Einspruch, Euer Gläubiger!
Ein Schreiben von der Hausbank liegt in der Tagespost eines Zahnarztes aus Nürnberg: Seine Bank fordert in auf, neben den bisher zur Verfügung gestellten Kreditsicherheiten eine zusätzliche Bürgschaft seiner Ehefrau beizubringen. Auf Grund einer „internen Neubewertung“ bestehe nun eine Unterdeckung im Verhältnis von Krediten und Sicherheiten, die durch diese Bürgschaft ausgeglichen werden solle, behauptet die Bank. Nach Prüfung seiner Kreditverträge kann der Zahnarzt dieser Aufforderung gelassen entgegensehen. Auf Grund seiner Zuverlässigkeit als Kreditnehmer und der bereits bestehenden Kreditsicherheiten kann eine Aufstockung der Sicherheiten nicht in Frage kommen.
Alles im Lot
So sieht die Saldierung dieses Zahnarztes aus: Bei einem Gesamtkreditvolumen von rund 200 000 Euro steht der Bank als Sicherheit eine Grundschuld auf der Praxisimmobilie mit einem Wert von 260 000 Euro gegenüber. Bei einem normalen Kredit-/Sicherheitenverhältnis von etwa eins zu eins bleiben der Bank also 60 000 Euro als zusätzliche Sicherheit. Und darauf weist er die Bank hin. Mit Erfolg. Sie begnügt sich mit der bisherigen Kreditabsicherung!
Dieser im Ergebnis positive Fall ist kein Einzelfall. Doch immer wieder gelingt es Banken, Zahnärzten unberechtigt die Daumenschrauben nicht bloß anzudrohen, sondern auch tatsächlich anzusetzen: Häufig akzeptieren Zahnärzte nämlich Nachforderungen Ihrer Bank oder Sparkasse, ohne sich mit den Ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln zu wehren. Zur Unterstützung und Argumentationshilfe gegenüber der Bank oder Sparkasse sollen die folgenden Urteile dienen, die allerdings auch zur Sorgfalt im Umgang mit Formulierungen in Kreditverträgen mahnen:
Verwerfliche Gesinnung
Zum Umfang von Kreditsicherheiten hat der Bundesgerichtshof (BGH) in einem Urteil (AZ: IX ZR 74/ 95) entschieden, dass Banken die Absicherung nicht übertreiben sollten: Ein Kreditinstitut hat sich von einem Unternehmer weitaus mehr Sicherheiten zur Verfügung stellen lassen, als es das Darlehn eigentlich erforderte. Das Urteil des BGH war deutlich: Die Bank musste sämtliche Sicherheiten wieder herausgeben. Die Richter sprachen hier von einer „verwerflichen Gesinnung des Sicherungsnehmers“. Wer zu viele Sicherheiten verlange, rechne offenbar mit der Pleite des Kreditnehmers und könne damit für dessen Zahlungsunfähigkeit mitverantwortlich gemacht werden.
Eine Übersicherung beschäftigte auch den Großen Senat des BGH: Die Richter hielten Sicherheiten in Höhe von 110 Prozent der Forderung grundsätzlich für gerechtfertigt. Maßstab ist dazu der realisierbare Wert, dessen Bemessung wiederum vom Einzelfall abhängt. Darüber hinaus erklärten die Richter, dass von einer Übersicherung auszugehen ist, wenn der Nennwert der Kreditsicherheiten die Bankforderungen um 50 Prozent übersteigt. Auf Verlangen des Kunden muss die Bank dann einer Sicherheitenfreigabe zustimmen (AZ: GZS 1/ 97 und 2/ 97).
Um Kreditsicherheiten ging es auch bei einem weiteren Fall, den ebenfalls der BGH entscheiden musste: Eine Bank weigerte sich, die zu ihren Gunsten eingetragene Grundschuld zu löschen, obwohl der Kreditnehmer das entsprechende Darlehen vollständig zurückgezahlt hatte. Sie begründete ihre Verweigerung damit, dass sie dem Kunden noch andere Kredite zur Verfügung gestellt habe und die Grundschuld zur Absicherung dieser Kredite benötige. Mit dem Aktenzeichen XI ZR 299/ 99 entschied der BGH, dass Sicherheiten für einen bestimmten Kredit, zum Beispiel einen Immobilienkredit, ohne die Zustimmung des Schuldners nicht auf andere Verbindlichkeiten bei der Bank übertragen werden dürfen. Dem Kreditnehmer steht die Löschungsbewilligung der Bank für die eingetragene Grundschuld, so der BGH, aber zu.
Bürgschaften begrenzt
Als Kreditsicherheiten sind bei Banken die – mit entsprechendem Vermögen des Bürgen abgesicherten – Bürgschaften sehr beliebt. Dabei wurden die Bürgschaftsverpflichtungen von den Kreditinstituten bis vor einigen Jahren auf mehrere Kreditverpflichtungen ausgedehnt.
Diese Praxis hat der BGH für unwirksam erklärt (AZ: IX ZR 69/ 95). Die formularmäßige Ausdehnung einer Bürgschaft auf alle bestehenden und künftigen Verbindlichkeiten ist also grundsätzlich nicht mehr möglich.
Michael VetterVetter-Finanz@t-online.de