Zahnärzte kämpfen gegen zuviel Bürokratie\r
Neue Impulse für die Wettbewerbsfähigkeit in der Branche will die EU-Kommission durch ihren Änderungsvorschlag zur Medizinprodukterichtlinie setzen. Der Medizinproduktesektor, der aus etwa 7 000 Gewerbebetrieben in Europa mit bis zu 350 000 Beschäftigten besteht, spielt laut Kommission eine wichtige Rolle, da er regelmäßig die höchsten Produktionswachstumsraten sämtlicher Wirtschaftszweige in der EU verzeichnet. Das habe eine von der Kommission in Auftrag gegebene Studie bestätigt. Die geltenden Regeln sollen nach dem zuständigen EU-Kommissar Günter Verheugen mit den geplanten Änderungen präzisiert und vereinfacht werden: „Wir haben Verbesserungen für die Sicherheit der Patienten vorgeschlagen und gewähren gleichzeitig den Fortbestand eines einheitlichen Rechtsrahmens, der die Wettbewerbsfähigkeit fördert“, erklärte er bei der Ankündigung der neuen Pläne im Dezember 2005. Das Verfahren nimmt derzeit seinen parlamentarischen Lauf. Was auf den ersten Blick als sinnvolle Neuregelung erscheinen mag, entpuppt sich nach genauem Hinsehen zumindest für die Zahnärzteschaft als problematisch. Hier sollen nämlich den Kommissionsplänen zufolge Regelungen eingeführt werden, die einem dringend erforderlichen Abbau von Bürokratie entgegenwirken. So ist im Richtlinienentwurf geplant, bei Sonderanfertigungen in Konformitätserklärungen den Patienten namentlich zu nennen. Medizinische Software soll entsprechend dem neuesten Stand der Technik validiert werden. Bei Sonderanfertigungen soll ein Überwachungssystem eingeführt werden, wie es bereits bei anderen Medizinprodukten existiert. „Besonders kritisch wird von der Zahnärzteschaft die geplante erweiterte Dokumentationsverpflichtung gesehen“, betont Prof. Dr. Wolfgang Sprekels, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer sowie des Council of European Dentists, dem europäischen Dachverband von zahnärztlichen Organisationen aus 30 Ländern. „Diese, wie auch andere Regelungen, werden bei der Umsetzung der neuen Richtlinie auf das deutsche Medizinproduktegesetz und die Medizinprodukte- Betreiberverordnung durchschlagen und möglicherweise negative Konsequenzen für die Inhaber von Praxislabors haben.“
Stellung bezogen
Die Zahnärzteschaft reagierte mit ausführlichen Stellungnahmen. Die Bundeszahnärztekammer erarbeitete ein dezidiertes Papier, das auch vom CED auf seiner Vollversammlung im Mai in Porto als Stellungnahme übernommen wurde. Die Argumente der Zahnärzte lauten:
• Die Identität des Patienten soll aus Gründen des Datenschutzes durch eine Verschlüsselung sichergestellt werden. Die Erklärung sollte beim Arzt oder Zahnarzt aufbewahrt werden und nicht – wie von der Kommission vorgeschlagen – dem Patienten mit nach Hause gegeben werden. Der Patient soll aber jederzeit Einsicht nehmen können.
• Der von der Kommission vorgeschlagene Begriff der Validierung ist unscharf und kann einen Freibrief für ausufernde Mess- und Untersuchungsmaßnahmen schaffen. Besser ist es, den Begriff zu streichen, um überflüssige Datensammlungen zu vermeiden.
• Die Einrichtung systematischer Verfahren bei Sonderanfertigungen soll nur in den Fällen gelten, in denen die entsprechenden Maßnahmen nicht Bestandteil einer (zahn)- ärztlichen Therapie sind.
In etlichen Einzelgesprächen haben die deutschen wie auch die europäischen zahnärztlichen Vertreter bei zahlreichen Europaabgeordneten, die mit dieser Problematik federführend befasst sind, intensive Aufklärungsarbeit betrieben. Als besonderer Erfolg der Lobbyarbeit in Brüssel ist es zu sehen, dass auf Intervention der Bundeszahnärztekammer wie auch des CED der Berichterstatter des Europäischen Parlaments über die Medizinprodukterichtlinie, Dr. Thomas Ulmer (EVP Deutschland), die von der Zahnärzteschaft vorgetragenen Sachargumente in seinem Berichtentwurf berücksichtigt hat.
Der Gang durch die Ausschüsse mit Möglichkeit zum weiteren Argumentationsaustausch erfolgt jetzt weiter. Im November wird das Plenum des Europäischen Parlaments in erster Lesung beraten.