Nur Heilbehandlungen steuerbefreit
Der entscheidende Begriff ist hierbei „Heilbehandlung“. Es ist nicht so, dass alle beruflichen Tätigkeiten eines Zahnarztes umsatzsteuerfrei sind, sondern nur die von ihm vorgenommenen Heilbehandlungen. Darunter sind nach der Auffassung des BMF „Tätigkeiten, die zum Zwecke der Vorbeugung, Diagnose, Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen bei Menschen vorgenommen werden“ zu verstehen. Weiter heißt es: „Die befreiten Leistungen müssen dem Schutz der Gesundheit des Betroffenen dienen.“
Unter diese Definition fallen problemlos die klassischen zahnärztlichen Behandlungsmaßnahmen wie 01-Befund, Zahnsteinentfernungen, Füllungen, Zahnersatz oder PAR-Behandlungen. Alle diese Leistungen sind umsatzsteuerfrei. Allerdings gibt es eine Reihe von Tätigkeiten eines Zahnarztes, die nicht umsatzsteuerbefreit sind, da sie nicht der Gesundheit des Betroffenen dienen.
Nicht umsatzsteuerbefreit
Zunächst geht es dabei um eine schriftstellerische oder wissenschaftliche Tätigkeit. Wenn also beispielsweise ein Zahnarzt in Fachzeitschriften Artikel über Behandlungsmethoden schreibt, ist das dafür erlangte Honorar umsatzsteuerpflichtig. Dies gilt auch dann, wenn es sich um Artikel in zahnärztlichen Fachzeitschriften handelt.
Ebenso ist das Honorar für Vorträge umsatzsteuerpflichtig. denn wenn ein Zahnarzt vor Fachkollegen einen Vortrag über Behandlungsmethoden hält, handelt es sich nicht um eine umsatzsteuerfreie Tätigkeit. Nicht selten werden Zahnärzte gebeten, ein Zeugnis über den Zahnzustand eines Patienten zu erstellen, das dieser einer Versicherungsgesellschaft vorlegen will. Auch diese Tätigkeit dient nicht der Gesundheit des Betroffenen und ist deshalb nicht umsatzsteuerfrei.
Eine erhebliche Gefahr sind so genannte Schönheitsbehandlungen. Hierzu hat der Bundesfinanzhof schon am 15.07.2004 (Az. V R 27/03) festgestellt, dass „Schönheitsoperationen“ eines Arztes für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie nicht umsatzsteuerbefreit sind. Es ist nicht damit zu rechnen, dass diese Rechtsprechung in absehbarer Zeit aufgegeben wird. Deshalb sind auch alle Behandlungen eines Zahnarztes, die nur der Schönheit dienen, umsatzsteuerpflichtig.
Indikation dokumentieren
Allerdings dürfte die Abgrenzung in der Praxis schwierig sein. Im neuen BMF-Schreiben heißt es hierzu, dass „ästhetisch-plastische Leistungen, soweit ein therapeutisches Ziel nicht im Vordergrund steht“ nicht umsatzsteuerbefreit sind. Nach Auffassung des BMF kann ein Indiz hierfür sein, dass die Kosten der fraglichen Behandlung regelmäßig nicht durch Krankenversicherungen übernommen werden. Diese Formulierungen lassen darauf schließen, dass ein ästhetischer Nebeneffekt die Umsatzsteuerpflicht noch nicht auslöst. Also dürfte die Keramik-Verblendung auf einer medizinisch indizierten Krone nicht zu einer Umsatzsteuerpflicht führen. Ebenso dürfte es bei Veneers sein, die der Versorgung einer kariösen Kavität dienen. Anders dürfte es aussehen, wenn das Veneer nur aus ästhetischen Gründen eingegliedert wird. Es empfiehlt sich, in jedem Einzelfall die medizinische Indikation für die vorgenommene Behandlung sorgfältig zu dokumentieren.
Laborleistungen
Steuerbefreit ist nur die Heilbehandlung durch den Zahnarzt, nicht jedoch die Anfertigung von Zahnersatz. Deshalb ist hierauf Umsatzsteuer zu erheben und an das Finanzamt abzuführen. Soweit der Zahnersatz von einem gewerblichen Labor bezogen wird, trifft diese Pflicht das Labor, der Zahnarzt gibt nur den ihm in Rechnung gestellten Betrag, der die Umsatzsteuer enthält, weiter. Wird der Zahnersatz allerdings im praxiseigenen Labor hergestellt, muss der Zahnarzt die Umsatzsteuer selbst auf den Nettopreis aufschlagen und an das Finanzamt abführen.
Schon das letzte Beispiel zeigt, dass es für die Frage nach der Umsatzsteuer nicht darauf ankommt, wer die betreffende Leistung ausgeführt hat. Handelt es sich also um eine Heilbehandlung, ist diese umsatzsteuerbefreit, unabhängig davon, ob sie von einem niedergelassenen Zahnarzt oder einem angestellten Zahnarzt ausgeführt wird. Handelt es sich umgekehrt nicht um eine Heilbehandlung, tritt die Umsatzsteuerpflicht auch dann ein, wenn ein approbierter Zahnarzt tätig wurde.
Vorsteuer
Abschließend sei noch auf zwei Punkte hingewiesen: Zunächst kann ein Zahnarzt, der umsatzsteuerpflichtige Leistungen erbringt, die so genannte Vorsteuer abziehen. Das heißt, er kann die an seine Lieferanten gezahlte Umsatzsteuer von seiner eingenommenen Umsatzsteuer abziehen und muss nur die Differenz abführen. Beispiel: Wird in seinem Praxislabor eine Krone erstellt, muss er darauf Umsatzsteuer erheben. Er kann jedoch die Umsatzsteuer auf die von für die Anfertigung der Kronen gekauften Materialien, wie etwa Einbettmassen, abziehen, da diese ja schon von seinem Lieferanten abgeführt wurde.
Weiter wird die Umsatzsteuer nach § 19 Abs. 1 UStG nicht erhoben, wenn der umsatzsteuerpflichtige Umsatz im Vorjahr 17 500 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Jahr 50 000 Euro nicht übersteigen wird. Werden also im Laufe des Jahres nur wenige Gutachten erstellt oder nicht medizinisch indizierte Veneers eingegliedert, muss keine Umsatzsteuer aufgeschlagen und abgeführt werden.
Dr. med. dent. Wieland SchinnenburgFachanwalt für MedizinrechtLerchenfeld 322081 Hamburg