Qualitätssicherung im Bereich Hygiene
Die Zahnärztekammer Westfalen-Lippe hatte vor kurzem ihren Modellversuch zur Umsetzung des Medizinproduktegesetzes (MPG) in Zahnarztpraxen der Öffentlichkeit vorgestellt (siehe zm 10/2006, Seite 28). Die Landeszahnärztekammer Hessen (LZKH) bietet ihren Mitgliedern ebenfalls ein kammereigenes Hygieneprojekt an. Zum Hintergrund: In Hessen haben Ende 2004 Gesundheitsämter damit begonnen, Praxisbegehungen durchzuführen, und zwar auf Basis von Bestimmungen aus dem Krankenhausbereich, die für die Zahnarztpraxis nicht ohne weiteres anwendbar sind. Die Kammer war gefordert, hier für die Kollegenschaft aktiv zu werden, und entwickelte ein entsprechendes Modell.
Zunächst erfolgte eine mehrmonatige Pilotphase im Stadtbereich Frankfurt, die im vergangenen Jahr erfolgreich abgeschlossen wurde. Die Landeszahnärztekammer hat – mit wissenschaftlicher Begleitung des Gesundheitsamtes Frankfurt – das Modell in 150 Zahnarztpraxen getestet und auf seine Praktikabilität geprüft. Auf dem letzten internationalen Kongress für Krankenhaushygiene im April sei es einem wissenschaftlichen Fachpublikum vorgestellt worden und habe dort eine hohe Akzeptanz erfahren, erklärt Dr. Andreas Dehler, der im Kammervorstand der LZKH zuständige Referent für Hygienefragen.
Rahmenempfehlung
Mittlerweile sei – nach langen und ausführlichen Verhandlungen – in Zusammenarbeit mit der LZKH und dem hessischen Sozialministerium eine landesweite Rahmenempfehlung für den zahnärztlichen Bereich erarbeitet worden, so Dehler. Sie berücksichtige die Umsetzung der gesetzlichen Bestimmungen zum MPG genauso wie die Vorgaben der neuen RKI-Empfehlung zum Infektionsschutz. Das Projekt wird zum 01.08.2006 beginnen und ist auf fünf Jahre angelegt.
Ziel des Projektes ist es, Hessens Zahnärzte flächendeckend für die Umsetzung von MPG und Infektionsschutz in der Praxis fit zu machen. Dazu werden landesweit intensive Informations- und Fortbildungsangebote angeboten, und zwar in Form von Großveranstaltungen. Die gesetzlichen Bestimmungen werden in der fünfstündigen Fortbildung genauso abgehandelt wie die neuen RKI-Empfehlungen und der Hygieneplan der BZÄK. Die Fortbildungen richten sich an Zahnärzte wie auch an deren Teams und werden von kammereigenen Referenten abgehalten. Eine erste Veranstaltungen in Nordhessen hat bereits stattgefunden, weitere sind für Anfang September terminiert. Neben den Fortbildungsveranstaltungen erfolgt die Herausgabe eines ausführlichen Hygiene-Manuals mit Checkliste, Erklärungen und Hygieneplan. Hinzu kommt eine Hygiene-Hotline, die in der Kammer angesiedelt ist.
Beratung statt Kontrolle
Ganz wichtig ist der Kammer, dass im Rahmen des Projekts keine Begehungen und Kontrollen (die Begehung ist ein hoheitlicher Akt) durchgeführt werden. Es gibt keinen Kammer-Revisor. Stattdessen werden Mitarbeiter der LZKH Praxisbesuche abstatten, um vor Ort Beratungen durchzuführen. Dabei sollen – wenn nötig – Verbesserungen erreicht werden und bei Abweichungen von den gesetzlichen Vorgaben auf entsprechende Maßnahmen hingewiesen werden. Bei Abweichungen wird auf eine entsprechende Beseitigungsfrist hingewiesen. Nur in absoluten Ausnahmen, falls einmal eine Problembeseitigung verweigert werden sollte, erfolgt die Weitergabe von Praxisdaten an das zuständige Gesundheitsamt. In allen anderen Fällen bleiben die Daten strikt anonym. Die Verantwortung liegt in den Händen der LZKH. Den Gesundheitsämtern wird lediglich ermöglicht, zur Qualitätssicherung Stichproben in Absprache mit der Kammer durchführen. Darüber hinaus wird es während der Dauer des Projektes keinerlei Begehungen von zahnärztlichen Praxen in Hesse durch die Aufsicht geben.
Der Praxisbesuch durch einen Kammermitarbeiter kostet zwischen 80 bis 100 Euro, die Gesundheitsämter berechnen mit bis zu 1 500 Euro deutlich höhere Kosten.
Kammerpräsident Dr. Michael Frank betont, dass das hessische Hygieneprojekt auf Freiwilligkeit basiere. Die Praxen könnten frei über eine Teilnahme entscheiden und die Nachfrage sei jetzt schon groß: „Das Projekt versteht sich als eine Maßnahme zur Qualitätssicherung im Bereich Hygiene. Wir setzen auf Information und die Beratung vor Ort. Die Kammer nimmt dabei ihre ureigene Rolle wahr, das dient der Stärkung der Selbstverwaltung genauso wie dem Abbau von Bürokratie.“