen Mahnschreiben verschicken, falls Patienten auch nach einer bestimmten Frist die „Praxisgebühr“ nicht entrichten. Inkassomaßnahmen obliegen dann der zuständigen KV, bei Erfolglosigkeit tragen dann die Krankenkassen das Restrisiko. Die von den Ärzten geforderte, von den Krankenkassen aber strikt abgelehnte Bearbeitungsgebühr wurde hingegen vom Bundesschiedsamt mangels rechtlicher Grundlage abgelehnt. Hartes, aber jetzt leider zu verdauendes Brot für Deutschlands Praxen: Immerhin, so die Ergebnisse einer von der KBV veröffentlichten Gemeinschaftsstudie, die eine juristische Sozietät zusammen mit Medizin-Ökonomen der Rheinischen Fachhochschule Köln erstellt hat, verursacht der Einzug der Kassengebühr in den Praxen je Fall für den Bearbeitungsaufwand Mehrkosten in Höhe von 3,2 bis 21 Prozent. Insgesamt schätzen die Kassenärzte die zusätzlich entstehenden Bürokratiekosten auf bundesweit rund 20 Millionen Euro pro Quartal. Diesen Zusatzaufwand zahlen die Krankenkassen nicht.

Erfolg für die Zahnärzte

Eindeutig mehr Erfolg in den Verhandlungen um die Praxisgebühr hatte hingegen Deutschlands Zahnärzteschaft. Die KZBV, die ebenfalls im Dezember ihre Verhandlungsgespräche mit den Spitzenverbänden der gesetzlichen Krankenkassen führte, zeigte sich im Vorfeld beharrlich. Nachdem im Dezember in mehreren Gesprächen in den entscheidenden Fragen keine Einigung erzielt werden konnte, zogen auch die Zahnärzte am 8. Januar vor das Bundesschiedsamt. Das Ergebnis kommentierte der amtierende KZBV-Vorsitzende Dr. Jürgen Fedderwitz als „Sieg für eine vorsorgeorientierte Zahnmedizin“. Danach bleiben zwei Kontrolluntersuchungen jährlich zuzahlungsfrei, inklusive diagnostischer und präventiver Leistungen wie der Sensibilitätsprüfung, Röntgenuntersuchung, der Erhebung des PSI-Codes sowie der Zahnsteinentfernung.

Gleichzeitig wurde mit dem Schiedsspruch – anders als bei den Ärzten – auch festgelegt, dass das Inkassorisiko für die Gebühr bei den Krankenkassen und nicht bei den Zahnärzten liegt. Patienten, die nicht zahlen, erhalten vom Zahnarzt eine Zahlungsaufforderung. Wird dann innerhalb von zehn Tagen nicht gezahlt, muss sich die Krankenkasse um das Problem kümmern und das Geld eintreiben. Diese zehn Euro darf die Kasse dem Zahnarzt in der Quartalsabrechnung nicht abziehen. Fedderwitz: „Dass Zahnärzte und Zahnärzteorganisationen mit dem Mahnverfahren nichts zu tun haben und kein Ausfallrisiko tragen, ist nur konsequent. Schließlich ist diese Gebühr ja eine Kassenzuzahlung und kein Honorar.“

Auch wenn die Zahnärzteschaft, so Fedderwitz ausdrücklich, „die Kassengebühr nach wie vor ablehnt, konnte der unnötige Verwaltungsaufwand durch das Urteil des Bundesschiedsamtes reduziert werden“.

Der für Krankenkassen wie Zahnärzteschaft verbindliche Schiedsspruch ist angesichts der prekären öffentlichen Diskussion zum Gesetz der Bundesgesundheitsministerin ein Dorn im Auge. Sie will prüfen lassen (Stand Redaktionsschluss), ob das Ministerium den Beschluss beanstandet. Fedderwitz zum möglichen Streit um das Inkassorisiko: „Die Zahnärzteschaft hat via Bundesschiedsamt eine patientenfreundliche und unbürokratische Regelung gefunden und in den Praxen sauber umgesetzt. Das kann nach dem immer wieder betonten Verständnis des Gesetzgebers, die Selbstverwaltung sei für die Umsetzung des Gesetzes verantwortlich, kein Grund für eine rechtsaufsichtliche Beanstandung sein.“ Sinnvoller wäre es, so der KZBV-Chef, „wegen der Praktikabilität des von uns erzielten Beschlusses das Ergebnis der Ärzte zu hinterfragen.“

