Zahnmediziner und Diabetologen in einem Boot
Das Risiko, während seines Lebens an Diabetes mellitus zu erkranken, beträgt rund 25 Prozent. Etwa zehn Prozent dieser Patienten leiden an dem Diabetes-Typ-1, der auch als frühkindlicher oder juveniler Diabetes bezeichnet wird, aber manchmal auch erst im Erwachsenenalter durch einen Zufall erkannt wird. Ursache dieser Diabetesform ist ein Mangel an hormoneller Sekretion des Insulins aus den Langerhans’schen Inseln in der Pankreas. Die weitaus häufiger (90 Prozent) auftretende Variante (Diabetes-Typ-2) wird auch als erworbener Diabetes oder Altersdiabetes bezeichnet und tritt meistens als Folge diverser Risikofaktoren wie Übergewicht, Hypertonus, Cholesterinwerterhöhung oder Bewegungsmangel auf.
Bei dieser Variante handelt es sich nicht um einen Hormonmangel, sondern – aufgrund der oben genannten Faktoren hat sich im Laufe der Jahre eine Hormon-(Insulin-) intoleranz „eingeschlichen“. Während der Typ-1-Diabetiker sein Leben lang nicht auf eine Insulinsubstitution verzichten kann, ist der Patient mit Typ-2-Variante unter Verzicht auf seine Risikokomponenten und/oder eventuellen zusätzlichen Antidiabetika wie Glibenclamid gut einstellbar, so dass er ein relativ normales Leben führen kann. Durch dieses Vorgehen sollen Begleiterkrankungen wie eine Retinopathie, eine Angiopathie, eine Polyneurodermitis, eine Herz-Kreislauf-Erkrankung und mehr verhindert werden. Nun hat sich aber in diversen Untersuchungen gezeigt, dass Patienten, die an einer Parodontitis erkrankt sind, ein dreimal höheres Risiko haben, einen Diabetes zu entwickeln, wie Prof. Dr. Dr. Diethelm Tschöpe aus Oehnhausen und Bochum erklärte.
Dreimal höheres Diabetes- Risiko für PAR-Patienten
Da die Prävalenz von Parodontitis in Deutschland bei Erwachsenen bei etwa 70 Prozent liegt, liegt hier eine nicht unerhebliche Gefahr für diese Patienten vor. Nach einer Metaanalyse , die nicht-insulinabhängigen Diabetes mit Zahnverlust, Zahnlockerungen und einer zunehmenden Taschentiefe (größer/gleich 6 mm) abglich, zeigte sich, dass 64 Prozent der Diabetiker im Vergleich zu 50 Prozent der Nicht-Diabetiker an einer gingivalen Entzündung leiden. Dieses Ergebnis ist signifikant. Auch lassen die Ergebnisse die Vermutung zu, dass die Dauer der Diabeteserkrankung das Risiko der Parodontalerkrankung verstärkt, so äußerte sich Professor Dr. Jörg Meyle als Parodontologe.
„Ziel der Initiative ist es daher, Ärzte, Zahnärzte und Patienten gezielt über die Wechselwirkungen aufzuklären“, erklärte Dr. Dietmar Oesterreich, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) im Pressegespräch. „Auf der Grundlage evidenzbasierter Daten sollen über eine Vielzahl von Maßnahmen Fachkreise und Patienten gleichermaßen über Risiken und Wechselbeziehungen von Parodontitis und Diabetes sowie über Prophylaxe- und therapeutische Möglichkeiten aufgeklärt werden, “ ergänzte er. Die inhaltliche Basis für diese Maßnahmen erarbeitet ein interdisziplinärer Wissenschaftsausschuss, der mit jeweils vier Experten aus den Fachbereichen Diabetologie und Paradontologie besetzt ist, wie Michael Warncke von Colgate-Palmolive erläuterte.
Dieser Wissenschaftsausschuss zur Initiative „Gesund im Mund bei Diabetes“ setzt genau an diesem Informationslag an. Erklärtes Ziel ist es, wie jetzt in Hamburg erklärt wurde, die Thematik in die Leitlinien der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie (DGP) aufnehmen zu lassen.
Durch die Erarbeitung eines Konsensuspapiers im Rahmen dieses Ausschusses soll nun zeitnah ein offizieller Antrag zur Leitlinienergänzung erfolgen, um auf das Thema „Prophylaxe und Therapie von Parodontitis bei Diabetikern“ aufmerksam zu machen.
Sowie das Konsensuspapier verabschiedet ist, werden die zm weiter darüber berichten.