Ein gemeinsamer Nenner
Gar nicht so einfach, die unterschiedlichen Meinungen von 28 europäischen zahnärztlichen Organisationen aus 26 Ländern unter einen Hut zu bekommen. Vor allem dann, wenn es auf EU-Ebene in Brüssel politisch „brennt“ und es darum geht, schnelle Entscheidungsprozesse zu wichtigen Fragen herbeizuführen und auf einem gemeinsamen Nenner zu bringen (siehe dazu die Titelgeschichte in zm 10/2005). Dass dies dem zahnärztlichen internationalen Gremium DLC gelungen ist, zeigte die letzte Plenarsitzung in Amsterdam ganz deutlich. Die Einführung einer straffen Organisationsstruktur mit Vorstand und Task Force (bestehend aus Zahnärzten und Juristen aus fünf Mitgliedstaaten) vor rund zwei Jahren hat sich bewährt.
„Es geht um Effizienz, rasches und intelligentes Handeln“, sagte DLC-Präsident Dr. Wolfgang Doneus (Österreich) zu Beginn der Sitzung und zog eine positive Bilanz der vergangen Arbeit. Der DLC habe sich von einem reinen Interessensverband zu einem politisch gestaltenden Gremium entwickelt. Sein deutscher Vize, Prof. Dr. Wolfgang Sprekels, gleichzeitig BZÄK-Vizepräsident, beglückwünschte die Teilnehmer: „Durch die Intervention der Heilberufler ist es gelungen, in die Berufsqualifikationsrichtlinie für die Heilberufler positive Regelungen hineinzubekommen, die von der Kommission so ursprünglich nicht geplant waren.“
Resolution verabschiedet
Was in der EU-Politik zurzeit „brennt“, sind die Berufsqualifikationsrichtlinie und die Dienstleistungsrichtlinie. In einer Resolution brachten die DLC-Delegierten ihre Beratungsergebnisse auf den Punkt. Das Papier dient der einheitlichen Meinungsbestimmung nach außen. Es soll vor allem in den Mitgliedsländern für eine einheitliche Sprachregelung sorgen, was im Hinblick auf politische Gespräche mit EU-Vertretern aus den unterschiedlichen Nationen von Vorteil ist.
Die Berufsqualifikationsrichtlinie, die am 11. Mai in ihrer zweiten Lesung vom Europäischen Parlament verabschiedet wurde, wird vom DLC begrüßt. Der jetzt gefundene Kompromiss bietet nach Meinung der europäischen Zahnärzte eine Balance zwischen freier Berufsausübung und Verbraucherbeziehungsweise Patientenschutz. Hier die wichtigsten Aussagen:
• Nicht das Herkunftslandprinzip, sondern das Gastlandprinzip findet Geltung. Das bedeutet: Wer zeitweise seine Dienste in einem anderen Land anbietet, fällt unter die Bestimmungen des Gastlandes, nicht des Landes, aus dem er kommt.
• Erstmals ist eine Definition der Freien Berufe in der Richtlinie festgeschrieben, deren Besonderheiten sind damit gemäß den 2001 vom Europäischen Gerichtshof erlassenen Kriterien anerkannt.
• Die automatische Anerkennung der 52 medizinischen und zahnmedizinischen Spezialisierungen ist gewährleistet.
• Patienten und Verbraucher erhalten mehr Wahlfreiheit, profitieren aber auch von nationalen Kontrollmechanismen wie der Prüfung der Einstufung von Berufsqualifikation.
• Berufsorganisationen sind involviert, wenn es um die Festlegung von Mindeststandards in der Fortbildung geht. Jedoch bleibt es bei der Einrichtung eines (statt zweier, wie zunächst vom DLC und anderen Heilberuflern gefordert) Regulierungsausschusses.
• Migranten müssen die für ihr Gastland erforderlichen Sprachkenntnisse nachweisen.
Bezüglich des Entwurfs zur Dienstleistungsrichtlinie, der derzeit im Vorfeld der ersten Lesung im Parlament steht, arbeitet der DLC darauf hin, dass die Regelungen zur Berufsqualifikationsrichtlinie entsprechend adaptiert werden. Das gilt vor allem für den Wegfall des Herkunftslandprinzips und die Balance zwischen freier Berufsausübung und Patientenschutz. Die spezifischen Belange der Gesundheitsberufe müssten berücksichtigt werden.
Diskussion mit EP-Vertreter
Interessant in diesem Zusmmanhang gestaltete sich eine Diskussion mit dem niederländischen Europaabgeordneten Jules Maaten (Liberaler), der auf Einladung des niederländischen Zahnärztepräsidenten Dr. Heert Zijlstra zu den Beratungen des DLC hinzustieß. Er erläuterte aus seiner Sicht die Haltung des Europäischen Parlaments: „Das Gesundheitswesen ist weniger speziell als viele behaupten“, erklärte er. „Es soll gewissen Formen des Wettbewerbs geöffnet werden.“ Demgegenüber konnten die DLC-Mitglieder klar machen, dass im Gesundheitssektor spezifische Belange zu berücksichtigen seien, um Rechtsunsicherheiten zu verhindern. „Wir respektieren den gewünschten Abbau von Hindernissen, sehen aber eine große Komplikationsdichte“, betonte Sprekels. „Bitte beziehen Sie bei Ihren Beratungen den Sachverstand der Heilberufe mit ein.“
Weitere Themen standen auf der Tagesordnung des DLC. Dazu gehörten aktuelle Diskussionen rund um den Wettbewerb oder Patientenmobilität. Ganz neu wurde jetzt Zypern in den Kreis der DLC-Mitglieder aufgenommen. Diverse Arbeitsgruppen (EU-Beitritt, Ausbildung, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, medizinische Geräte, Infektionskontrolle, berufliche und akademische Titel) stellten ihre Ergebnisse vor. Auch das Thema Öffentlichkeitsarbeit spielt im DLC eine Rolle und eine umfassende Kommunikationsstrategie ist derzeit in Planung. Als erstes Ergebnis gibt es seit kurzem den DLC-Newsletter, die Vorarbeiten zu einem DLC-Internetauftritt sind angelaufen.