Depotcheck zum Jahresanfang

Großreinemachen

Kaum ein Zeitpunkt eignet sich besser für eine große Aufräumaktion als der Beginn eines neuen Jahres. Um die privaten Finanzen für das kommende Jahr gut aufzustellen, überdenken Anleger ihre Anlagestrategie, trennen sich von Verlust bringenden Papieren und ergänzen, was bisher in einem ausgewogenen Portfolio gefehlt hat.

So ein Jahreswechsel hat es in sich: Die verpassten Chancen vom vergangenen Jahr, die nicht eingehaltenen Vorsätze vom letzten Silvester – das alles drückt auf die Stimmung. Doch frei nach dem Spruch, wonach allem Ende ein neuer Anfang innewohnt, darf auch der eher nachlässige Anleger auf das neue Jahr mit seinen neuen Möglichkeiten hoffen.

Gedanken über seine Strategie dürfte er sich spätestens dann machen, wenn der Depotauszug auf seinen Tisch flattert. Dann springen die Verlustbringer der letzten Monate – manchmal sogar Jahre – ins Auge und erinnern ihn daran, dass er beim Höhenrausch beispielsweise der Solaraktien nicht mitgeflogen ist. Manch einer ärgert sich schwarz darüber angesichts der Nieten im eigenen Portfolio. Weg mit den trüben Gedanken und den Blick nach vorne richten. Jetzt gilt es, das Depot aufzuräumen: Der Inhalt wird kritisch überprüft, was gut ist, bleibt, was Verluste bringt, fliegt raus. Mit dem Erlös kann man neue Produkte kaufen.

Muss i denn, muss i denn …

Dabei sollten verschiedene Aspekte bedacht werden. Wie steht es mit der Strategie? Ist es möglich mit den vorhandenen Aktien, Anleihen, Fondsanteilen – nach Branchen und Ländern sortiert – das Anlageziel zu erreichen? Den Meisten fällt es schwer, sich von den Verlustbringern zu trennen. Gemäß der typisch deutschen Denkweise, dass man ja mit dem Verkauf die Verluste überhaupt erst realisiert, bleiben sie nach dem Prinzip Hoffnung dort, wo sie sind: im Depot und blockieren gutes Kapital, dass wahrscheinlich besser angelegt werden könnte.

Die Experten von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) raten deshalb dazu, diese Papiere zu verkaufen, wenn kaum noch Aussicht auf eine Gewinn bringende Zukunft besteht. Vielleicht fällt der Entschluss leichter, wenn der Anleger folgende Rechnung aufmacht: Rutscht der Kurs einer Aktie um 50 Prozent nach unten, muss sie sich um 100 Prozent verbessern, um den Verlust wieder auszugleichen. Gelingt dieser rasante Anstieg, hat ihr Besitzer selbst dann noch keinen Cent an diesem Papier verdient. Vielleicht hat der geplagte Anleger ja Glück im Unglück und kann seine Verluste steuerlich nutzen. Besitzt er die Aktien weniger als zwölf Monate, kann er den Verlust steuerlich geltend machen. Noch günstiger fällt die Steuerrechnung aus, wenn die Verluste mit erzielten Gewinnen verrechnet werden können. Ob und wie lange dieser Trick in Zukunft noch funktionieren wird, steht derzeit nicht fest. Dazu hat sich die Koalition bislang nicht geäußert. Dennoch sollte jede Umschichtung im Depot erst einmal mit dem spitzen Bleistift kalkuliert werden. Kaufen und Verkaufen kosten Gebühren, die die Gewinne schmälern.

Doch nicht nur Aktien bringen Verluste. Meist lohnt es sich auch, die Entwicklung der Fonds zu prüfen. Die Unterschiede fallen manchmal ziemlich groß aus. Da kann es Sinn machen, alt gegen neu zu tauschen. Um die anfallenden Gebühren auszugleichen, nutzen Kenner die Dienste der Direktbanken. Sie sind für ihre hohen Rabatte bekannt.

… und Du, mein Schatz, bleibst hier!

Jede einzelne Position muss überprüft werden. Am einfachsten geht das, wenn, man sich die Frage stellt, ob man dieses Papier jetzt wieder kaufen würde.

Sind die Ecken ausgekehrt und die Fächer neu geordnet, heißt es nachdenken. Der Anleger entscheidet jetzt, ob er bei seiner alten Strategie bleibt oder nicht. Will er mehr Risiko und so mehr Geld verdienen? Hat er Zeit, sich regelmäßig um seine Geldanlage zu kümmern? Wer die Schwankungen auf den Finanzmärkten geschickt für sich nutzen will, macht das nicht so nebenbei.

Der Aktienmaßindex

Sparer, die ihr Geld in Ruhe für sich arbeiten lassen wollen, geben sich mit weniger pflegeintensiven Produkten zufrieden. Für eine längerfristige Anlage geeignet sind beispielsweise Fondssparpläne oder Zertifikate. Dabei darf der Anleger nicht alles auf eine Karte setzen, vor allem dann nicht, wenn er sich für spannendere Werte entscheidet. Für den Anteil der Aktien im Depot hat der verstorbene Börsenguru André Kostolany eine Faustregel, quasi einen Aktienmaßindex, genannt: „Der Aktienanteil darf nicht größer sein, als 100 minus das Lebensalter des Anlegers.“ Wer nicht auf den Nervenkitzel verzichten will, muss zu Vorsichtsmaßnahmen greifen. Ein Schutzmechanismus sind die Stopp-Loss-Kurse. Der Investor gibt bei seinem Händler an, bis zu welchem Kurs eine Aktie fallen darf. Ist dieser Punkt erreicht, verkauft die Bank das Papier.

