Chronische Atemwegserkrankung

Es kommt nicht nur auf die Lungenfunktion an

Die Qualität der Behandlung von Patienten mit Asthma oder mit COPD wird üblicherweise daran gemessen, ob sich die Lungenfunktion bessert oder nicht. Weitaus wichtiger aber ist das sogenannte „Patient Reported Outcome“ (PRO), also die Frage, wie sich die Patienten mit der Erkrankung und ihrer Behandlung fühlen und wie sie selbst ihr Befinden beurteilen – dies wurde beim diesjährigen „Respiration Day“ in Parma betont.

Die Zahl der Patienten mit Asthma oder mit COPD (Chronic Obstructive Pulmonary Disease) nimmt weltweit stetig zu. Die beiden Erkrankungen gehören dabei zu den Krankheitsbildern, die die gesundheitliche Situation und zugleich die Alltagsaktivitäten der betroffenen Patienten am stärksten beeinträchtigen. „Dennoch werden chronisch obstruktive Atemwegserkrankungen bislang oft nur wenig beachtet und sind kaum im öffentlichen Bewusstsein verankert“, monierte Prof. Dr. Dario Olivieri, Parma, beim Respiration Day 2010. Diese Situation zu ändern, haben sich verschiedene Fachgesellschaften auf die Fahne geschrieben und das Jahr 2010 zum „Year of the Lung“ erklärt. „Wir wollen das Augenmerk durch vielfältige Aktionen in diesem Jahr stärker auf die Bedeutung von chronischen Atemwegserkrankungen richten“, betonte Prof. Dr. Nikolaos M. Siafakas, Heraklion, als Präsident der Europäischen Respiratorischen Gesellschaft (ERS) in Parma.

Eines der Ziele ist dabei, dass die Lungenfunktion von Patienten, die in die Arztpraxis kommen, künftig ebenso selbstverständlich bestimmt wird, wie üblicherweise eine Blutdruckmessung erfolgt und ein EKG abgeleitet wird. Nur so kann ein nachhaltiger Fortschritt bei der Früherkennung der Erkrankungen geleistet und damit die Basis für eine frühzeitige adäquate Behandlung gelegt werden. Diese zielt nach Prof. Dr. Paul M. O´Byrne, Hamilton/Kanada, nicht nur darauf ab, die Symptome der Patienten zu lindern, sondern soll zugleich durch eine gute Krankheitskontrolle der Progression entgegenwirken.

Die Qualität der Behandlung bemisst sich dabei nicht allein an der Lungenfunktion, wie in Parma dargelegt wurde. Entscheidend ist vielmehr die vom Patienten selbst berichtete klinische Situation, das sogenannte „Patient Reported Outcome“, kurz PRO, betonte Prof. Dr. Thierry Troosters aus Leuven. Das PRO ist nach seinen Worten kein Ersatz für eine Therapiekontrolle mit-tels objektiv fassbarer Parameter wie der Lungenfunktion. Das darf aber andererseits nicht bedeuten, dass man sich nur auf solche Parameter verlässt. Vielmehr muss auch berücksichtigt werden, welche Konsequenzen die Behandlung zum Beispiel auf die körperliche Leistungsfähigkeit des Patienten hat, auf die Häufigkeit von Exazerbationen und ganz allgemein auf das Wohlbefinden und die Lebensqualität. In diese Parameter geht auch das individuelle Erleben von Nebenwirkungen der Therapie und allgemeiner Einschränkungen durch die Erkrankung ein. „Es handelt sich hierbei nicht um messbare Krankheitsmarker, sondern vielmehr um die von den Patienten erlebten Konsequenzen und Veränderungen durch die Behandlung“, erklärte Prof. Dr. Klaus Rabe aus Leiden.

Randomisierte klinische Studien täuschen oft

Ein Umdenken fordern die Pneumologen auch hinsichtlich der Bewertung randomisierter klinischer Studien (Randomized Clinical Trials, RCTs). Diese sind wichtig, um die Wirkungen und die Nebenwirkungen von Arzneimitteln zu prüfen und zu dokumentieren und sie sind damit eine Grundvoraussetzung für die Zulassung von Medikamenten. Die Ergebnisse der RCTs sind aber nur begrenzt auf den Praxisalltag zu übertragen.

Denn in die RCTs wird nach Prof. Dr. David Price, Aberdeen, stets ein hochselektiertes Patientenkollektiv eingeschlossen. Entsprechend limitiert sind die Ergebnisse hinsichtlich der praktischen Anwendung. „Im Praxisalltag haben wir Patienten zu behandeln, die meist eine deutliche Komorbidität aufweisen und bei denen zudem oft Probleme mit der Compliance bestehen“, so Price. „Wir brauchen deshalb unbedingt auch „Real Life“-Studien“, forderte er in Parma.

Asthma und COPD: Komorbiditäten beachten

Dass eine Komorbidität bei chronisch obstruktiven Erkrankungen eher die Regel als die Ausnahme ist, machte dort Prof. Dr. Hinrich Hamm, Westerland/Sylt, deutlich. Sowohl beim Asthma wie auch bei der COPD ist nach seinen Worten von einer systemischen Inflammation auszugehen. Überproportional häufig liegen zudem bei Patienten mit COPD begleitend eine KHK, eine Herzinsuffizienz und/oder ein Diabetes mellitus vor. „Auch Krebserkrankungen entwickeln sich bei der COPD häufiger als in einem ansonsten gesunden Kollektiv“, berichtete der Mediziner.

Beim Asthma finden sich dagegen vermehrt begleitende allergische Erkrankungen wie eine allergische Rhinitis, eine Sinusitis oder eine Konjunktivitis und auch eine Dermatitis atopica. Häufiger als in der Normalbevölkerung ist außerdem eine Adipositas sowie eine Muskelschwäche und/oder eine Osteoporose. Auch psychiatrische Störungen sind als Begleiterkrankung zu berücksichtigen, wobei laut Hamm bei Asthma-Patienten vor allem auf Depressionen und auf Angststörungen zu achten ist – unter anderem weil solche Erkrankungen auch Rückwirkungen auf den Verlauf der Atemwegserkrankung haben können.

Dies betrifft nach Dr. Wolfgang Schürmann aus Marburg auch Kinder mit Asthma. So ergab eine Erhebung in einer Asthmaambulanz bei fünf Prozent der untersuchten Kinder eine Depression und bei 35 Prozent wurde neben dem Asthma eine Angststörung diagnostiziert.

Christine VetterMerkenicher Str. 22450735 Köln

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.