Telefonwerbung

Unerwünscht kommt oft

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Jeder hat die Erfahrung schon einmal gemacht: Das Telefon klingelt und kaum hält man den Hörer in der Hand, verspricht am anderen Ende der Leitung eine Stimme Traumgewinne oder preist günstige Telefontarife an. Die Anrufer sind hartnäckig und lassen sich kaum abwimmeln. Gerade in Zahnarztpraxen wittern sie reiche Beute. Oft rufen sie immer wieder an. Zuhause oder am Arbeitsplatz kann das zum echten Störfaktor werden. Das muss nicht sein. Es gibt Wege, die dreisten Werber loszuwerden.

Während der Arbeit haben Zahnärzte und Praxisteams alle Hände voll zu tun. Für unnötige Telefongespräche bleibt da keine Zeit. Besonders ärgerlich ist es daher, wenn Firmen ohne Erlaubnis anrufen, um ihre Angebote loszuwerden. Doch damit nicht genug. Nach Feierabend rollt die Werbetrommel weiter, so dass man sich auch zuhause mit den Anrufern herumschlagen muss oder ihre nervigen Nachrichten den Speicher des Anrufbeantworters füllen.

Härtere Bandagen

Eigentlich dürfte es das Problem gar nicht geben. Telefonische Werbung ohne ausdrückliche Erlaubnis des Angerufenen gilt nach dem „Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb“ (UWG) als „unzumutbare Belästigung“ und ist verboten. Unternehmer, die sich über diese Regelung hinwegsetzen, können von den Verbraucherschutzverbänden oder ihren Konkurrenten wegen unlauteren Wettbewerbs auf Schadensersatz verklagt werden.

Viele Unternehmer scheint das Strafmaß nicht abzuschrecken – wie die steigende Zahl der Werbeanrufe beweist. Wie das Bundesjustizministerium mitteilte, sind laut einer Umfrage knapp zwei Drittel der Bevölkerung in den letzten Monaten ohne vorherige Einwilligung von einem Unternehmen kontaktiert worden, 86 Prozent fühlten sich dadurch belästigt. Jetzt will die Politik härter durchgreifen und das UWG erweitern. So sollen Verbraucher in Zukunft Verträge, die sie am Telefon abgeschlossen haben, leichter widerrufen können. Das bedeutet vor allem für den Bereich Zeitungsabos, Wettund Lotteriedienstleistungen einen Fortschritt, wo es bislang kein Widerrufsrecht gab. Außerdem sollen Unternehmen sich nicht mehr auf Zustimmungserklärungen berufen können, die Verbraucher in einem anderen Zusammenhang oder nachträglich erteilt haben. Die vielleicht wichtigste Neuerung: Werbeanrufer dürfen künftig ihre Rufnummer nicht mehr unterdrücken. Justizministerin Brigitte Zypries will dafür das Telekommunikationsgesetz ändern.

Das Hintertürchen klappt zu

Die gesetzlichen Zügel fester anzuziehen, kann die Situation verbessern – muss aber nicht. Vor allen Dingen liegt es in den Händen der Betroffenen, den geplanten Gesetzen Nachdruck zu verleihen. Das wird nur funktionieren, wenn mehr Menschen Verstöße gegen das UWG bei den Behörden melden. Bisher machen nur wenige von dieser Möglichkeit Gebrauch.

Sehr bedauerlich findet das Rainer Münker, Präsidiumsmitglied der Wettbewerbszentrale in Bad Homburg. Solange sich diese Einstellung nicht ändert, nützen seiner Meinung nach auch neue Gesetze nichts: „Wir haben eine klare Rechtslage, und wir haben Sanktionsinstrumente. Bereits jetzt können Gerichte im Fall der Wiederholung Ordnungsgelder von bis zu 250 000 Euro verhängen. Die Schwierigkeit ist, dass Telefonieren so ein flüchtiges Medium ist. Kaum einer hat schriftliche Beweise. Nur selten will ein Verbraucher als Zeuge zur Verfügung stehen. Diese faktischen Schwierigkeiten bei der Beweisfrage sind der Kern des ganzen Problems. Ohne eine Mitwirkung des Verbrauchers kommen wir alle nicht weiter“, sagte er der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

Den Plänen des Justizministeriums steht Münker größtenteils skeptisch gegenüber. Zuviel Regulierung könne dem Markt schaden. Und damit auch jenen Unternehmen, die auf unseriöses Telemarketing verzichten.

Dass Unternehmen zukünftig bei Werbeanrufen ihre Rufnummer nicht mehr unterdrücken dürfen, hält er hingegen für sinnvoll. Auf diese Weise können unerwünschte Anrufe zurückverfolgt und der Gesprächspartner identifiziert werden. Unternehmen haben dann nicht länger die Möglichkeit zu behaupten, dass der Anrufer keiner ihrer Angestellten ist und sie selbst den Anruf nicht getätigt haben. Bisher machten sie von diesem Hintertürchen regen Gebrauch – oft erfolgreich. Zuletzt konnte zum Beispiel die Süddeutsche Klassenlotterie, gegen die am Münchner Landgericht ein Verfahren wegen aggressiver Telefonwerbung lief, mithilfe dieses Arguments eine Verurteilung abwenden.

So wehrt man sich

Guter Rat ist im Fall nerviger Telefonwerbung gar nicht teuer. Die Verbraucherzentrale Berlin hat zu diesem Thema eine Broschüre mit dem Titel „Kein Abschluss unter dieser Nummer“ herausgebracht. Sie beschreibt, wie Anrufer sich richtig verhalten. Auf Fragen mit Gegenfragen reagieren, lautet der erste Tipp. Mit wem spreche ich? Für welches Unternehmen rufen Sie an? Was ist der Grund Ihres Anrufs? – Wer so ins Gespräch startet, hat gute Karten, die lästigen Werber auf Dauer loszuwerden.

