BZÄK-Klausurtagung in Frankfurt/M.

Handeln mit Blick in die Zukunft

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Die Zukunft der zahnärztlichen Berufsausübung stand im Mittelpunkt der Beratungen des Vorstands der BZÄK auf seiner Klausurtagung Anfang Juni in Frankfurt/M. Es galt, sich rechtzeitig mit den neuen Herausforderungen für den Berufsstand auseinanderzusetzen Denn: Gesellschaftliche wie gesundheitspolitische Veränderungen erfordern neue Handlungskonzepte und Denkweisen.

„Wir dürfen nicht reagieren, sondern müssen selbst agieren“, forderte BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel in seiner einleitenden Analyse der gegenwärtigen Ist-Situation für die Zahnärzteschaft. Es komme für den Berufsstand darauf an, sich den gesellschaftlichen und gesundheitspolitischen Veränderungen zu stellen, aus denen sich ganz konkrete Handlungsanforderungen für die politische Arbeit ergäben. Engel nannte als Beispiele die zunehmende Regelungsdichte seitens der EU, die Konsequenzen aus dem Bologna-Prozess und die wachsende Verrechtlichung und Vergewerblichung der Profession. Entwicklungen hin zu Dentaldiscountern prägten den Markt, demographische Veränderungen in der Patientenschaft sowie die zunehmende Feminisierung im Berufsstand erforderten neue Denkweisen. Auch angesichts der bevorstehenden Bundestagswahl sei es wichtig, sich als Berufsstand zu positionieren. Der Präsident verwies auf die wichtige Rolle der Freien Berufe in der Gesellschaft, die zur Stabilität im politischen wie wirtschaftlichen Bereich beitrügen. Sein Plädoyer: „Wir Zahnärzte müssen unsere eigenen Gedanken und Vorstellungen entwickeln.“

Trends und Szenarien

Einen Blick in die Zukunft warf Michael Steiner, Geschäftsfeldleiter Gesundheit und Soziales bei der Prognos AG. Er skizzierte Szenarien für das Gesundheitswesen bis zum Jahr 2030, zeigte gesellschaftliche Trends auf und ging auf neu zu erwartende Strukturen und Perspektiven ein. Er wies darauf hin, dass die Geburtenrate sinken und die Lebenserwartung steigen werde. Trotz Zuwanderung werde ein Bevölkerungsrückgang zu verzeichnen sein. Der Anteil Älterer werde steigen, vor allem der Osten Deutschlands werde von Abwanderungen betroffen sein. Künftig werde es mehr Single-Haushalte geben, eine Sockel-Arbeitslosigkeit werde bleiben und der Fachkräftemangel werde steigen. Der Dienstleistungssektor – wie etwa im Gesundheitswesen – werde verstärkt eine Rolle spielen.

Für die Zahnmedizin prognostizierte Steiner, dass diese Teil eines Wachstumsmarktes sei. Jedoch müsse man mit mehr Wettbewerb um qualifizierte Arbeitskräfte rechnen, das Durchschnittsalter der Mitarbeiter steige, Kunden würden älter und stellten veränderte Präferenzen. Es sei zu erwarten, dass sich diese Faktoren auf die Tätigkeit des Zahnarztes auswirken. Hinzu komme die wachsende Feminisierung im Berufsstand, was langfristig zu strukturellen Veränderungen in der Berufsausübung führen könne.

Dr. Jürgen Karsten, Advision Steuerberatungsgesellschaft mbH Berlin, ging auf Veränderungen im Gesundheitswesen unter den Gesichtspunkten der Wirtschaftlichkeit und Strukturanpassung ein. Der Zahnarzt stehe zunehmend im Wettbewerb. Mögliche Folgen seien verstärkt Wünsche nach Anstellungsverhältnissen. Reaktionen auf die Strukturanpassungen unter Wirtschaftlichkeitsaspekten könnten in der Ausweitung von Ärzte-Netzen und Franchise-Systemen liegen. Auch kooperative Leistungserbringungen, Spezialisierungen oder Standardisierungsprozesse könnten eine größere Rolle spielen.

Die Referate regten eine eingehende Diskussion im Vorstand an, die eine Vielzahl von Themen anstieß und die auch kritisch geführt wurde. Dies betraf umfassende Aspekte der zahnärztlichen Wertvorstellungen, des Versorgungsalltags bis hin zu künftigen Aufgabenstellungen der Kammern.

Neue Strukturen

Auf dem Programm der Klausurtagung stand ein weiterer Themenkomplex, der sich mit neuen Strukturen im Gesundheitswesen auseinandersetzte. Dazu erläuterte Prof. Dr. Johann Eeckhoff, Institut für Wirtschaftspolitik der Universität Köln und Mitglied des Consiliums der BZÄK, sein Modell der Bürgerprivatversicherung, bei dem es um die Übertragbarkeit von Altersrückstellungen im PKV-Bereich und um die Finanzierung der GKV durch Gesundheitspauschalen geht. Die zunehmende Steuerfinanzierung im Gesundheitswesen führe zu einer dauerhaften Unterfinanzierung, verbunden mit einer Abnahme der Innovationsfähigkeit und steigenden Versorgungsengpässen. Die Folge: ein zunehmender politischer Handlungsdruck. Eine mögliche Lösung hierbei könne laut Eeckhoff die Bürgerprivatversicherung sein. Dieses Modell stärke den Kosten- und Qualitätswettbewerb. Umverteilungsmechanismen seien von Versicherungsleistungen zu trennen und die GKV sei in eine PKV umzuwandeln, um demographische Belastungen des Systems aufzufangen.

Prof. Dr. Günter Neubauer, Institut für Gesundheitsökonomik der Universität München, skizzierte Gedanken und Vorschläge zur GOZ-Novellierung. Er gab einen Sachstand über die derzeitige Entwicklung, ging auf die Unterschiede zwischen GKV und PKV ein und erläuterte die Rolle der HOZ. Mit Blick auf die Zukunft prognostizierte er gewaltige Finanzierungsprobleme des Staates und der Sozialversicherung. Etwaigen Wahlgeschenken 2009 folgten unweigerlich „Jahre der Wahrheit“ mit der Einforderung von Zusatzbeiträgen für die Kassen, Steuerausfällen des Staates und Neuverschuldungen. Die Zahnärzteschaft müsse sich mit vielen offenen Fragen auseinandersetzen, so zum Beispiel: Wie entwickelt sich die GKV zur PKV? Bleibt die zahnärztliche Versorgung Teil einer GKV-Basisversorgung? Ist ein Festzuschuss auch für konservierende Leistungen denkbar? Er empfahl ein Grundsatzprogramm der BZÄK für die Weiterentwicklung der privatzahnärztlichen Versorgung über die GOZ hinaus.

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