Im Bundesministerium ist der Unmut über den von den Zahnärzten erzielten Schiedsspruch aber nur einer von Vielen. Das hektische Reagieren auf die vielen Probleme treibt zum Teil erstaunliche Stilblüten. Für Aufsehen sorgte beispielsweise Ulla Schmidts vehementes Auftreten für die nur einmalige Zahlung der Kassengebühr im Jahr bei Folgerezepten für Anti-Baby-Pillen. Ein Einsatz, der der Ministerin auch in politischen Kreisen deutliche Kritik verschaffte. Schmidts Parteigenossin Schaich-Walch gab dem Vorstoß der Ministerin wenig Chancen auf Erfolg: „Ich glaube nicht, dass man eine Sonderregelung nur für die (Anti-Baby)-Pille machen kann“, sagte sie gegenüber der Frankfurter Rundschau – und gab direkt Vorschub für weitere Verwirrung: Rheumaoder Diabeteskranke, die stets dasselbe Präparat benötigen, sollten vom Arzt ein Sechsmonats- oder Jahresrezept erhalten. Ablehnend auf den „Anti-Baby-Pillen-Vorschlag reagierte auch der zurzeit erstaunlich zurückhaltende Mitinitiator des GMG, CSUGesundheitsexperte Horst Seehofer.

Beamten-Schmu

Eher schon öffentliche Wut erzeugte die im Rahmen der Gesetzgebung erfolgte Umsetzung der Kassengebühr für Staatsdiener und Parlamentarier. Die vom Bund propagierte Lösung, dass diese Gruppe wegen der Beihilfevorschriften pro Jahr maximal 20 statt der für die Bevölkerung festgelegten 40 Euro pro Jahr zu zahlen habe, ging, nachdem sie in der Öffentlichkeit bekannt wurde, nicht einmal in SPD-Kreisen durch. Harscher Protest aus allen Reihen wird angesichts des öffentlichen Drucks wohl dazu führen, dass dieser Schmu nicht durchgeht und auch Staatsdiener und Abgeordnete sich in dieser Angelegenheit einreihen müssen.

Gerade solche Eskapaden trugen dazu bei, dass das öffentliche Stimmungsbarometer weiter ins Bodenlose sank. Obwohl die Bundesregierung keinen Tag ins Land ließ, ohne den eigenen Erfolg hervorzuheben und für die offensichtlich vorhandenen Schwierigkeiten die Blockade und Verweigerungshaltung der Ärzte- und Zahnärzteschaft verantwortlich zu machen, fand in den öffentlichen Medien merklich ein Stimmungsumschwung statt. Negativ-Kommentierung beherrschte den deutschen Blätterwald.

So erklärte die Bild-Zeitung die Folgen des GKV-Modernisierungsgesetzes zum Top-Thema und führte Telefon-Aktionen durch, in denen Experten – unter ihnen auch der amtierende KZBV-Vorsitzende Dr. Jürgen Fedderwitz – Rede und Antwort zu Detailfragen ihrer Leser standen. Das Ergebnis der zweitägigen Aktion sprach für sich, die Telefone standen nicht eine Sekunde still: Über 100 000 Leser versuchten, auf ihre persönlichen Fragen zur Gesetzgebung eine Antwort zu erhalten. Wer durchkam, fand Hilfe. Die Erfahrung massiver Verwirrung über die Folgen des Gesetzes machte auch die frisch zum Jahreswechsel eingesetzte Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Helga Kühn-Mengel. Auch in ihrem Ressort gingen tausende von Anfragen ein, die vom Mitarbeiterstab des Ministeriums bearbeitet werden. Die Themen: Praxisgebühr, Fahrtkosten und chronische Erkrankungen. Eine indirekte Bestätigung für den Kurs der Bild-Zeitung? Schon vor deren telefonischer Aufklärungsaktion wartete Bild am 3. Januar mit der pro vokanten Titelschlagzeile auf: „Frau Ministerin, Sie machen uns krank!“. Drohbriefe aus der Bevölkerung an Ulla Schmidt, laut Ministerium von der Boulevard-Zeitung mit verschuldet, führten dann zum Kampf mit harten Bandagen. Das Bundeskriminalamt wurde eingeschaltet, Gefährdungsaspekte und eventuelle Ermittlungsverfahren geprüft. Auch rechtliche Schritte gegen „Bild“ wurden öffentlich erörtert. Bisher ohne Folgen.

Ulla Schmidt, die nach den ersten Tagen des Desasters die Flucht nach Vorn antrat und in Talkshows, Podiumsdiskussionen und anderen publikumsträchtigen Veranstaltungen wieder zu reüssieren versuchte, ist, darin folgten viele Medien der Bild-Zeitung, unweigerlich als Ministerin Hauptverantwortliche für das Gesetz und damit vorrangig die Adressatin der Kritik.

