Pädiatrie

Bei mäßig schweren Mandelentzündungen genügt Zuwarten

Kinder mit nicht mehr als drei fiebrigen Entzündungen der Gaumenmandeln im Jahr benötigen akut keine Tonsillektomie. Auch das beobachtende Zuwarten erfüllt alle nötigen Kriterien für eine gute Versorgung.

Die Frage: „Braucht mein Kind eine Mandeloperation?“ plagt Jahr für Jahr immer erneut die Generation von Eltern mit kleinen Kindern. Eine Studie an der Universität Utrecht in Holland gibt nun einen weiteren Hinweis, wie in solchen Entscheidungssituationen vorgegangen werden sollte (BMJ 2004, 651-4).

Ein Jahr Beobachtungsdauer

Birgit K. van Staaij und Mitarbeiter aus den Universitätskliniken in Utrecht gingen von einer Patientengruppe aus, die jede Hausarzt- und HNO-Praxis bevölkert: Kinder im Alter zwischen zwei und acht Jahren, die in den letzten Jahren nicht mehr als drei Mandelentzündungen (Abbildung 3) pro Jahr hatten und keine Hinweise auf Schlaf-Apnoe zeigten.

Randomisiert wurden in ihre Studie 300 Kinder eingeschlossen, die sich in zwei Gruppen einteilen ließen: 151 Kinder wurden einer Tonsillektomie unterzogen, die übrigen 149 Kinder sorgfältig beobachtet.

Die den Eltern mitgegebenen Fragebögen wurden bei den Visiten nach drei, sechs, zwölf, 18 und 24 Monaten kontrolliert und der klinische Befund im oberen Rachenraum dokumentiert.

Im Mittel wurden die Kinder 22 Monate lang in der Studie beobachtet. Während der Studie schieden 43 Kinder durch Ortswechsel und anderes aus, 50 Kinder aus der Gruppe mit einem konservativen Design wurden schließlich doch einer Mandeloperation unterzogen – sicherlich ein gewisser Schwachpunkt der Studie, der aber aus ethischen Gründen nicht vermeidbar schien.

Der härteste Prüfparameter war „Fieber von mindestens 38ºC während mindestens einem Tag“. In diesem Punkt lagen die operierten Kinder zwar geringfügig unter den konservativ versorgten Kindern mit 2,97 Episoden pro Jahr gegenüber 3,18 Episoden pro Jahr – der Unterschied war jedoch statistisch nicht signifikant.

Ähnliches galt für Racheninfektionen (0,56 gegenüber 0,77 Episoden pro Jahr) und Infektionen der oberen Atemwege (5,47 Infekte im Vergleich zu 6,00 pro Jahr).

Ebenfalls statistisch nicht unterscheidbar waren die sorgfältig erhobenen Parameter für die Lebensqualität der kleinen Patienten, die auch Hinweise auf das normale Gedeihen mit erfassten.

Lediglich für Kinder mit mehr als drei fieberhaften Mandelentzündungen im Jahr (zwischen vier und sechs pro Jahr) im Unterschied zu Kindern mit null bis zwei fiebrigen Mandelentzündungen im Jahr ergab sich ein statistisch gesicherter Vorteil für die sofortige Tonsillektomie.

Beruhigendes Fazit

Die Autoren der Studie und auch der Kommentator Paul Little von der Universität Southampton kommen zum Schluss, dass bei mäßig vielen und mäßig starken Entzündungen der Gaumenmandeln kein direkter Handlungsbedarf zu sehen ist. Erst, wenn die Kinder tatsächlich mehr als vier fiebrige Episoden pro Jahr erleiden, gilt es, an einen operativen Eingriff zu denken.

Nicht zu vergessen sei ja auch die übliche Rate an Komplikationen, die selbst bei simplen invasiven Eingriffen aufzutreten pflegen, schreibt Prof. Little. Aus der Literatur ist bei der Tonsillektomie eine Komplikationsrate je nach Erhebung zwischen vier und sieben Prozent bekannt. Die vorliegende Studie lag mit sechs Prozent im Mittel der Studien, aber es wurde immerhin bei sieben Kindern (vier Prozent) eine primäre postoperative Blutung festgestellt, die durch einen weiteren Eingriff behoben werden musste. Fünf Kinder (drei Prozent) litten unter postoperativem Erbrechen.

Insofern steht hier der mäßig bessere klinische Erfolg gegen die Komplikationen durch den Eingriff.

Nicht zu vergessen ist auch, so fügt der Referent hinzu, dass die Auswirkungen einer Tonsillektomie im folgenden Erwachsenenalter noch nicht endgültig geklärt sind. Es wird vermutet, dass insbesondere bei körperlichen (zum Beispiel sportlichen) Anstrengungen während einer auch nur milden Infektion tonsillektomierte Patienten leichter Komplikationen, wie eine Perikarditis, einfangen.

T. U. Keil

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