Neues GKV-Finanzierungskonzept

Das Bayreuther Modell

Angesichts von demografischem Wandel und medizinischem Fortschritt ist das heutige Finanzierungsmodell der GKV nicht länger tragfähig. Ein Lösungsansatz: die Neustrukturierung des Leistungskatalogs. So funktioniert das Bayreuther Modell.

Der Gesundheitsökonom Prof. Peter Ober-ender hat immer wieder neue Konzepte auf Lager, mit denen sich das deutsche Gesundheitssystem nachhaltig reformieren ließe. Beim Hauptstadtkongress Gesundheit in Berlin präsentierte er sein „Bayreuther Modell“ zur nachhaltigen Konsolidierung der GKV-Finanzen. Als Direktor der Forschungsstelle für Sozialrecht und Gesundheitsökonomie der Universität Bayreuth hat Oberender ein Finanzierungskonzept entwickelt, das den wachsenden Ausgaben im Gesundheitswesen standhalten soll und im Wesentlichen auf vier Grundgedanken beruht:

• Privatisierung der GKV und Umstellung auf Kapitaldeckung,• risikoäquivalente Prämien für alle Neuverträge,• Koexistenz von Kollektiv- und Selektivverträgen,• Gliederung des Leistungskatalogs in drei Leistungsbereiche.

Oberender plädierte dafür, das neue Finanzierungsmodell rasch und ohne Übergangsfristen einzuführen: „Für alle über 40-jährigen Versicherten bliebe es wie bisher, doch alle Jüngeren müssten sich neuen Verträgen unterwerfen.“

Man dürfe die steigenden Gesundheitsausgaben keinesfalls nur als Belastung der Volkswirtschaft begreifen: „Der Gesundheitsmarkt ist doch ein Wachstumsmarkt par excellence“, warb Oberender. Die Ausgaben der GKV beliefen sich zwar bereits auf beachtliche 167 Milliarden Euro (2009), hinzu kämen allerdings Umsätze auf dem frei finanzierten Gesundheitsmarkt in Höhe von 150 bis 180 Milliarden Euro pro Jahr, die sich deutlich höherer Wachstumsraten erfreuten als der streng regulierte GKV-Markt.

Eigeninitiative statt Regulierung

„Wenn wir auf mehr Eigeninitiative statt Regulierung setzen, wäre ein Wachstum beim Gesamtvolumen des deutschen Gesundheitsmarkts von 300 Milliarden Euro im Jahr 2008 auf rund 520 Milliarden Euro im Jahr 2020 möglich“, rechnete er vor.

„Mehr Eigeninitiative“ heißt laut Oberender: Alle medizinisch sinnvollen und machbaren Gesundheitsleistungen würden demnach einem von drei Leistungsbereichen zugeteilt – den nicht versicherten Leistungen, den Zusatz- oder Wahlleistungen und den Regelleistungen. Der Umfang solidarisch finanzierter Gesundheitsleistungen würde auf einen klar definierten Regelleistungskatalog begrenzt.

Innerhalb dieses Regelleistungskatalogs gäbe es bestimmte abwählbare Regelleistungen, auf die der Versicherte gegen Gewährung eines Prämiennachlasses verzichten kann.

„Aufseiten der GKV wird immer argumentiert, dass sich abwählbare Regelleistungen nicht vom solidarisch finanzierten Leistungskatalog abkoppeln lassen – dabei zeigt die private Krankenversicherung doch seit Jahren, das so etwas funktioniert“, sagte Oberender.

Als Beispiel für medizinisch sinnvolle Leistungen, die gänzlich aus dem GKV-Leistungskatalog verbannt werden sollten, nannte er den gesamten zahnärztlichen Bereich.

Dass sein Bayreuther Modell in absehbarer Zukunft der nächsten Gesundheitsreform Pate stehen wird, glaubte Oberender allerdings nicht: „In den nächsten vier Jahren wird vermutlich nicht viel Grundlegendes passieren, von weiteren Einsparbemühungen im Arzeimittelbereich einmal abgesehen.“

Antje SoleimanianFreie Journalistin und Autorinaus Hamburgantje@soleimanian.dee

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