Rücktritt gefordert

Folglich forderten nicht nur oppositionelle Politiker Ulla Schmidt auf, die Konsequenzen aus dem Debakel zu ziehen. Laut Emnid-Institut, das im Auftrag der Tageszeitung Welt eine Repräsentativ-Umfrage durchführte, wollen 60 Prozent der Deutschen – in den neuen Bundesländern sogar 78 Prozent –, dass sie als Ministerin zurücktritt. Sogar 39 Prozent der SPD- und 41 Prozent der Grünen-Wähler plädieren für den Wechsel an der Ministerienspitze.

78 Prozent der deutschen Bevölkerung – ähnlich sehen die Zahlen bei SPD-, Grünenund PDS-Wählern aus – sehen in der Kassengebühr, so die Ergebnisse von Emnid, „keine sinnvolle Maßnahme“.

Die Forschungsgruppe Wahlen stellt der ehemaligen Vorzeige-Ministerin des Bundeskanzlers im monatlich veröffentlichten Politbarometer ein ähnlich schlechtes Zeugnis aus: Ulla Schmidt habe, so urteilte die Süddeutsche Zeitung, so stark an Ansehen verloren wie Helmut Kohl durch die CDUSpendenaffäre. Mit einem Minus von 1,7 rutschte die Chefin des BMGS auf den letzten und Rang der zehn wichtigsten deutschen Spitzenpolitiker. Und ebenso bemerkenswert: Die Relevanz der Themen „Gesundheit und Gesundheitsreform“ hat sich im Vergleich zum Dezember mit 31 Prozent mehr als verdoppelt. Alles Indizien, die kaum für einen Erfolg des neuen Gesetzes sprechen.

Horst Seehofer – angesichts des von allen Volksparteien getragenen Gesetzeswerkes eigentlich mit im Boot – übt sich derweil in vorsichtiger Diplomatie. Eine seriöse Beurteilung der Gesundheitsreform sei frühestens nach einem halben Jahr möglich. Bis dahin lehnt Edmund Stoibers Vize Nachbesserungen des Gesetzes ab. Und stellt mit Nachdruck fest: Die Union stehe zur Gesundheitsreform, übernehme aber für die fehlenden Regelungen keine Mithaftung.

Lückenbüßer

Diese Lücken soll, so forderte das BMGS, der gemeinsame Bundesausschuss der Krankenkassen, Ärzte, Zahnärzte und Patientenvertreter unter dem neu gewählten Vorsitzenden und ehemaligen KBV-Hauptgeschäftsführer Rainer Hess schnellstens schließen. Wenn nicht, warnte die Ministerin in einem Spiegel-Interview, „verliert die Selbstverwaltung ihre Existenzberechtigung“. Die KVen und KZVen „wären dann überflüssig“. Dass das nicht der Fall ist, haben die Beschlüsse zur Praxisgebühr bereits gezeigt.

Bleibt die Frage nach dem ursprünglichen Plan des GKV-Modernisierungsgesetzes. Ursprünglich sollte das Kostendämpfungs-Vehikel die Beitragssätze der angeschlagenen Krankenkassen senken. 13,6 Prozent waren das vollmundig erklärte Ziel des Gesetzgebers für das noch im Vorjahr hochgejubelte Gesetzespaket. 3,2 Milliarden Euro, so die Berechnungen des Ministeriums, sollten die Zuzahlungen der Patienten im Laufe des Jahres einbringen. Hier wird das BMGS zunehmend kleinlauter: „Ich rechne nicht mehr mit der angestrebten Beitragssenkung auf durchschnittlich 13,6 Prozent in diesem Jahr, so die Patientenbeauftragte Helga Kühn-Mengel. Trotz Praxisgebühr verläuft die Entwicklung wohl anders. Noch im September hatte Ulla Schmidt sogar einen durchschnittlichen Beitragssatz unterhalb der 13-Prozent-Grenze in Aussicht gestellt. Die Realität: Zum Jahresanfang haben zwölf BKKen ihre Beiträge erhöht, nur 15 Krankenkassen haben von hohem Niveau reduziert, weitere vier kündigten zum 1. April eine Ermäßigung an. Bis Jahresende, so meinen einige Branchenkundige, werde allerdings eher eine Erhöhung nötig sein.

Kurzum: Deutschlands Patienten sind gebeutelt, Deutschlands Ärzte und Zahnärzte die Prügelknaben. 

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