BZÄK-Pressegespräch „Spreefahrt“

Wettbewerb ist noch nichtsoziale Marktwirtschaft

Eine aktiv für soziale Gerechtigkeit im Gesundheitswesen eintretende Bundeszahnärztekammer präsentierten BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel und sein Vize Dr. Dietmar Oesterreich anlässlich der diesjährigen Spreefahrt für Journalisten am Abend des 14. Juli in Berlin. Soll die international „nahezu beste medizinische Versorgung erhalten bleiben, dann wird es für die Patienten teurer,“ so die Einschätzung der Lage. Gefordert sei mehr Ehrlichkeit in der politischen Diskussion.

Seinen Ärger über die Gesundheitspolitik hielt Engel vor den rund 15 Journalisten, die am diesjährigen Hintergrundgespräch während der sogenannten „Saure-Gurken-Zeit“ teilnahmen, nicht zurück: „Der von der Politik im Gesundheitswesen geforderte Wettbewerb ist keine soziale Marktwirtschaft.“ Bedauerlich sei, dass „der Begriff des Sozialen mehr und mehr als argumentatorischer Joker zur Kaschierung von Eigeninteressen genutzt wird“.

Angesichts des bis zum Jahr 2050 zu erwartenden Rückgangs der Bevölkerungszahl um 13 bis 15 Millionen bei vorrangiger Schwächung der Altersgruppe der 20- bis 60-Jährigen seien die aktuellen Reformvorschläge weder nachhaltig noch ausreichend. Wer das berücksichtige, könne sich schnell ausmalen, dass die zahn-/medizinische Versorgung Deutschlands kein Ausgaben-, sondern ein wachsendes Einnahmenproblem bekommen werde.

Gegenentwurf Zahnmedizin

Engel betrachtet es als gesellschaftlich störend, wenn Gesetze nach ökonomischen Prämissen gemacht werden, die noch dazu meist durch Negativ-Schlagzeilen zur eigentlich weitgehend vorbildlichen Versorgung begleitet würden. Engel mahnte zu mehr Ehrlichkeit in der Debatte, bat um seriöse Ansätze und logische Vernunft als Motor künftiger Reformen. Die Wahrheit sei, dass eine sich in ihren Möglichkeiten immer rascher entwickelnde medizinische Versorgung für eine im Schnitt immer ältere und damit multimorbide Gesellschaft mit steigenden Kosten verbunden sei.

Aber gibt es Gegenentwürfe? Im Bereich der Zahnmedizin habe man dieser Entwicklung seit geraumer Zeit Rechnung getragen und durch die Einführung von Festzuschüssen ein Modell geschaffen, das sowohl eine gute Grundversorgung gewährleistet, den Patienten aber zusätzlich die Möglichkeit bietet, auch an den Errungenschaften der Zahnmedizin im Bereich von Ästhetik oder besonderem Komfort teilzuhaben: „Anders als manchmal behauptet, kann man die soziale Herkunft der Menschen nicht an ihren Zähnen ausmachen.“ Die Gesellschaft habe mit der solidarischen Grundversorgung „ein vernünftiges zahnmedinisches Konzept für alle“. Was darüber hinaus geht, könne nicht das Solidarsystem übernehmen. Dieser Weg der Zahnmedizin habe dazu geführt, dass der GKV-Kostenanteil in den letzten Jahren von 13 auf zurzeit nur noch sechs Prozent zurückgeführt werden konnte.

Aber um den künftigen Herausforderungen gerecht werden zu können, müssten die Zahnärzte auch lernen, sich nicht nur mit „Zähnen und ihren Kosten“ zu befassen. Vielmehr müsse man über diesen eng gesetzten Tellerrand hinausschauen und sich vermehrt um noch nicht geklärte Probleme kümmern.

Aus diesem Grund, so führte BZÄK-Vizepräsident Dr. Dietmar Oesterreich aus, habe man gemeinsam mit der Vertragszahnärzteschaft und der Wissenschaft ein Konzept zur Behandlung von alten und von Behinderungen betroffenen Menschen erarbeitet und in die politische Diskussion eingebracht. Klar sei, dass im Zuge der Bevölkerungsentwicklung die Problematik, diese Patienten vermehrt durch aufsuchende Zahnmedizin betreuen zu müssen, deutlich wachsen werde. Hier lägen die Aufgaben der Zukunft, die eine sozial gerechte medizinische Versorung auf hohem Qualitätsniveau angehen muss.

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.