Reformen wecken Ängste
GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz, Selektivverträge, Gesundheitsfonds, Morbi-RSA – vor dem Hintergrund der einschneidenden Umwälzungen im Gesundheitswesen wollte die KBV in ihrer dritten Versichertenbefragung vor allem wissen: Wie bewerten die Versicherten die Veränderungen, wie schätzen sie ihre Versorgung im Krankheitsfall ein und was erwarten sie in Zukunft?
Fazit: Im Falle einer Erkrankung fühlen sich die meisten Menschen in Deutschland gut abgesichert. „Insgesamt 77 Prozent der Bürger sprechen von einer guten oder sehr guten Absicherung im Krankheitsfall. Das spricht eindeutig auch für die hohe Qualität der wohnortnahen ambulanten Versorgung“, hob KBVChef Dr. Andreas Köhler bei der Präsentation der Ergebnisse hervor. Unterm Strich wird die persönliche Absicherung allerdings als deutlich besser empfunden als das Gesundheitswesen insgesamt.
Vertrauter Arzt, wohnortnahe Praxis
Neben Fragen zur ärztlichen Versorgung und zu Hausarztverträgen beantworteten die Versicherten auch Fragen zu Präferenzen beim Arztbesuch. Für 87 Prozent ist beim Praxisbesuch die Behandlung durch denselben Arzt sehr wichtig oder doch zumindest wichtig. Dass mehrere Mediziner am selben Ort erreichbar sind, hat für die meisten Befragten hingegen keine hohe Bedeutung. „Das spricht eindeutig dafür, dass die Patienten der Kontinuität der Behandlung durch ihren Arzt des Vertrauens einen sehr hohen Stellenwert einräumen“, betonte Köhler. Das heißt, die Deutschen wollen behalten, was sie haben: ihren Arzt in Wohnortnähe.
Besonders interessant aus Sicht der KBV: das Verhältnis der gesetzlich Versicherten zur hausarztzentrierten Versorgung. Gut 70 Prozent der Befragten gaben an, bereits einmal von einem Hausarztmodell gehört zu haben. Inzwischen nehmen über 30 Prozent daran teil, im Vorjahr nur knapp 20 Prozent. Dagegen sind die neuen Versorgungsformen, die die Kassen ihren Versicherten anbieten sollen, nur unterdurchschnittlich bekannt: Weniger als die Hälfte weiß davon. Jedoch gaben 69 Prozent (2008 waren es 75 Prozent) davon an, an ihrer medizinischen Versorgung habe sich seither nichts geändert. „Gleichbleibend gering ist mit 13 Prozent die Zahl derer, die eine Verbesserung empfinden“, sagte KBV-Vorstand Dr. Carl-Heinz Müller. Die Zahl der Befragten, die sich seit ihrer Teilnahme an der hausarztzentrierten Versorgung schlechter versorgt fühlen, stieg demnach sogar von neun auf 14 Prozent. „Für Versicherte wird anscheinend gar nicht deutlich, welchen Sinn hausarztzentrierte Versorgungsmodelle haben“, resümierte Müller. Was insgesamt erwartet wird: eine bessere Kooperation der Hausund Fachärzte untereinander, kürzere Wartezeiten und schnellere Termine.
Halb zufrieden
Wie aber wirken sich die gesundheitspolitischen Veränderungen auf die Absicherung aus? Überwiegend glauben die Deutschen nicht an Verbesserungen ihrer gesundheitlichen Versorgung. Eine knappe Mehrheit geht sogar davon aus, dass sie sich tendenziell eher verschlechtert, viele spüren allerdings keine Veränderungen.
Insgesamt ist die Zufriedenheit mit der Absicherung im Krankheitsfall in Deutschland nach wie vor hoch; jedoch meint immerhin ein Viertel der GKV-Versicherten, sie seien eher schlecht abgesichert. Bei privat Versicherten sind das nur zehn Prozent. Die Zufriedenheit in der PKV ist also spürbar höher. Dennoch gibt es offensichtlich große Befürchtungen, dass gesetzliche Veränderungen das erfolgreiche Modell der privaten Krankenvollversicherung mittel- bis langfristig zerstören könnten, mutmaßte Köhler. Zum Gesundheitsfonds und dem einheitlichen GKV-Beitragssatz: Nur ein Viertel ist der Ansicht, dass der Einheitsbeitrag zur Gleichbehandlung aller Versicherten führen wird. Dass der Einheitssatz sich auf das Leistungsspektrum der Kassen auswirkt, bezweifeln freilich fast 60 Prozent. 16 Prozent erwarten mehr Leistungen als bisher und 17 Prozent weniger. Ähnlich fallen die Antworten beim Thema „Zusatzbeitrag“ aus. Knapp 60 Prozent denken, dass weder Zusatzbeiträge erhoben werden, noch eine Beitragsrückerstattung zu erwarten ist. Fast ein Viertel befürchtet Zusatzprämien und nur elf Prozent rechnen mit einem Bonus.