Ganz auf Nummer sicher geht der Anleger, der einen Teil seines Vermögens in Bundeswertpapiere investiert. Sie bringen derzeit maximal drei Prozent Zinsen pro Jahr. Doch zwischen den Extremen gibt es viele interessante Möglichkeiten. Entscheidend ist der richtige Mix zwischen Anleihen, Renten, Immobilien, alternativen Investments, wie Rohstoffe, und ständig verfügbarer Barschaft auf einem Tagesgeldkonto. Innerhalb dieser Sparten empfiehlt sich eine Streuung nach Werten aus Amerika, Deutschland, Europa, Asien und den Schwellenländern. Wenn dann noch nach Branchen sortiert wird, stimmt die Mischung. Gönnt sich der Anleger zum Beispiel ein paar riskantere Biotech- Aktien, kann er das Risiko mit Versorger-Papieren wieder ausgleichen. Eine ausgewogene Mixtur sorgt dafür, dass im Falle eines Falles nicht alle Werte auf einmal ins Bodenlose stürzen. Denn es wird kaum passieren, dass alle Branchen in allen Regionen gleichzeitig abstürzen.

Doch bei aller Liebe zur Vielfalt, Übertreiben schadet: Viele kleine Positionen kosten viel Geld. Die Banken freuen sich über Kunden, die von allem etwas haben möchten und (zu) häufig wechseln. Diese Kunden werden es kaum schaffen, ein so vielseitiges Depot ständig im Blick zu haben, um rechtzeitig reagieren zu können.

Gutes Neues Jahr

Auf das nächste Jahr dürfen sich die Investoren freuen. Denn die Experten-Prognosen scheinen – was die Börse angeht – durchweg optimistisch gestimmt. Das gilt nach wie vor für deutsche Aktien. Aber auch europäische Papiere sind im Vergleich zu amerikanischen immer noch unterbewertet. Zwar droht der Chef der Europäischen Zentralbank mit höheren Zinsen, doch nach Expertenmeinung werden sich die Auswirkungen auf die Börse in Grenzen halten. Außerhalb Europas lockt derzeit vor allem Japan mit attraktiven Aktien. Hier herrschen ähnliche Bedingungen wie in Deutschland. Die Unternehmen sind gut aufgestellt und die Kurse noch nicht abgefahren. Käufer der Nippon- Papiere sollten allerdings das Währungsrisiko nicht außer Acht lassen. Die guten Aussichten weltweit dämpfen kann nach wie vor ein steigender Ölpreis. Positiv wiederum wirken sich die Kosteneinsparungen in den Unternehmen auf die Gewinnerwartungen aus.

Bei den Rohstoffen treiben unter anderem die Inflationsängste der Menschen den Preis für Edelmetalle. Vor allem der Goldpreis hat zugelegt. Neben den Käufen der privaten Anleger ordern besonders die Schmuckhersteller das gelbe Metall. Sie stellen 68 Prozent der weltweiten Nachfrage. Für das nächste Jahr dürfen sie sich auf einen Unzenpreis von 540 Dollar einstellen. Über steigende Nachfrage freuen sich die Silberproduzenten. Das „Gold des kleinen Mannes“ profitiert vom zunehmenden Bedarf der Hightech-Branchen.

Anleger, denen die Risiken einer direkten Beteiligung an den Aktien- und vor allem an den Rohstoffmärkten zu hoch sind, finden auf der riesigen Angebotspalette der Zertifikate viele Möglichkeiten mit vermindertem Gefahrenpotential dennoch die Chancen auf Gewinne zu wahren. So stellen Indexzertifikate die Wertentwicklungen auf den Aktienmärkten dar. Damit können Anleger beispielsweise langfristig auf den Anstieg des europäischen Aktienindex Euro Stoxx 50 setzen. Bonuspapiere bieten einen Risikopuffer und erlauben dennoch die Wahrung aller Renditechancen. Sie beinhalten so zu sagen eine Gutschrift, die dann wirksam wird, wenn die Kurse während der Laufzeit des Zertifikats nicht unter eine bestimmte Schwelle fallen. Oft liegt dieser Puffer 30 bis 50 Prozent unter dem aktuellen Kurs. Nach oben sind die Gewinne nicht begrenzt. Zu den konservativen Varianten gehören auch die Discount–Zertifikate. Sie gewähren einen Rabatt auf den Kurs von Aktien oder Indizes, beschränken aber gleichzeitig die Gewinnchancen.

Wer die Wahl hat, hat die Qual. Die Auswahl an Möglichkeiten, ein Depot zu füllen, ist riesig. Steht die neue Strategie, und sind die Entscheidungen für Kauf und Verkauf gefällt, darf der Anleger sich nur für kurze Zeit erleichtert zurücklehnen. Denn ein gut geführtes Depot benötigt gute Pflege, damit es wachsen und gedeihen kann.

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