Es gilt das gesprochene Wort
Verwaltungsarbeiten belasten die Praxis zunehmend. Leider auch jene, die der Zahnarzt nicht delegieren kann, wie das Diktat für den schriftlichen Arztbericht an den weiteroder mitbehandelnden Kollegen. Das kann immerhin noch die routinierte Mitarbeiterin zeitnah per PC erfassen. Anders beim persönlichen und vertraulichen Brief – da bleibt auch das Eintippen noch am Zahnarzt hängen. Und damit fangen für die meisten Kollegen die Probleme an. Denn heute ist, anders als einst in Studienzeiten, ihre Zeit teuer. Und die Gedanken sind bedeutend schneller als die Finger tippen.
In diesen Momenten wird sich der Praxischef der Komplexität der Bürokratie bewusst: Einen Computer in der Praxis stehen zu haben, heißt noch lange nicht, ihn in jeder Hinsicht professionell bedienen zu können. Spezielle Spracherkennungsprogramme können abhelfen, doch der Umgang mit ihnen will gelernt sein.
Ob sich der Aufwand lohnt, fragt der skeptische User. Ebenso sehr oder wenig, wie die EDV überhaupt, oder der Internet-Zugang und das Mailprogramm. Aus dem Chaos der gespeicherten Daten heraus entwickelt der Interessierte seine geniale Ordnung, die ihm schnellen Zugriff ermöglicht. Hat man sich einmal mit dem E-Mail-Programm vertraut gemacht, möchte man es nicht mehr missen. Eine einfachere und schnellere Datenübermittlung ist eigentlich nicht denkbar. Für die Spracherkennung gilt das Gleiche.
Gedacht, gesagt, gemacht
Vor der Nutzung steht – natürlich – die Investition. Bedienerfreundlich darf es sein. Neueinsteiger empfinden es oft als angenehm, wenn das Programm ihnen nach einer kurzen Trainingsphase die ersten Erfolge beschert. Die Spracherkennung kann als Hintergrundprogramm arbeiten und der Zahnarzt diktiert Briefe, Vorträge, Gutachten und E-Mails direkt in den Computer. Ein gutes Programm verarbeitet sogar die Aufzeichnungen eines digitalen Aufnahmegerätes. In diesem Fall setzt sich der Anwender mit einem Mikrofon vor den Computer, spricht seinen Text und das Sprachprogramm wandelt die Tonsignale um.
Oder er investiert etwas mehr in ein professionelles Programm mit effizienter Trainingsphase in der er einige vorgegebene Kurztexte dem Computer vorliest, damit sich das Programm an sein Sprachprofil gewöhnt. Danach lassen sich ein normaler Brief oder Standardtext ohne Probleme diktieren. Schwierigkeiten bereiten die zahnmedizinischen Fachbegriffe: Wie sich „Prophylaxe“ schreibt, hat das Programm zwar schnell gelernt, der „Streptokokkus mutans“ macht möglicherweise längerfristig Probleme.
Die volle Wirkung der Sprache zu nutzen ist faszinierend. Über bloßes Erkennen hinaus setzt ein umfassendes Programm auch akustische Befehle um, um zum Beispiel Windows- Anwendungen zu bedienen. Durch seine Stimme steuert der User also seinen PC, bedient die Programme und gibt Texte ein. Die erzielte Genauigkeit ist sehr gut, sofern man übliches Vokabular benutzt; häufig verwendete Fachbegriffe lassen sich mit wenig Aufwand in den gespeicherten Wortschatz aufnehmen.
Der Teufel steckt in der Bequemlichkeit
Trotz aller Perfektion eines Programms: Nach einer Weile häufen sich die Schreibfehler. Denn ein Sprach- und Texterkennungsprogramm verführt zu Formulierungen aus dem Bauch heraus. Die Folge: Die digitalen Texte muss der Diktierer später ändern und, wenn viele Änderungen erforderlich sind, schleicht sich schnell ein Tippfehler ein. Den er – mittlerweile unkritisch geworden – leicht überliest. Denn Spracherkennung ist ein Service, der verwöhnt.
Dr. Sigrid Olbertz, MBAZahnärztin, Master of Business AdministrationIm Hesterkamp 12a45768 Marl