Unternehmer sein – Arzt bleiben

Die Balance halten

sg
Mehr denn je müssen Zahnärzte heutzutage die Balance halten – zwischen der Notwendigkeit, ihre Praxis wirtschaftlich zu führen einerseits, und ihrer medizinischen Berufung andererseits. Folgende Anregungen können dazu beitragen, die Gratwanderung zwischen Unternehmertum und Berufsethik zu meistern.

ZahnMedizin

Ohne medizinische Kompetenz kann keine Praxis langfristig Erfolg haben, das ist klar. Und eine fundierte, umfassende Ausbildung ist das Standbein jeder beruflichen Existenz. Doch angesichts des rasanten zahnmedizinischen Fortschritts ist eine kontinuierliche fachliche Fortbildung genauso essentiell für die Weiterentwicklung einer Praxis. Dabei sollte sich nicht nur der Zahnarzt allein, sondern das gesamte Praxisteam regelmäßig fortbilden und moderne Behandlungskonzepte wie Materialien kennen, um so die Sicherheit in Diagnose und Therapie garantieren zu können.

Achtung: Fortbildung kostet nicht nur Kurs- und eventuell Reisekosten, sondern vor allem auch wertvolle Behandlungszeit. Dies muss eingeplant und kalkuliert werden. Strategisch sinnvoll ist, sich gezielt entsprechend der Praxisausrichtung und der Behandlungsphilosophie in einzelnen Bereichen intensiv fortzubilden und sich hierfür einen Fortbildungsplan aufzustellen, statt viele verschiedene Bereiche nur ein wenig zu streifen.

Betriebswirtschaft

Betriebswirtschaftliche Angelegenheiten und das Controlling über die finanzielle Situation der Praxis werden gern an Steuerberater delegiert. Dieses Delegieren kann sich als kritisch erweisen, denn ein Zahnarzt als Mediziner und Unternehmer muss sich auch in den finanziellen Notwendigkeiten auskennen. Um erfolgreich praktizieren zu können, muss der Ablauf einer Zahnarztpraxis undedingt effizient und wirtschaftlich gestaltet werden – und dies sollte sich ausrichten an den beruflichen wie auch an den privaten Zielen des Zahnarztes.

Dafür muss der notwendige Stundensatz bekannt sein, mit dem erst einmal die Kosten pro Stunde gedeckt sind. Notwendig ist auch eine Ausgabentransparenz. Wie liegen die Kosten im Vergleich? Wo gibt es Einsparungspotentiale?

Auch der Zielumsatz ist zu definieren: Was muss der Zahnarzt mit seiner Praxis verdienen? Ist das Terminsystem überhaupt darauf ausgerichtet? Gibt es für das Team eine zumindest partielle Transparenz, zum Beispiel in Form von einer Mindestanzahl an Prophylaxebehandlungen?

In Schwierigkeiten kommen Zahnärzte meist aufgrund von Liquiditätsproblemen. Es ist deshalb wichtig, sich frühzeitig die folgenden Fragen zu stellen: Wie gestaltet sich die Liquidität der Praxis? Wann fallen die Steuern an? Was besagt die Vorausberechnung – sind bereits Rücklagen für die erwartete Steuernachzahlung zu bilden? Wie setzt sich die Privatentnahme zusammen? Und die kritische Frage: Ist diese bereits verdient?

Klare Ziele

Klare Ziele sind wesentlich, wenngleich diese nicht vom Himmel fallen. Zahnärzte sollten mit sich „in Klausur“ gehen und sich fragen, wie zufrieden sie sind. Beruflich genauso wie privat. Was möchte man wann erreichen? Welche Voraussetzungen sind dafür gegeben, welche Kompetenzen fehlen eventuell noch? Wer kann dabei Unterstützung bieten? Private und berufliche Koordinaten festzulegen, kann dabei helfen, ans Ziel zu gelangen.

Interne Organisation

Zahnärzte müssen selbstredend über die interne Organisation in ihrem Unternehmen Bescheid wissen. Dazu sollten sie sich über die verschiedenen Abläufe und deren Vorund Nachteile bewusst werden, denn oft bekommen sie lediglich die „Spitze des Eisbergs“ zu sehen. Wie schnell gerät eine stringente Praxisorganisation in ein diffuses Etwas – kein Wunder bei den sich häufenden Vorschriften, Regeln und der wachsenden Komplexität. Diese Probleme werden meist in den Bereichen Terminmanagement, Materialbestellung oder auch Hygiene spürbar. Die Ursachen finden sich oft in nicht optimalen Arbeitsabläufen und mangelndem Mitdenken der Teammitarbeiter.

