Beruf traumhaft, Arbeit albtraumhaft
Die Praxis bleibt leer. Nicht, weil keine Patienten hineinströmen, denn das täten sie. Nein, weil kein Arzt da ist. Heute nicht, morgen nicht. Von wegen Streik. Flucht vor dem Alptraum, als Arzt eine Praxis zu eröffnen, würde eher passen bei dem Bild, das die Ergebnisse einer online-Umfrage unter Medizinstudenten ergeben. Danach sehen 66,23 Prozent der Befragten eine eigene Praxis jedenfalls nicht als ihr Ziel an. Mehr positive Resonanz findet das Krankenhaus mit allerdings auch nur 45,92 Prozent der Befragten.
Grundsätzlich gerne
Die Nachwuchsmediziner würden gerne in Deutschland als Arzt arbeiten, betonte Maike Wilk von der AG Gesundheitspolitik der BVMD den grundsätzlichen guten Willen, sähen sich aber durch die schlechten Arbeitsbedingungen für Assistenzärzte in Krankenhäusern hier zu Lande oft gezwungen, Jobs in medizinnahen Berufsfeldern oder im Ausland anzunehmen. Um diese Entwicklung zu korrigieren, wurde nach den Ursachen geforscht. Diese schlechten Arbeitsbedingungen, die bei öffentlichen Diskussionen und in den Medien so gerne auf „Gier nach Geld“ reduziert werden, lesen sich in der Studie denn auch weit differenzierter und sind anders gelagert.
Der Verwaltungskram nimmt überhand – und Platz 1 auf der Mängelliste ein. In einer Zeit, in der selbst die lange betonierten Leistungskataloge der Gesetzlichen Krankenkassen von den so genannten versicherungsfremden Leistungen peu à peu entrümpelt werden (sollen), wollen die Mediziner ebenfalls wieder zurück zu ihren Wurzeln und die überbordende Bürokratie über Bord schmeißen. Über 90 Prozent der Befragten sehen eine Entlastung hier als wichtigstes Kriterium für die berufliche Zukunft an.
Befristete Arbeitsverträge auf dem Weg zur Niederlassung sind bei 76,1 Prozent ein Dorn im Auge der Studenten, weil viele nach dem Studium auf Zeit assistieren und auf ihren nächsten Weiterbildungsplatz mehr bangen als hoffen. Die ungeregelten Arbeitszeiten durch häufige Schichtwechsel, Dienste in er Nacht oder an Wochenenden sowie Rufbereitschaft, kommen in der Assistenz-Phase für 83,7 Prozent als Minuspunkte hinzu.
Das Renommee des Chefarztes zählt selten. Dessen Persönlichkeit sowie Ruf und technische Ausstattung des Krankenhauses und ebenso die Fortbildung hat für mindestens jeden zweiten Studenten große oder sehr große Bedeutung.
Konkrete Anliegen
Das Resümee der Umfrage: Sollen mehr Mediziner Arzt werden, dann heißt es: Die Verwaltung vereinfachen und für eine begrenzte Arbeitszeit das Gehalt angemessen ansetzen.
86 Prozent der Studierenden wünschen sich Kinder, 79 Prozent sehen keine Chance, die Kinder mit dem Beruf unter einen Hut zu bringen. In Teilzeit zu arbeiten wäre zwei von dreien wichtig, eine Kinderbetreuung am Krankenhaus – wie in anderen Ländern – 57 Prozent.
Umzüge oder (bezahlte) Überstunden nähmen die Studenten (80 Prozent) ohne weiteres in Kauf, um in ihrem Traumberuf bis zu 55 Stunden die Woche zu arbeiten. Ohne Zusatzverdienste sei das Einkommen aber zu niedrig, gaben 65,5 Prozent an.