Kongressbesuch der Extraklasse
zu besuchen. Ganz spektakulär war der Kongresshöhepunkt mit einer interaktiven Fachdebatte.
Der deutsch-französische zahnärztliche Stipendiatenaustausch besteht nunmehr seit 40 Jahren. Aus diesem Anlass erwartete die Teilnehmer Ende November mit dem Besuch des ADF-Kongresses ein besonderes Fortbildungs-Highlight.
Beim Empfang der deutschen Teilnehmer durch den Präsidenten der CNSD, Dr. Jean-Claude Michel, wurde deutlich, dass die französischen Kollegen mit Problemen zu kämpfen haben, die auch auf deutscher Seite immer wieder zu Auseinandersetzungen führen. Beispielhaft sei hierbei die Klage über eine mangelhafte Honorierung zahnärztlicher Leistungen genannt, aber auch die Bedenken gegenüber den „Bolkestein-Empfehlungen“ der EU, welche die Freizügigkeit von Dienstleistungen durch Zahnärzte aus anderen EU-Staaten gewähren. Hinzu kommt die Diskussion, den zahnärztlichen Berufsstand zukünftig den medizinischen Hilfsberufen zuzuordnen. Das erinnert an Erwägungen in Deutschland, die zahnärztliche Ausbildung zukünftig den Fachhochschulen zu überlassen.
Einen Ausblick auf die künftigen, auch vom Staat forcierten, zahnärztlichen Strategien gab zu Beginn des Kongresses der französische Gesundheitsminister Xavier Bertrand. In seiner Grußadresse stellte er die Planung zur Qualitätssteigerung zahnärztlichen Handelns vor sowie ein neues zahnärztliches Präventionsprogramm, welches umfassend allen Versicherten, insbesondere auch Schwangeren sowie Behinderten und Alten, beim Erhalt der Zahngesundheit Hilfe geben kann. Der diesjährige Kongress stand unter dem Motto „Vérités et Stratégies“ (Wahrheiten und Strategien). Dass es nicht nur eine Wahrheit bei der zahnärztlichen Therapie geben kann, wurde besonders deutlich bei der „Großen Debatte“, dem spektakulär inszenierten Kongresshöhepunkt mit über 2 500 Teilnehmern.
Große Dental-Show
In einer interaktiven „Dental-Show“ stellten zunächst Hochschullehrer aus zahnärztlichen Universitätskliniken in Frankreich klinische Behandlungsfälle aus den Bereichen der Implantologie, Prothetik, Endodontie und Parodontologie vor. Nach der Darstellung aller relevanten Falldaten wurde das Auditorium mit jeweils zwei Behandlungsalternativen konfrontiert (zum Beispiel im Falle eines fehlenden Zahnes 23: Implantat oder Brücke?) und sodann aufgefordert, sich mittels elektronischer Abstimmung für die eine oder andere Alternative zu entscheiden. Die Fälle waren dergestalt, dass keine der Therapiealternativen eindeutig als richtig oder falsch bezeichnet werden konnte – für beide Lösungen gab es Pro- und Kontraargumente. So lag das Votum des Publikums denn häufig auch nah an 50:50. Im Anschluss an die Abstimmung begannen die Plädoyers. Ein Protagonist jeweils der einen oder anderen Alternative hatte exakt fünf Minuten Zeit, „seinen“ Therapievorschlag darzustellen und argumentativ zu untermauern. Anschließend votierte das Publikum nochmals. Bemerkenswert: Trotz einiger „Wechselwähler“ war auch bei der zweiten Abstimmung nur selten eine eindeutige Präferenz erkennbar. Das Fazit: Es ist unter bestimmten Umständen nicht sachgerecht, gelegentlich sogar geradezu falsch, anhand eines Modellbefundes alleine einen Therapiestandard festlegen zu wollen.
Neben diesem Veranstaltungshöhepunkt bot der Kongress ein umfangreiches Fortbildungsprogramm aus allen Disziplinen der Zahnheilkunde. Den deutschen Stipendiaten wurde auch die Möglichkeit geboten, sich im interkollegialen Austausch über die Strukturen der zahnärztlichen Versorgung im Nachbarland umfassend zu informieren. Die Unterschiede sind insbesondere durch die Vorgaben der verschiedenen Gesundheits- und Sozialversicherungssysteme bedingt. Bemerkenswert ist die in Frankreich weit verbreitete Arbeitsweise ohne beziehungsweise mit nur zeitweiliger Assistenz am Behandlungsstuhl, zu der die französischen Kollegen aufgrund ihrer Einkommenssituation gezwungen sind.
Der Stipendiatenaustausch diente auch der Förderung persönlicher, freundschaftlicher Kontakte. „Motor“ des Austauschprogramms auf französischer Seite sind das Zahnarztehepaar Dr. Martine und Dr. Yves Pflieger. Auf deutscher Seite zeichnen als Repräsentanten der Bundeszahnärztekammer Sanitätsrat Dr. Wolfgang Weis, Vorsitzender der Zahnärztekammer des Saarlandes, und deren Geschäftsführer, Assessor Berhard Kuntz, für die Organisation und Betreuung der Stipendiaten verantwortlich.
Dr. Bernd KaiserDr. Joachim Kowollik
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