Prothese verschluckt\r
Der 70-jährige Patient D. E. ist infolge eines Apoplexes seit mehr als zehn Jahren geistig leicht retardiert und weist eine Hemiplegie rechts auf.
Am 13. April 2005 erschien die ihn pflegende Tochter in der Praxis und berichtete über die seit dem 10. April diesen Jahres „fehlenden unteren Zähne des Vaters“. Die intensive Suche zu Hause brachte keinen Erfolg, ein mögliches Verschlucken wurde weitestgehend ausgeschlossen.
Es erfolgte die Vorstellung des Patienten in meiner Praxis noch am selben Tag. Im Gespräch äußerte der Patient mir gegenüber, dass ihn beim Schluckvorgang doch „etwas Hartes“ leicht behindert hätte.
Daraufhin nahm ich telefonisch Rücksprache mit der behandelnden Internistin, die eine Abdomen- und Thorax-Übersichtsaufnahme anordnete. Mit dem Ergebnis, dass die Prothese am 15. April (nach dem fünften Tag!) im Übergang vom Colon transversum ins Colon descendens zu orten war. Eine weitere Abdomenübersichtsaufnahme am 18. April zeigte die Prothese bereits im Sigmoideum.
Am 20. April gelangte das Objekt via naturalis wieder ans Licht.
Es erfolgten Desinfektion, Sterilisation und Reinigung im Labor; nach entsprechenden Korrekturen kann der Patient jetzt seinen gewohnten Zahnersatz wieder tragen.
Verwunderlich bleibt die komplikationslose Passage der anatomischen Engen des Kehlkopfes, der ösophagealen Herzenge, des Magenein- und -ausganges und der Bauhinschen Klappe. (Also auch eine intestinalanatomisch perfekte Arbeit des Zahntechnikers – Anm. der Red.)
Fazit
Der plötzliche, „unerklärbare“ Verlust von Zahnersatz sollte besonders bei behinderten Patienten röntgenologisch abgeklärt werden.
Die Passage des Verdauungstraktes auch durch große „Fremdkörper“ muss nicht zwangsläufig mit subjektiven Beschwerden einhergehen.
Dipl.- Stom. Jörg DietrichHauptstraße 5701609 Gröditz