Bonn: Narkosen und ihre Geschichte
Es war der amerikanische Zahnarzt William Thomas Morton, dem die erste Äthernarkose gelang. Er gab dem Patienten 1846 aus der sogenannten „Bostoner Glaskugel“ Äther-Dampf. So begann damals die Ära der modernen Narkose – und damit die Geschichte des Bonner Museums. Der emeritierte Bonner Professor für Anästhesiologie Horst Stoeckel bekam kurz vor seiner Emeritierung eine Replik dieser Glaskugel geschenkt. Er beschloss, die Kugel als Grundstock zu nehmen, um ein Museum für die Geschichte dieses Faches zu errichten.
Die Replik der „Bostoner Glaskugel“, dem epochalen Narkosegerät, ist auf dem Bonner Venusberg zu bewundern. Daneben ist eine weitere große Anzahl von historischen Anästhesiegeräten ausgestellt, darunter auch seltene Narkosemasken, die von den damaligen Medizinern mit Äther oder Chloroform betropft wurden und zum Teil noch aus dem 19. Jahrhundert stammen. Die Tropfnarkose stellt den Beginn der Entwicklung der Anästhesieverfahren dar.
Auch die „Eiserne Lunge“, der Vorläufer der modernen Langzeit-Beatmungsgeräte in der Intensivmedizin, ein Original des Riva-Rocci-Quecksilbermanometers zur Messung des Blutdrucks sowie die Geräte für die sogenannte „Beck´sche Mühle“, ein Bluttransfusionsgerät mit Rollenpumpe ausgestattet, zählen zum Stolz des Museums.
Zahnärzte maßgeblich beteiligt
Im 19. Jahrhundert waren es die Zahnärzte, die an der Entwicklung der Anästhesiemethoden maßgeblich beteiligt waren. Als Meilenstein der Arzneientwicklung, von den Opium-Alkaloiden über Curare bis hin zu den Injektionsanästhetika, ist das erste synthetische Lokalanästhetikum zu bewundern, das „Novocain“ von 1905, das für
den Zahnmediziner noch heute von großer Bedeutung ist. Die Kombination von „Novocain“ mit Adrenalin war lange Zeit die entscheidende Substanz zur Lokalanästhesie, die in der Zahnmedizin bei der Infiltrations- und Leitungsanästhesie dominierte. Das 1932 vom deutschen Pharmakologen Hellmut Weese entwickelte „Evipan“ ist neben dem Blutersatzmittel „Periston“, das den Deutschen bereits im zweiten Weltkrieg zur Verfügung stand, im Museum zu betrachten. Ein aus dem Jahre 1930 stammender komplett erhaltener Operationssaal verdeutlicht zum Endes des Rundgangs dem Besucher anhand von Originalgeräten, wie einem Operationstisch, Instrumentenschränken, speziellen Narkoseapparaten und Infusionsvorrichtungen, wie es zu dieser Zeit in einem Operationssaal aussah. Die Hände wurden damals durch Eintauchen in Alkohol desinfiziert.
Zum Museum gehört auch eine umfassende Bibliothek zum Thema und eine Sammlung der frühen deutschsprachigen Lehrbücher und Monographien, die den wissenschaftlichen Hintergrund untermauert.
Dr. Wibke KnönerTiergartenstraße 2930559 Hannover
Die Autorin ist Vorsitzende des Arbeitskreises Geschichte der Zahnheilkunde der DGZMK, einem freiwilligen Zusammenschluss von Zahnärzten und Wissenschaftlern, die sich mit der Geschichte der Zahnheilkunde befassen. Weitere Interessenten sind willkommen. Kontakt: E-Mail:wknoener@web.de, Tel: 0511/514637, Fax: 0511/5109623