Kommunikation

Zwar kann der Patient die Qualität einer Behandlung kaum beurteilen. Dennoch wird er sich voraussichtlich bewusst oder unbewusst Kriterien suchen, die auf Kompetenz und Vertrauenswürdigkeit schließen lassen. Hier werden jene Verhaltensmuster und Werte wichtig, die im direkten Kontakt mit dem Patienten vom Zahnarzt und dessen Team vermittelt werden. Dabei sind folgende Faktoren in der Kommunikation besonders wichtig:

• Terminmanagement

Nicht ohne Grund wird das Telefon als „Visitenkarte einer Praxis“ bezeichnet, denn es spielt in der direkten Patientenkommunikation eine wesentliche Rolle. Es gilt die Faustregel: Der erste Eindruck zählt. Welchen Eindruck vermittelt die Praxis nach außen? Ist ein freundliches Lächeln für den Patienten ,spürbar’? Wird ein klares Terminkonzept präsentiert? Wie lösungsorientiert wird auf Patientenwünsche eingegangen, ohne das Terminsystem aufzuweichen? Und wie wird die Praxis die attraktiven und von daher kostbaren Früh- oder Abendtermine vermitteln?

• Patientenberatung

Zahnärzte müssen ihre Patienten professionell aufklären können, denn die modernen und vom Patienten gewünschten Therapiekonzepte verlangen von den Patienten Eigeninvestitionen. Auch die langfristige finanzielle Absicherung des Behandlers ist zu berücksichtigen, was ohne Zuzahlerleistungen oft nicht mehr möglich ist. Notwendig hierfür ist die Entwicklung eines professionellen Beratungskonzepts, das am Ende zwei Gewinner ermöglicht – den Patienten und die Praxis.

• Das Beratungsgespräch

Zu Beginn eines Beratungsgesprächs sollte darauf geachtet werden, den Patienten mit Namen persönlich anzusprechen, ihn gegebenenfalls aus der Wartezone abzuholen und eine gleiche Sitzhöhe einzunehmen, so dass das Gespräch ‚auf gleicher Ebene’ stattfindet. Für die Gesprächsführung empfiehlt sich, jedem Patienten anfangs die wesentlichen W-Fragen zu stellen, um möglichst viel über seine Beschwerden oder Wünsche zu erfahren. Was ist ihm persönlich wichtig? Welches Bild hat er vor Augen, wie seine neuen Zähne aussehen sollen? Wovor hat er vielleicht auch Angst?

Über Hand- und Mundspiegel oder noch besser mit einer intraoralen Kamera können dem Patienten seine persönliche Mundsituation und seine speziellen Probleme aufgezeigt werden. In der ZahnMedizin gilt: Der Patient erwartet letztlich Leistungen, um Probleme wie Schmerz oder Zahnverlust zu vermeiden und die Ästhetik zu verbessern. Das sollte bei der Argumentation beachtet werden. Üben sollte der Zahnmediziner zudem, den Patienten den Preis seiner Versorgung klar und mit festem Blick zu nennen. Denn dies fällt Medizinern oft schwer. Dabei kann folgendes Vorgehen angewendet werden: Erstens das zusammengefasste Nennen der Leistungen, zweitens das Nennen des Preises und drittens die Vorteile und der Nutzen für den Patienten.

• Finanzberatung teil-delegieren

Denkbar ist auch, dass sich der Zahnarzt bei der Patientenaufklärung auf die zahnmedizinischen Aspekte konzentriert und den finanziellen Beratungspart teilweise an sein Team delegiert. Dies deshalb, weil es von Patienten manches Mal als angenehmer beschrieben wird, vom Praxisteam beraten zu werden, da hier keine finanziellen Interessen unterstellt werden. Zudem sind die Patienten dem Team gegenüber häufig auch „mutiger“ hinsichtlich von Verständnisfragen.

