Fortschritte bei der Therapie des Leberzellkarzinoms
Problematisch ist die Behandlung des Leberzellkarzinoms, weil dieser Tumor weder auf die herkömmliche Chemotherapie noch auf eine Radiotherapie anspricht. Mit der „Targeted Therapy“ gibt es nun aber eine weitere Säule in der Krebstherapie und dies schlägt sich auch in verbesserten Möglichkeiten bei der Bekämpfung von fortgeschrittenem Leberkrebs nieder. „Es ist endlich Bewegung in die Behandlung gekommen“, berichtete Professor Dr. Peter R. Galle aus Mainz dort bei der III. Falk Gastro-Konferenz.
Zielgerichtet gegen das hepatozelluläre Karzinom
Gleich zwei neue Wirkstoffe wurden nach seinen Worten in jüngster Zeit zur Therapie des fortgeschrittenen hepatozellulären Karzinoms zugelassen. Es handelt sich zum einen um Sorafenib, einen so genannten Multikinasehemmer, der das Weiterleiten von Wachstumssignalen in den Krebszellen unterbindet. Der zweite Wirkstoff ist Bevacizumab, ein Antikörper gegen den Wachstumsfaktor VEGF (Vascular Endothelial Growth Factor), der die Neubildung von Blutgefäßen hemmt, über die der Tumor sich mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt.
Beide Wirkstoffe behindern damit über unterschiedliche Angriffspunkte das Tumorwachstum und für beide Substanzen wurden in klinischen Studien eine Progressionshemmung und verlängerte Überlebenszeiten der Patienten nachgewiesen. „Damit ist quasi ein Tor bei der Therapie des fortgeschrittenen Leberzellkarzinoms aufgestoßen worden“, so Galle. Der Gastroenterologe geht davon aus, dass sich die Therapiechancen in absehbarer Zukunft durch weitere neue Wirkstoffe aus dem Bereich der „Targeted Therapy“ noch erweitern werden. Hoffnungen gründen sich nach seinen Worten außerdem auf verbesserte Behandlungsergebnisse durch die Kombination der verschiedenen neuen Wirkprinzipien.
Bestrahlung von innen heraus
Davon unabhängig wurden jüngst auch auf einer völlig anderen Ebene Fortschritte bei der Leberkrebs-Behandlung gemeldet: Radiologen und Nuklearmediziner aus München rücken dem Tumor mit radioaktiven Mikrokügelchen zu Leibe. „Selektive interne Radiotherapie“, kurz SIRT, heißt das Verfahren, das in Australien entwickelt wurde und mit dem sich Lebertumore direkt in der Leber bestrahlen lassen. Mehr als 220 Patienten wurden am Klinikum der Universität München bereits behandelt. „Wir setzen SIRT aber erst ein, wenn alle anderen Therapiemaßnahmen versagt haben, wenn also eine Operation nicht möglich ist und die gängigen Chemotherapie-Schemata und auch andere Methoden wie die Radiofrequenzablation keinen Erfolg gezeigt haben“, erklärte dazu Dr. Ralf-Thorsten Hoffmann, München.
Bei dem Verfahren wird über die Leberarterie ein an Kunstharzpartikel gekoppelter Betastrahler (Yttrium 90) in die Leber infundiert. Die Mikrokügelchen, die einen Durchmesser von etwa 30 bis 40 Mikrometer haben, reichern sich bevorzugt im Tumorgewebe an, gesunde Leberbereiche werden kaum geschädigt, so Hoffmann. Mit dem Blutstrom gelangen die Mikrokügelchen in die kleinsten Kapillaren der tumorversorgenden Gefäße, verlegen diese und bestrahlen den Tumor somit von innen heraus. „Der Krebs wird so nicht nur bestrahlt, sondern gleichzeitig auch von seiner Blutversorgung abgeschnitten“, berichtet der Münchner Radiologe.
Möglich ist das Verfahren bei primären Lebertumoren und auch Lebermetastasen, weil diese vorwiegend über die Leberarterie versorgt werden, während die Blutversorgung der gesunden Leber vor allem über die Pfortader erfolgt. Die Methode ist für die Patienten wenig belastend. Sie führt je nach Art des Tumors laut Dr. Tobias Jakobs aus der Münchner Arbeitsgruppe bei 35 bis 65 Prozent der Lebermetastasen und Lebertumore zur Stabilisierung oder sogar zur Schrumpfung. Das ist nach seinen Worten bei den praktisch „austherapierten“ Patienten ein gutes Ergebnis, wenngleich volle Remissionen durch SIRT nur selten induziert werden: „Doch wir erreichen mit der nur einmaligen Behandlung in aller Regel eine Lebensverlängerung bei gleichzeitig guter Lebensqualität“, so der Mediziner.
Christine VetterMerkenicher Str. 22450735 Köln