Weißbuch zur Gesundheitsreform

Ein Beitrag für den „Souverän“ Patient

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Mit einem „Weißbuch der Zahnmedizin“ wollen die Landeszahnärztekammern Bayern, Hessen und Nordrhein einen Diskussionsbeitrag mit Denkansätzen und Vorschlägen namhafter Experten für ein zukunftssicheres Gesundheitssystem leisten. Der jetzt erschienene Band 1 befasst sich mit den allgemeinen Rahmenbedingungen und Handlungszielen des Gesundheitswesens, Band 2 (Veröffentlichung vorgesehen im Frühjahr 2007) thematisiert „Zukunftsfähige ZahnMedizin in Forschung, Lehre und Praxis“.

„Es stimmt bedenklich, wenn junge Akademiker im Bereich Medizin zu einem Drittel nicht mehr dort tätig werden, wenn Wissenschaftler das Land verlassen.“ Was Bayerns Zahnärztekammerpräsident Michael Schwarz stellvertretend für seine Amtskollegen Dr. Michael Frank (Hessen) und Dr. Peter Engel (Nordrhein) auf der Pressekonferenz zur Vorstellung des Weißbuches am 29. November in Berlin erklärte, verdeutlicht, mit welcher Sorge die Zahnärzte die Entwicklung der Gesundheitspolitik verfolgen. Man wollte sich aber nicht in die Reihe der Protestler begeben, ohne sich kritisch mit den Problemen auseinanderzusetzen, Argumentationen zu durchleuchten und Lösungsvorschläge zu erarbeiten.

Ergebnis dieser Arbeit ist das von Dr. Gerhard Brodmann von der Bayerischen Landeszahnärztekammer koordinierte Projekt zu den „Rahmenbedingungen und Handlungsoptionen einer zukunftssicheren Gesundheitsversorgung“. Ambition der Kammern war es, „die Dialog- und Handlungsfähigkeit der zahnärztlichen Selbstverwaltungskörperschaften auch in schwierigen Zeiten unter Beweis zu stellen“. In drei Kapiteln beleuchtet das „Weißbuch“ – nach einer einleitenden Beschreibung des „Wertesystems einer Gesundheitsverfassung“ durch den Direktor des Deutschen Instituts für Gesundheitsrecht, Prof. Dr. Helge Sodan, – die Themenkomplexe „Gesellschaft und Gesundheitspolitik“, „Qualität und Ökonomie“ sowie „Berufspolitik und Selbstverwaltung“ und stellt daraus erwachsende Handlungsempfehlungen auf.

Reform jetzt stoppen

Wie fragwürdig die aktuelle Reform aus verfassungsrechtlicher Sicht, aber auch aus ökonomischer Warte ist, haben zwei Autoren des Weißbuches – die Professoren Dr. Helge Sodan und Dr. Johann Eekhoff – in eigenen Statements vor der Presse ausgeführt.

Verfassungsrechtler Sodan teilt demnach keineswegs die von BMG-Pressesprecher Klaus Vater kolportierte Auffassung, dass alle verfassungsrechtlichen Bedenken bereits widerlegt seien. Nach wie vor hielten sich sogar die Gerüchte über Streitigkeiten zwischen dem Justiz- und Gesundheitsministerium, ganz zu schweigen von der Kritik durch eine Vielzahl spezifischer Rechtsgutachten zu einzelnen Teilen der Reformvorhaben. Sodans erste Quintessenz: „Im Moment beachtet der Gesetzgeber die Verfassung nicht hinreichend.“

Auch der Direktor des Instituts für Wirtschaftspolitik und Mitglied des BZÄK-Consiliums Eekhoff sieht in den schwarz-roten Reformansätzen keine ehemals gemachten Versprechen der Regierung eingehalten. So gebe es keine Umwandlung von Teilen des Versicherungssystems in kapitaldeckende Verfahren. Auch Maßnahmen zur Förderung des Wettbewerbs im Sinne des Marktes seien im derzeitigen Reformansatz nicht zu erkennen. Eekhoffs Vorschlag: Man solle jetzt das machen, was dringend notwendig ist, aber alles andere zurücksetzen und noch einmal überdenken. Eekhoffs Alternative: „Eigentlich wollen doch alle privat versichert werden. Das geht nur, wenn GKV-Versicherte mit Altersrückstellungen ausgestattet werden.“

Ausdrücklich warnte auch Nordrheins Kammerpräsident Engel vor den Folgen der avisierten Gesetzgebung: „Wettbewerb lässt sich nicht durch Gleichschaltung aufbauen.“ Die schleichende Einführung der Bürgerversicherung schaffe absehbar Schwierigkeiten für die Praxis vor Ort. Trotzdem seien Ansätze zu Änderungen der Probleme zurzeit nicht erkennbar.

Und die Perspektive? Hessens Kammerpräsident Frank sieht – bei einer Perspektive von drei bis fünf Jahren nach Start der Reformgesetzgebung – zumindest die ortsnahe Versorgung auf dem Land gefährdet. „Das Versorgungssystem, wie wir es hatten, ist bis dahin völlig auf den Kopf gestellt.“ Um das zu verhindern, sei der verfassungsrechtliche Weg sehr lang. Frank forderte, die Reform jetzt zu stoppen.

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