Korrektur geht vor Kompensation
Nach den Hersteller-Angaben der Firma Bausch&Lomb, Berlin, werden jährlich alleine in der Bundesrepublik Deutschland mindestens 80000 Lasik-Behandlungen (Lasik: Laser-in-situ- Keratomileusis) durchgeführt. Weltweit sollen sich danach bereits sechs Millionen Menschen einer Lasik-Operation unterzogen haben. Um Kurzsichtigkeit zu korrigieren, wird dabei ein Hornhautscheibchen weggeklappt, darunter gelasert und das Hornhautscheibchen wieder auf das Auge geklappt. Bei der Operation der Weitsichtigkeit muss der Arzt zusätzlich eine Krümmung modellieren. Als Nebenwirkungen werden von Kritikern eine erhöhte Blendeempflindlichkeit, ein Fremdkörpergefühl und ein schlechtes Dämmerungssehen angegeben. Bei Wahrung der medizinischen Behandlungsstandards durch die zertifizierten Anwender kann nicht von einem erhöhten Komplikationsrisiko ausgegangen werden. Die seitens der privaten Krankenversicherung (PKV) zur Ablehnung der Kostenerstattung angeführten diesbezüglichen Entscheidungen sind Einzelfalljudikate ohne generalisierungsfähigen Inhalt (Oberlandesgericht (OLG) Düsseldorf, Urteil vom 11. 11. 1999, 8 U 184/98, Neue Kurisische Wochenschrift 2001, 900; OLG Karlsruhe, Urteil vom 11. 9. 2002, 7 U 102/01, Versicherungsrecht 2004, 244).
Bisher haben die privaten Krankenversicherer die Kostenerstattung regelmäßig mit der Begründung abgelehnt, die Verweisung des Patienten auf Brille und Kontaktlinse sei stets zumutbar, sie kompensierten die Fehlsichtigkeit sicherer und risikoärmer. Ergo sei der Wunsch nach einer augenchirurgischen Korrektur letztlich rein kosmetisch bedingt und stelle daher keine Krankheit im Sinne der Versicherungsbedingungen dar, die hierauf gerichteten augenärztlichen Bemühungen seien folglich nicht medizinisch notwendig gemäß § 1 Abs. 2 MB/KK 94.
Das Landgericht (LG) hat nun als Berufungsgericht klargestellt, dass es das Verfahren als hinreichend erprobt und sicher ansieht und als der Therapie mittels Brille oder Kontaktlinse gleichwertig. Die Richter hoben hervor, dass sogar eine gewisse Vorrangigkeit der Lasik-Behandlung besteht, da sie nicht nur eine Kompensation der fortbestehenden Fehlsichtigkeit, sondern auch die originäre Korrektur eines Defektes mit Krankheitswert erreiche. Schließlich klärten sie, dass insbesondere die Verweisung auf Hilfsmittel nicht damit begründet werden könne, dass diese möglicherweise kostengünstiger seien. Zum einen bestehe auch bei Brillen ein Korrektur- und Erneuerungsaufwand, vor allem aber sei eine solche Verweisung aufgrund Kostenvergleiches entsprechend der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 12. März 2003, die auch für die ambulante Behandlung gelte (Vgl. LG Köln, Urteil vom 29.03.06, 23 O 269/06 für BOI-Zahnimplantate) ohnehin nicht mehr zulässig.
Analogie beim Fiskus
Diese gerichtliche Entscheidung korrespondiert mit dem Erlass der Oberfinanzdirektion Koblenz vom 22. Juni 2006 (Az. S 2284 – St323), wonach die Kosten einer Lasik-Behandlung als außergewöhnliche Belastung im Sinne des Einkommensteuerrecht abzugsfähig sind, weil es sich hierbei um einen medizinisch und nicht bloß kosmetisch veranlassten Heileingriff handele (anders noch: FG Düsseldorf, Urteil vom 16. 2. 2006, 15 K 6677/04).
Ob die Versicherungswirtschaft wegen der hierdurch zu erwartenden Kostenfolgen eine revisionsgerichtliche Abänderung versuchen wird, bleibt abzuwarten. Bislang beendeten Richter die Erstattungsfrage stets per Vergleich (siehe auch Arbeitsgerichts (AG) München, Urteil vom 11. 12. 2003, 223 C 5047/03, und LG München vom 4. 11. 2004, 31 S 951/04).
Rechtsanwalt Michael ZachFachanwalt für MedizinrechtEickener Straße 8341061 Mönchengladbach
Die Entscheidung ist im Volltext abgelegt bei:http://www.rechtsanwaltzach.de