Wichtig: Verbraucher sollten die Informationen aufschreiben und sie später an die Wettbewerbs- oder Verbraucherzentrale weiterleiten. Am besten in Form einer eidesstattlichen Erklärung. Dabei sollten auch Datum und Uhrzeit des Anrufs genau notiert werden. Nur wenn die Angaben vollständig vorliegen, kann man offiziell gegen das Unternehmen Beschwerde einlegen – und hat die Chance zu gewinnen.

Anhand von zwei vorformulierten Texten zeigen die Berliner Verbraucherschützer, wie man das Gespräch richtig beendet. Welcher Ausstieg zu welcher Situation passt, hängt davon ab,

• ob die Angerufenen dem Unternehmen im Vorfeld erlaubt haben, sie per Telefon über neue Angebote zu informieren. Falls das nicht zutrifft, sollten sie so reagieren: Ihnen liegt kein Einverständnis von mir vor? Dann darf ich Sie darauf hinweisen, dass Ihr Anruf unerwünscht ist. Ich fordere Sie auf, meine von Ihnen gespeicherten Daten umgehend zu löschen. Ich werde die Einleitung eines wettbewerbswidrigen Verfahrens gegen Ihre Firma veranlassen. Zudem behalte ich mir eine Unterlassungsklage gegen Sie vor.

• Liegt ein Okay für Anrufe vor, lässt sich das so revidieren: Ihnen liegt mein Einverständnis vor? Dann darf ich Sie darauf hinweisen, dass Ihr Anruf unerwünscht ist. Ich fordere Sie auf, meine von Ihnen gespeicherten persönlichen Daten zu löschen und untersage jegliche weitere Nutzung.

Ein häufiges Problem ist, dass Verbraucher sich nicht daran erinnern, ob sie irgendwann bei einem Gewinnspiel angekreuzt haben, dass sie mit der Zusendung weiterer Werbung einverstanden sind. In diesem Fall argumentieren die abgemahnten Unternehmen, dass ihnen eine Einwilligung vorliegt. Deshalb empfiehlt es sich, Formulare immer genau durchzulesen und seine Kreuzchen mit Bedacht zu setzen. Und gegebenenfalls Werbepläne zu durchkreuzen. Noch ein Tipp: Ist man bereits Kunde bei einem Unternehmen, dürfen dessen Mitarbeiter nur anrufen, wenn sich der Anruf auf das Vertragsverhältnis bezieht. Wenn es um neue Angebote geht, sind Werbeanrufe unzulässig – es sei denn, dafür liegt ein konkretes Einverständnis vor.

Vorsicht Internet

Viele Menschen nutzen das Telefon, um ihre Einkäufe zu erledigen. Noch beliebter sind Streifzüge durch Onlinekaufhäuser. Kunden sollten sich mit ihren Rechten vertraut machen, damit sie nicht in eine der vielfältigen Fallen tappen. Zu mehr Vorsicht raten auch die Verbraucherschutzverbände.

Im Netz kursierende Angebote entpuppten sich oft als Abzocke. Besonders bei kostenlosen Angeboten empfiehlt es sich, beide Augen aufzuhalten.

Die Finger davon lassen sollten Verbraucher, wenn sie aufgefordert werden, ihre persönlichen Daten einzugeben. Bei Gratisangeboten ist das in der Regel nicht nötig. Geht man den Betrügern trotzdem ins Netz – zum Beispiel, weil die Preise im Kleingedruckten versteckt waren – hat man gute Chancen, sich gegen Zahlungen zu wehren. Häufig schon deswegen, weil über den Preis nicht ausreichend informiert wurde. In jedem Fall besteht die Möglichkeit, den Vertrag binnen zwei Wochen schriftlich zu widerrufen. Die Frist beginnt ab dem Moment, in dem der Verbraucher auf das Widerrufsrecht hingewiesen wurde. Wird nur Prospekt-Material angefordert, sollte klar gestellt werden, dass dies kein Vertragsabschluss ist und das anrufende Unternehmen die Kosten zu tragen hat.

Wer sich gegen unseriöse Anbieter zur Wehr setzt, muss vor allen Dingen Nerven bewahren. Oft werden Betroffene so stark unter Druck gesetzt, dass viele aus Angst vor zusätzlichen Kosten oder einem Rechtsverfahren dennoch zahlen.

Über den jüngsten Coup dreister Werber in Hessen berichtete jetzt die Frankfurter Rundschau: Ungebetene Anrufer versprachen entnervten Verbrauchern Schutz durch die Eintragung in deutsche Werbesperrlisten gegen Entgelt. Die Verbraucherzentralen raten dringend von einem derartigem Handel am Hörer ab, fordern vielmehr grundsätzlich die Nichtigkeit von am Telefon abgeschlossenen Verträgen. Prompt erhielten die Angerufenen denn auch wenige Tage nach dem jeweiligen Telefonat eine schriftliche Auftragsbestätigung nebst Rechnung über 64 Euro für den Eintrag in deutsche Werbesperrlisten. „Widerrufen Sie per Einschreiben mit Rückschein den angeblich am Telefon abgeschlossenen Vertrag“, empfahl Katharina Lawrence von der Verbraucherzentrale Hessen in der Zeitung: „Die 64 Euro können Sie sparen!“

Susanne TheisenFreie Journalistin in KölnSusanneTheisen@gmx.net

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