Gesundheit ist keine Ware
Die Stuhlreihen im Eingangsforum der apoBank-Hauptverwaltung waren vorrangig mit Heilberuflern besetzt. Dazu kam ein Hausherr, der dem ministeriellen Gast des Liberalen Netzwerkes Düsseldorf „Mut“ bescheinigte: Philipp Rösler sei jemand, „der Aufgaben übernimmt, an denen andere schon gescheitert sind“, spielte apoBank-Vorstandssprecher Herbert Pfennig auf den erhofften Erfolg mit den Zusatzbeiträgen im GKV-System an – und ebnete damit dem Vortragsgast die Chance für ein ideelles Heimspiel.
Rösler selbst erinnerte daran, dass das deutsche Gesundheitssystem für seine Patienten eine der besten Versorgungen der Welt bereithalte. Und das, so der Minister mit Ironie, „nicht wegen, sondern – wie manche sagen – trotz der Politik“. Der als Arzt ausgebildete Minister glaubt zu wissen, was seine praktizierenden Berufskollegen stört: „Dass man zwar die Möglichkeit hat, gute Leistungen zu erbringen, das aber nicht nur nicht ausreichend honoriert“, sondern diese auch gesellschaftlich nicht mehr genügend anerkannt werde. Noch sei es nicht ein System des fairen Wettbewerbs, sondern eins „der unfairen Konkurrenz“. Es sei beispielsweise absurd, dass es PC-Programme gebe, „die einem Arzt ausrechnen, was man im Rahmen der Budgetierung überhaupt noch machen kann“.
Sein Resümee zur Arbeit seiner Vorgänger war kurz und knapp: „Sieben große Reformen in 20 Jahren, aber es ist nicht besser, sondern teurer geworden.“ Alle hatten, so Rösler in seinen Ausführungen, „das Ziel, die Lohnzusatzkosten zu stabilisieren“. Da es aber keinen sachlichen Zusammenhang zwischen Krankenversicherungskosten und Lohnzusatzkosten gebe, wir aber alle immer älter würden und trotzdem am medizinischen Fortschritt teilhaben wollten, will Rösler weg von den reinen Kostendämpfungsgesetzen. Sein Ziel sei eine Variante, „die das System erweitert“.
Der Arzt muss das Sagen haben
Alle bisherigen Versuche, in der Versorgung Bürokratie zu beseitigen, seien nicht erfolgreich gewesen: „Hinter jedem Gesetz, jeder Verordnung steht eine Grundgeisteshaltung. Wenn man die nicht verändert, wird man auch das System nicht verändern können.“ Auch Rösler möchte Bürokratie abschaffen, könne aber auf Qualitätskontrolle auch künftig nicht verzichten. Entscheidend sei deshalb das „Wie“. Sein Vorschlag: „Ein chronisch Kranker ist eine bessere qualitätssichernde Institution als ein Buch, das gelesen wird. Folglich müssen gerade die Patienten in die Lage versetzt werden, sich selbst mündig zu machen. Sie brauchen Wissen, Transparenz und Motivation.“
Wer nicht wisse, welche Leistung wieviel Geld kostet, neige zur Mitnahmementalität. Damit Preis und Leistung wieder in ein erkennbares Verhältnis kommen, fordert Rösler die Einführung von Kostenerstattung. Er ist überzeugt, dass man damit ein System auf den Weg bringen kann, das besser funktioniert. Allerdings sei Gesundheit „kein beliebiges Gut, keine Ware“. Deshalb befürwortet auch der Politiker Rösler das Grundprinzip der Solidarität – nicht nur „zwischen gesund und krank“, sondern auch „zwischen arm und reich“. Dabei könne die GKV alles „abregeln“, bis auf den Ausgleich „zwischen arm und reich“. Der müsse über das Steuersystem erreicht werden.
Grundsätzlich sei es, so die Ansicht des Ministers, „nicht schlimm, dass Gesundheit mehr kostet“. Rösler bestärkt: „Wir haben uns für Ehrlichkeit entschieden.“ Wichtig sei auch künftig, dass im Gesundheitswesen weiterhin „der Arzt das Sagen hat – undnicht der Ökonom“.