Festzuschüsse

Unberechtigte Kritik

Keine Ruhe für die Festzuschüsse: Versicherte greifen seit 2005 für Zahnersatz deutlich tiefer in die Tasche, lassen die gesetzlichen Kassen jetzt verlautbaren. Absolut falsch, entgegnet KZBV-Chef Dr. Jürgen Fedderwitz: Die Patienten stehen zumeist nicht schlechter da, auch die Zahl der Behandlungen hat sich normalisiert. Die Kritik ist schlichtweg nicht haltbar – kein Vorwurf hält der Prüfung stand. Unterstützung kam sogar von Ulla Schmidt: Die Kassen müssten sich der Gesundheitsreform stellen – ansonsten seien sie fehl am Platze.

Gesetzliche Kassen, Zahntechniker und Teile der Presse machten in den letzten Monaten massiv Stimmung gegen die Festzuschüsse. Haben die Angriffe abseits der Polemik auch Substanz? Hier eine Bestandsaufnahme.

Fallzahlen: wieder auf Normalhöhe

■ Wegen der Festzuschüsse gingen weniger Patienten zum Zahnarzt – das führte zu starken Einbrüchen in den Praxen, schreibt die Presse. Der VDZI behauptet, die Fallzahlen im Zahnersatz seien Anfang 2005 erheblich eingebrochen.

Eins ist eindeutig: Die Daten zeigen, dass sich die Fallzahlen bis Ende Juni stetig normalisiert haben. Ein Grund für den Rückgang in den ersten Wochen des Jahres: Umfangreiche Neuversorgungsfälle wurden nur begrenzt gestartet, weil die nötigen Vorbehandlungen noch nicht in Angriff genommen werden konnten. Im Kern der Behandlungen standen also Reparaturen und Wiederherstellungsmaßnahmen. Zudem verzögerten die Kassen Planung, Beantragung und Genehmigung der ZE-Versorgung ganz dramatisch. Das hat sich inzwischen relativiert: „Die Zahl der Zahnersatz-Behandlungsfälle lag im Februar 35,8 Prozent unter dem Vorjahresniveau. Ende Juni waren es nur noch 7,2 Prozent“, bestätigt Fedderwitz. „Die Ausgaben sind im Juni wieder auf etwa drei Viertel des Vorjahresniveaus gestiegen, während sie im Februar nur ungefähr bei einem Drittel lagen.“ Alles in allem kam es im ersten Halbjahr 2005 zu starken Verzerrungen bei den Behandlungsfällen.

Hauptursache für die Schieflage ist die fehlende Übergangsregelung. Sie hätte es allen Beteiligten erleichtert, sich auf das neue System umzustellen. Dennoch verhinderten die Kassen diese Maßnahmen – und damit auch eine vernünftige Frist, um die Neuerungen abzufedern und aufzufangen. Und genau deshalb traten Anfang 2005 Einbrüche bei den Behandlungszahlen und auch bei den Kassenausgaben auf.

Erschwerend hinzu kommt, dass etliche Kassen auf Landesebene die Heil- und Kostenpläne nur unter dem Vorbehalt genehmigten, dass der Zahnersatz noch im Jahr 2004 eingegliedert und abgerechnet würde. Verunsicherte Patienten schoben ihre ZE-Behandlungen auf die lange Bank. Der normale Zeitrahmen zwischen Planung und Eingliederung verkürzte sich deutlich: Viele ZE-Fälle – im Normalfall erst 2005 eingegliedert und abgerechnet – mussten in das Jahr 2004 vorverlagert werden. Als Folge entstand ein krasser Vorzieheffekt – von dem besonders die Zahntechniker profitierten.

„Bislang waren die Techniker gewöhnt, alles mit der GKV abzurechnen, was abzurechnen war“, stellt Fedderwitz fest. „Mit den Festzuschüssen hat das Melken ein Ende – und genau deswegen schlug der Expräsident vom VDZI, Herr Wolf, damals die Welle. Das ist ja eine verkehrte Welt: In Deutschland arbeiten mehr Zahntechniker als Zahnärzte!“

Patienten stellen sich nicht schlechter

• Die prothetischen Standardversorgungen hätten sich verteuert, insgesamt habe sich das Versorgungsniveau verschlechtert. Erste Erkenntnisse deuteten darauf hin, dass die Festzuschüsse die Patienten mehr belasteten als vorher, halten Kassen und Presse der Zahnärzteschaft vor.

Ein Blick über den berühmten Tellerrand relativiert freilich die Kritik: Die Luxussanierung per GKV gab es in anderen europäischen Ländern nie – dafür fehlt einfach das Geld. Hat die GKV den Patienten bei uns bisher selbst aufwändige Konstruktionen bezahlt, müssen sie sich beispielsweise in Dänemark oder in der Schweiz längst mit Einstückgussprothesen zufrieden geben. Oder aufwändigere Versorgungen selbst bezahlen. Vergleicht man den Einsatz verschiedener Verbindungsformen in Europa, stellt man fest, dass in Deutschland zu 25 Prozent Teleskopkronen eingesetzt wurden. In Schottland erhielten 34 Prozent der Versicherten dagegen einfache Kunststoffprothesen und 65 Prozent Einstückprothesen. Auch in Dänemark und in der Schweiz zahlt die gesetzliche Kasse den Patienten in erster Linie Einstückgussprothesen – Kombinationsprothesen werden im Gegensatz dazu nur sehr selten genehmigt.

Zahnärzte rechnen weiterhin maßvoll ab

• Die Kassen behaupten, durch die neue Regelung hätten sich die Möglichkeiten für die Zahnärzte erweitert, Leistungen privat abzurechnen.

„Das Gegenteil ist der Fall“, so KZBV-Vorstandsmitglied Dr. Wolfgang Eßer. „Überwiegend berechnen unsere Zahnärzte Steigerungssätze unter und bis zum 2,3fachen GOZ-Satz. Das ist maßvoll und unverändert, verglichen mit der Mehrkostenabrechnung 2004.“ Der überwiegende Teil der Leistungen, der über den Rahmen der Regelversorgung hinausgeht und die Wünsche der Patienten berücksichtigt, wurde als gleichartige Leistung erbracht.

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