Kurs wechseln
„Nun können uns Politiker nicht mehr vorwerfen, Ärzte würden keine eigenen Vorschläge liefern“, bemerkte Dr. Werner Baumgärtner, Chef des Ärztebundes Medi. Seine Organisation erarbeitete gemeinsam mit dem Bundesverband der Ärztegenossenschaften, der Freien Ärzteschaft, dem NAV-Virchowbund und dem Hartmannbund ein Eckpunktepapier zur Reform.
Ziel: klarer definieren, wer wo zuständig ist
Ziel des Papiers: die Eigenverantwortlichkeiten zwischen Gesetzgeber, Krankenkassen, Ärzten und Patienten klarer zu definieren als bisher. Zehn Eckpunkte umfasst der Forderungskatalog:
1. Finanzierung des Gesundheitswesens
Die Ärzte wollen die PKV erhalten und die GKV von versicherungsfremden Leistungen befreien. Wird politisch ein Mix aus Prämie und Bürgerkasse gewünscht, plädieren sie für eine gleiche Prämie für alle Versicherten. Bei Kindern und sozial Schwachen sollte der Beitrag über die Steuern laufen.
2. Verschiebebahnhöfe
„Schluss mit den Quersubventionen aus den GKV-Kassen zur Sanierung anderer Sozialversicherungen!“ Ohne diese Praxis lägen die Sätze in der GKV den Medizinern zufolge um einige Prozentpunkte niedriger.
3. Leistungskatalog
Der Gesetzgeber sollte einen Basiskatalog festlegen, alle übrigen Leistungen zu Wahlleistungen machen. Diese können, raten die Ärzte in dem Papier, PKV und GKV gleichermaßen im Kassenwettbewerb anbieten. Das Morbiditätsrisiko ginge zu den Kassen zurück, damit entfielen auch die Budgetierungen der Ärzte für Leistungen an den Patienten.
Freier Wettbewerb für GKV und PKV
4. Kassenwettbewerb
Die Mediziner verlangen: Alle Kassen unterliegen dem freien Wettbewerb und dürfen Gewinne einfahren. Sie sind verpflichtet den staatlich vorgegebenen Solidarkatalog anzubieten und haben regionalen Kontrahierungszwang.
5. Arzneimittelversorgung
Eine vom Staat definierte Positivliste sollte die Grundlage für Verordnungen bilden. Alle nicht im Leistungskatalog enthaltenen Medikamente könnten die Kassenmitglieder über eine Zusatzversicherung in der GKV oder PKV mitversichern.
6. Ärztliche Versorgung
Die Ärzte sprechen sich nach wie vor für das Prinzip „ambulant vor stationär“ aus. Außerdem wollen sie stationäre und ambulante Strukturen stärker verzahnen und Ärztenetze weiter ausbauen. Darüber hinaus geht es ihnen darum, die wohnortnahe haus- und fachärztliche Versorgung zu erhalten. Die Definition und Sicherung medizinischer Qualität sollte in den Händen der Ärzte, also der Selbstverwaltung, liegen.
7. Vergütung
Die Mediziner fordern eine feste Vergütung in Euro im ambulanten Bereich. Für den stationären Bereich verlangen sie, dass die Ziele des Marburger Bundes umgesetzt werden.
8. Sachleistung/Kostenerstattung
Das Sachleistungsprinzip hat nach Ansicht der Ärzte ausgedient, weil es Intransparenz, Bürokratie und Leistungsausweitung fördere. Gefordert wird deshalb, dass die Politik schrittweise und wahlweise die Kostenerstattung einführt. Jeder Patient sollte jeden niedergelassenen Arzt aufsuchen dürfen, wenn er die Kostenerstattung wählt – unabhängig davon, bei welcher Kasse er versichert ist.
9. Bürokratieabbau
Die Kassen sollten das Inkasso bei der Praxisgebühr übernehmen. Datenfriedhöfe und überflüssige Normierungen wie Kontrollmechanismen sollten beendet werden.
10. Elektronische Gesundheitskarte (eGK)
Die eGK soll nach Meinung der Mediziner nur dann eingeführt werden, wenn die Kassen die Finanzierung sichern können, der Datenschutz gewährleistet und die Haftung des Arztes dabei ausgeschlossen ist. Bleibt abzuwarten, ob die Mediziner Kaas Hypnosetaktik vereiteln und das Kaninchen retten können.