Kreditwürdigkeit bei Praxisabgabe

Frühzeitige Planung erforderlich

sg
Die Notwendigkeit der rechtzeitigen Planung einer späteren Praxisübergabe ist vielen Zahnärzten bekannt. Dies kann jedoch auch vor dem Hintergrund der eigenen Kreditwürdigkeit enorm wichtig sein.

Die Information war eher lapidar und wurde von Holger S., einem Zahnarzt aus Süddeutschland, fast übersehen: Auf seinem aktuellen Kontoauszug wurde ihm mitgeteilt, dass der Zinssatz des Überziehungskredits auf seinem Praxiskonto „mit sofortiger Wirkung“ von bisher 9,75 Prozent auf nun 11,75 Prozent erhöht wird. S. konnte sich nicht erinnern, jemals eine derartige Erhöhung während der langjährigen Zusammenarbeit mit seiner Hausbank erlebt zu haben. Nach Rücksprache mit dem für ihn zuständigen Kundenberater erhielt er die Information, dass diese Erhöhung „wegen des fehlenden Konzepts zu seiner in knapp drei Jahren geplanten Praxisübergabe an seine Tochter erfolgte“. Der Bankmitarbeiter zitierte aus einem Aktenvermerk, den er nach dem letzten Gespräch mit S. angefertigt hatte. Darin heißt es, dass S. davon in Kenntnis gesetzt wurde, „dass die Bank als Kreditgeber kurzfristig ein entsprechendes Übergabekonzept erwartet, um die spätere Rechtsnachfolge vor allem vor dem Hintergrund der Gesamtverbindlichkeiten der Praxis geklärt zu sehen“.

Teure Investitionen erfordern neues Konzept

Diese Gesamtverbindlichkeiten von rund 300 000 Euro sind auf eine kürzlich erfolgte Praxiserweiterung zurückzuführen, die neben dem Kauf des bisher gemieteten Gebäudes zusätzliche Investitionen für die Praxisausstattung erforderte. Die Bank, das bestreitet S. übrigens auch nicht, hat die damit verbundene, erhebliche Erhöhung des Kreditumfangs unter anderem von einem schlüssigen Nachfolgekonzept abhängig gemacht. Dies ist auch Teil des Darlehensvertrags, den S. natürlich längst unterschrieben hat.

Offensichtlich wurde dieser wichtige Punkt von S. bisher nicht mit der eigentlich gebotenen Aufmerksamkeit realisiert, sonst hätte er sich wahrscheinlich längst mit Unterstützung seines Steuerberaters um das erwartete Nachfolgekonzept bemüht. Dies gilt umso mehr, da die Tochter von S. selbst als angestellte Ärztin bei einer Kollegin tätig ist und daher für die Nachfolge ihres Vaters eigentlich bestens geeignet ist.

Offenbar fühlen sich Vater und Tochter in ihren jetzigen Positionen wohl, so dass dies wohl auch der wesentliche Grund dafür ist, dass sie die Nachfolgefrage trotz des bestehenden Planungszeitraums auf die „lange Bank“ geschoben haben und den mit dem Kreditinstitut getroffenen diesbezüglichen Vereinbarungen nach einem konkreten Konzept bisher nicht nachgekommen sind. Die bisherigen Folgen sind bekannt: Bei einer zweiprozentigen Zinserhöhung würde sich die Zinsbelastung des Überziehungskredits (derzeitige Kredithöhe 30 000 Euro) pro Jahr also um 600 Euro erhöhen. Diesen Betrag kann S. natürlich verkraften. Was ihm dagegen noch mehr Kopfschmerzen bereiten dürfte, sind die möglichen weiteren Folgen.

Unangenehme Folgen und Irritationen

Es ist nämlich davon auszugehen, dass die Bank den Druck auf S. erhöhen wird, um zu einer langfristig tragbaren Regelung zu kommen. Dabei wird sie möglicherweise auch die Kündigung der bestehenden Darlehen erwägen, da S. den vertraglichen Vereinbarungen in diesem äußerst wichtigen Punkt zumindest bisher nicht nachgekommen ist. Dieses Szenario sollte zu Ende gedacht werden: Bei einer Kreditkündigung wäre S. verpflichtet, die Darlehen innerhalb weniger Wochen zurückzuzahlen, oder einen neuen Kreditgeber von seiner Bonität zu überzeugen. Einmal abgesehen davon, dass in der aktuellen gesamtwirtschaftlichen Situation ein anderes Kreditinstitut kurzfristig wohl kaum zu finden sein wird, würde sich auch bei einem Bankenwechsel dieselbe Frage stellen: Wie und wann soll die beabsichtigte Praxisübergabe stattfinden? Das Problem wäre also keineswegs gelöst, sondern lediglich verschoben. Um weitere Irritationen zu vermeiden, ist S. also gut beraten, sich umgehend mit seinem Steuerberater zusammenzusetzen und ein tragfähiges Konzept zur Praxisübergabe zu entwickeln. Dabei ist es absolut unvermeidlich, seine Tochter von Anfang an in die Gespräche einzubinden. Gegebenenfalls ist auch ein Fachanwalt hinzuzuziehen, der vor allem die zu erwartenden steuerlichen Gesichtspunkte bewertet und in das Gesamtkonzept integriert.

Michael Vettervetter-finanz@t-online.de

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