Leitartikel

Fest geerdet

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

mit der neuen Bundesregierung setzt die Zahnärzteschaft auf frische Impulse für die Gesundheitspolitik. Damit verknüpft sie die Erwartung, dass das Gesundheitswesen endlich an die gegebenen nationalen und europäischen Realitäten angepasst wird. Denn der durch die Wirtschaftsund Finanzkrise bedingte Vertrauenseinbruch, der quer durch die ganze Gesellschaft geht, schafft Druck und Handlungsbedarf.

Freilich ist nicht nur die Politik am Zuge. Die Gesellschaft ist im Wandel begriffen, das betrifft auch die Freien Berufe und damit die Zahnärzteschaft. Sie stehen im Spannungsfeld von sozialen, politischen, ökonomischen und kulturellen Einflüssen. Deshalb sollten sie aus ihrer Selbstverpflichtung heraus eine Vorbildfunktion übernehmen. Der Berufsstand selbst sollte eine stabile Größe darstellen, um zum Wohle der Patienten, aber auch mit Blick auf die Gesamtgesellschaft zur Schaffung einer gesunden Vertrauensbasis beizutragen.

Unser Fundament ist die Freiberuflichkeit, die auf zwei Säulen fußt: Fachliche Unabhängigkeit und Gemeinwohlbezug. In diesem Sinne sollten wir Position beziehen und unsere Rechte, aber auch unsere Pflichten wahrnehmen. Der Berufsstand muss festlegen, was er – auch unter geänderten Rahmenbedingungen – im Versorgungsalltag unter Freiberuflichkeit versteht. Er muss – unter Beobachtung gesellschaftlicher Trends – definieren, welchen Grundwerten er sich zuwendet und welche Rolle er künftig in der Gesellschaft spielen will. Wichtig ist, dass er nicht nur auf gesundheitspolitische Entscheidungen reagieren darf, sondern aus seiner freiberuflichen Selbstverpflichtung heraus Prozesse aktiv angeht und vorantreibt.

Die Herausforderungen an den Berufsstand sind groß. Sie beginnen auf der Makroebene bei der Weiterentwicklung des Gesundheitswesens und enden auf der Mikroebene bei der Interaktion des Zahnarztes mit seinem Patienten. Es gilt, die freiberufliche Berufsausübung zu gewährleisten, auch unter geänderten Bedingungen. Dazu zählen etwa – um nur einige Beispiele zu nennen – die Liberalisierung des Berufsrechts, der steigende Frauenanteil in der Kollegenschaft, die wachsende Informationsgesellschaft, die verstärkte Patientenorientierung, die zunehmende Entwicklung der Zahnmedizin hin zu einem integralen Bestandteil der Medizin, oder neue Tendenzen der Aus-, Fort- und Weiterbildung. Fragen der Qualitätssicherung werden für die Gesundheitsberufe eine immer stärkere Rolle spielen. Hier kann sich der Berufsstand durch Selbstverpflichtung aktiv einbringen, um fremdbestimmte Regelungen staatlicherseits im Vorfeld einzudämmen.

Eines der wichtigsten berufspolitischen Themen ist und bleibt die Novellierung der GOZ. Sie dient dem Interessensausgleich zwischen dem Zahnarzt und seinem Patienten. Die Gebührenhöhe muss nach transparenten wirtschaftlichen Kriterien bestimmt und die Leistungsinhalte müssen auf der Basis neuester wissenschaftlicher Erkenntnisse beschrieben werden. Wir haben unsere Vorarbeiten getan, nun ist die Politik am Zuge. Ganz konkret erwartet die Zahnärzteschaft einen konstruktiven Dialog mit der neuen Regierung zur nachhaltigen Neustrukturierung der GOZ.

Bei der Gestaltung der Professionspolitik kommt der zahnärztlichen Selbstverwaltung eine große Rolle zu. Diversifizierungstendenzen und zunehmende Restriktionen bei der Berufsausübung erfordern eine einheitliche Professionsauffassung. Der einzelne Zahnarzt besitzt entsprechende Einflussmöglichkeiten über seine Kammer. Deshalb muss die Selbstverwaltung der Ärzte und Zahnärzte als starke Interessenvertretung und Diskussionsforum ihrer Mitglieder erhalten bleiben.

Über all dies gilt es, mit der neuen Regierung ins Gespräch zu gehen. Die deutsche Zahnärzteschaft steht dazu – fest geerdet auf dem Boden des freiberuflichen Selbstverständnisses – mit ihrer Fachkompetenz zur Verfügung.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Dietmar OesterreichVizepräsident der Bundeszahnärztekammer

Hierzu findet sich in diesem Heft auch ein Beitrag von Dr. Oesterreich „Freiberuflichkeit ist aktive Professionspolitik“.

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