Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
Julia Roberts hat sie, Jonny Depp auch. Lebten Marlene Dietrich und Heinz Rühmann in heutigen Zeiten, wären auch sie sichere Kandidaten: Gebleichte Zähne – was Idole vormachen, wird schnell allgemeine Schönheitsmaxime.
Weiße Zähne, inzwischen fast ausnahmslos Teil eines jeden Schauspielergesichts, sind „voll“ angesagt. Was in den USA vor einigen Jahren noch als Luxus der Schönen und Reichen galt, schwappt inzwischen als Modetrend in großen Wellen über Deutschland.
Mode drängt zu Extremen. Stellte sich vor wenigen Jahren die Frage nach besonders heller Zahnfarbe eher typbezogen, galt sie – vorrangig bei Älteren – oft als Fehleinschätzung aufgrund nachlassender Farbwahrnehmung, so hat sich heute der Geschmack der Menschen geändert. Mutter Natur musste zurücktreten, es wird kräftigst nachgeholfen. Leuchtend helles Weiß ist in. Bei jungen Leuten sowieso, zunehmend aber auch in älteren Etagen. Künstliches Weiß ist ein wichtiger Maßstab für sympathisches Äußeres, nolens volens verpflichtendes Adjuvanz für Anerkennung und Erfolg. Wer will, wer kann, wer darf da noch hinten anstehen.
Für Zahnärzte sind die Verfahren nichts Außergewöhnliches. Sicher, die Methoden wurden im Laufe der Jahrzehnte verfeinert, aber wirklich neu sind sie nicht. Neu ist wohl eher, dass sich findige Unternehmer dieses Trends annehmen und in eigens geschaffenen Studios – meist für finanziell potente, ausgesuchte Klientel – in netter Atmosphäre bei Sekt (oder Selters) der Natur nachhelfen.
Neu ist, dass inzwischen Versanddienste, Drogerien, Apotheken und Co. die mehr oder minder wirksamen Mittelchen augenfällig in ihren Verkaufsräumen anbieten wie Kosmetik. Neu ist auch, dass sich mancher Otto Normalverbraucher inzwischen selbst zumutet, die Auswahl aus dem Regal der viel versprechenden Weißmacher zu treffen.
Unabhängig von etwaigen Risiken und Nebenwirkungen – diese sollte wohl jeder mit dem Zahnarzt, weniger mit dem Apotheker, lieber nicht mit dem Kosmetik-Verkäufer absprechen – ist selbst das Ergebnis längst nicht immer wie erwartet. Wirkungslosigkeit ist da meist noch das geringere Übel. Böser ist da schon die Überraschung, dass Zahnersatz sich beim Bleichen anders verhält als lebende Zähne.
Ergo: Fachgerechtes Bleaching ist keine Alltags- Kosmetik, sondern gehört – mindestens als professionelle Beratung – wohl eher in den Bereich der ästhetischen Zahnheilkunde. Aufklärung kann hier vor Schaden – nicht nur ästhetischem, auch gesundheitlichem – bewahren. Das ist Teil vertrauensvollen Zusammenwirkens von Zahnarzt und Patienten und gehört in die Praxis. Was zu beweisen wäre.
Mit freundlichem Gruß
Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur