Klassische Fehler vermeiden
Gerade aus missverständlich formulierten Abfindungsklauseln erfolgen häufig Interpretations- und Umsetzungsschwierigkeiten. Um bei der Trennung von zahnärztlichen Verbünden die Höhe der Abfindung klären zu können, werden in der Regel Sachverständige eingesetzt. Können sich die Parteien nicht auf einen Gutachter einigen, muss zwangsläufig einer benannt werden. Öffentlich bestellte Sachverständige für die Bewertung von Praxen werden fast ausnahmslos durch die Industrie- und Handelskammern benannt. Diese sollen zunächst einmal eine Praxis bewerten, damit dann die Abfindung entsprechend dem Praxisanteil des ausscheidenden Gesellschafters ermittelt werden kann. Werden in Abfindungsklauseln hierzu falsche Regelungen getroffen, können die vertraglichen Vorgaben bereits aufgrund der Nichtdurchführbarkeit der Klauseln scheitern. Auch in Sozietätsverträgen oft gemachte Verweise auf Bewertungsrichtlinien der Kassenzahnärztlichen Vereinigung (KZV) oder der Zahnärztekammer können zur Nichtdurchführbarkeit der Klausel führen, da derartige Richtlinien gar nicht existieren.
Vertragliche Weisung
Bei der Praxisbewertung sind Probleme vorgezeichnet, wenn in Verträgen bestimmte Bewertungsansätze festgeschrieben sind, anhand derer die Bewertung vorzunehmen ist. Denn üblicherweise wird der Sachverständige als neutraler Gutachter grundsätzlich einen „objektivierten“ Wert ermitteln. Für die Bewertung wird in der Regel auf ein Verfahren abgestellt, das alle wesentlichen Parameter einer Unternehmung ausreichend berücksichtigt und wertschätzt. Weil sich zahnärztliche Praxen entgegen teilweise verbreiteter Meinungen problemlos unter den betriebswirtschaftlichen Unternehmensbegriff subsumieren lassen, sind damit für deren Bewertung die wissenschaftlich anerkannten Bewertungsverfahren, das (modifizierte) Ertragswertverfahren und die Discounted-Cash-Flow-Verfahren, als fundiert zu beurteilen.
Äußerst problematisch sind Klauseln, die vorsehen, zur Praxiswertermittlung mehrere Bewertungsmethoden zu vermischen, um anschließende einen Mittelwert zu errechnen. Es ist kaum vorstellbar, dass sich hierbei reale Praxiswerte ergeben, ferner kann die Spannbreite zwischen den einzelnen Werten sehr groß ausfallen.
Werden Bewertungsverfahren diktiert, die nicht mit den Grundsätzen ordnungsmäßiger Unternehmensbewertung vereinbar sind (wie etwa Berechnungen nach Faustformeln), lassen sich keine objektivierten Praxiswerte berechnen. Auch eine vielleicht gut gemeinte Regelung, bei der Bewertung möge man Umsatztendenzen berücksichtigen, kann erhebliches Kopfzerbrechen bereiten. Es bleibt dann beispielsweise unklar, ob es sich dabei um eine vorausschauende Prognose, oder um eine Betrachtung der Umsätze ab einem fest definierten Bewertungsstichtag handeln soll.
Pauschale Klauseln
Nicht selten finden sich pauschale Abfindungsklauseln in den Verträgen. So wie etwa die Regelung, zur Festlegung des ideellen Wertes einer Praxis, den Gewinn vergangener Jahre mit einem willkürlichen Faktor zu multiplizieren. Beispiel: Der ideelle Wert setzt sich zusammen aus dem Durchschnittsgewinn der letzten drei Jahre mal drei. Dadurch entsteht die Streitfrage, warum die Bewertung nicht zukunftsorientiert ausgerichtet ist. Außerdem kann in diesem Fall die Bezugsgröße „Gewinn“ Interpretationsprobleme bereiten: Darunter könnte der steuerliche Gewinn, der kalkulatorische, oder der Gewinn vor Abschreibungen und Zinsen gemeint sein. Darüber hinaus führen derartig pauschale Klauseln bei hohen Multiplikationsfaktoren oftmals zu völlig überhöhten Abfindungsansprüchen.
Kommt es dabei gar zu signifikanten Diskrepanzen zum tatsächlichen Wert, kann der Vorwurf der Sittenwidrigkeit oder des Wuchers greifen und zur Nichtigkeit der Klausel führen. Gleiches gilt für vertragliche Abfindungsregelungen, die regelmäßig eine niedrigere Abfindung implizieren, so etwa in Abfindungen zu Buchwerten, Substanzwerten oder anderweitig vorgesehenen Größen.
Substanzwert
Schließlich kann auch die Ermittlung der Höhe des Substanzwertes Probleme bereiten. Wird beispielsweise der Ansatz der Sachwerte zum sogenannten „wahren Wert“ vorgeschrieben, bleibt unklar, welcher betriebswirtschaftliche Wertansatz damit einhergehen soll. Die Vorgabe der Bewertung des Substanzwertes „zu Marktpreisen“ ist nur unwesentlich besser, denn hierbei wird implizit die Zerschlagung der Sachwerte unterstellt. Von einem Weiterführen der Praxis zu bestehenden Strukturen könnte dann nicht mehr ausgegangen werden.
Prof. Dr. Wolfgang MerkGottfried-Keller-Str. 2081245 München-Pasing