• Beratungs-Coaching

Die Basis für erfolgreiche Beratungen liegt ganz wesentlich auch in der optimalen Vorbereitung. Hierzu zählt etwa, genügend Beratungszeit einzuplanen. Aber auch ein einheitliches Beratungskonzept und ein in der Gesprächsführung professionelles Beratungsgespräch gehören dazu. Gegebenenfalls kann der Zahnarzt als „gutes Beispiel“ vorangehen und sich selbst von Profis darin coachen lassen. Im Anschluss wird dann auch das Team im Führen von professionellen Beratungsgesprächen trainiert.

Personalführung

Der Zahnarzt als Unternehmer und Mediziner sollte sich bewusst die Zeit nehmen, seine Strategie und Ziele gegenüber seinem Team klar zu kommunizieren. Wichtig ist dabei, dass das Team einen eigenen Nutzen in den Zielen erkennt. Denn ein wichtiger Baustein zum Gesamterfolg der Praxis stellt das aktive Einbeziehen des Teams in die Ziel-Umsetzung dar. Hierbei gilt es sowohl Meinungen als auch Ideen der Mitarbeiter zu berücksichtigen.

• Regelmäßige Teambesprechungen

Der Zahnarzt definiert gemeinsam mit dem Team die Ziele bis zum nächsten Termin – und kontrolliert deren Umsetzung anhand eines Protokolls zu Beginn des nächsten Meetings. Auch kann es sinnvoll sein, täglich eine kurze Morgenbesprechung mit dem Team durchzuführen. So können Behandlungen optimal vorbereitet und „Unwägbarkeiten“ aus dem Weg geräumt werden.

Controlling

Besonders effektiv ist es, wenn der Zahnarzt seine Ziele regelmäßig überprüft, auch um zu sehen, wie realistisch sie waren. Die Überprüfungen können auch genutzt werden, um das Team für erreichte Ziele zu loben oder zu mehr Einsatz anzuspornen, wenn sie noch nicht erreicht wurden.

Strategieplanung

Wird die Praxis in Form einer Gemeinschaftspraxis geführt, so empfiehlt sich zur besseren Abstimmung, mindestens einen festen Strategietag pro Jahr – und dies möglichst außerhalb der Praxis – einzuplanen. Dabei sollten ein Resümee aus dem abgeschlossenen Geschäftsjahr gezogen und die Erkenntnisse umgehend in die Planung des neuen einbezogen werden.

Feste Bürotage

Sie dienen der Kontrolle der eigenen Vorgaben und der des Teams und sichern die Umsetzung. Werden die Arbeitsabläufe und Ziele optimal umgesetzt? Wie ist die Stimmung im Team? Wo sieht der „Unternehmer“ noch Verbesserungspotential?

Personalgespräche

Der Zahnarzt sollte es sich zudem als Ziel setzen, sein Team besser kennen zu lernen. Auf persönlicher Ebene empfehlen sich neben gemeinsamen Team-Veranstaltungen mindestens einmal pro Jahr außerhalb der Praxiszeit auch regelmäßige Personalentwicklungsgespräche. Das Festlegen gemeinsamer Stellenbeschreibungen, in denen die persönlichen Qualifikationen und die Ziele des einzelnen Mitarbeiters berücksichtigt werden, schaffen zusätzlich Vertrauen, Loyalität und Zufriedenheit. Überprüfen sollte die Führungskraft zudem auch, ob die Aufgaben gerecht verteilt sind.

Präsentation

Angesichts der Vielfältigkeit der zahnmedizinischen Angebote von Mitbewerbern und Kollegen kann es von Vorteil sein, eine eigene Unternehmensidentität („Corporate Identity“) zu entwickeln und ein klares Profil der Praxis nach außen zu vermitteln. Dies kann mittels visueller Elemente wie ein eigenes Logo auf den Kommunikationsmitteln (Briefe, Visitenkarten oder Recall-Terminzettel) dargestellt werden. So kann die Wirkung nach außen gezielt gesteuert werden. Auch Patienteninformationen oder ein aktueller Internetauftritt können geeignete Mittel der Außendarstellung sein.

Agieren statt reagieren

Zugegeben: Diese Optionen sind vielfältig und können unterschiedlich gehandhabt werden. Wesentlich ist jedoch, dass sich der Zahnarzt als Unternehmer damit aktiv auseinandersetzt, sie analysiert und versteht, damit er agieren kann, statt reagieren zu müssen. Nur so kann sich der Mediziner dann auch voll auf seine Therapien und Behandlungen konzentrieren.

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