Zahnärzte ohne Grenzen

Not macht erfinderisch - auch in Indien

Der Berliner Zahnarzt Rico Glävke ist gemeinsam mit seiner Assistentin Laura Sebastian im April 2010 für „Zahnärzte ohne Grenzen“ (Dentists Without Limits Foundation, DWLF) nach Indien aufgebrochen, um Waisenkinder zu behandeln. Sie leben direkt neben der Zahnstation in Coonoor in einem Heim des Christian Mission Service (CMS). Bereits zwei Jahre zuvor war Glävke für DWLF in Nepal im Einsatz. Sein stetiges Ziel: Gemeinnützig zahnmedizinische Hilfe zu leisten für die Ärmsten der Armen fernab von Wohlstand und medizinischem Fortschritt.

Vor der Abreise führte Glävke noch zwei Gespräche: Das erste mit Frau Dr. Ulla Heilemann, Zahnärztin in Berlin und Projektmanagerin für die Region Südindien. Ein Zweites mit seiner Vorgängerin in Coonoor, um den Bedarf an Arbeitsmaterialien und Instrumenten festzustellen. „Die auf diese Weise übermittelten Informationen sind sehr wichtig für ein erfolgreiches Arbeiten“, erzählt er rückblickend. Die Materialienschränke der Zahnstationen könnten oft nur durch regelmäßige „Ameisentransporte“ der Behandler wieder aufgefüllt werden. In dem über 1 600 Meter hoch gelegene Coonoor mit 50.000 Einwohnern gibt es zwar niedergelassene Zahnärzte. Die bemühen sich aber nicht um die Armen.

Erste Eindrücke

Glävke beschreibt seine ersten Eindrücke: „Alles, was man für eine gute Behandlung braucht, war an seinem Platz. Fehlende Materialien hatten wir mitgebracht.“ Am nächsten Morgen ging es mit den ersten Behandlungen los. „Nach kurzer Eingewöhnungszeit klappte alles wie gewohnt. Lediglich die immer wieder unverhofft auftretenden Stromausfälle brachten den Tagesablauf durcheinander“, berichtet er. Durch die kontinuierliche Arbeit der Zahnärzte von DWLF ist der Behandlungsstand gut. Durchgeführt wurden hauptsächlich Füllungen, Zahnreinigungen und einige Extraktionen. Durch die fröhlichen und tapferen indischen Kinder verging die erste Woche für das Team wie im Fluge.

In der darauf folgenden Woche ging es mit dem Kleinbus zu zwei anderen Kinderheimen. Dafür wurden die wichtigsten Instrumente und Materialen in die 20 Jahre alte „mobile Zahnstation“ verladen. Das machte stets der Ansprechpartner und Helfer vor Ort, Herr Mariappan, ein ehemaliger Bewohner des angrenzenden Kinderheims, ausgebildeter Krankenpfleger und die „gute Seele“ der Zahnstation.

Nach etwa sechs Stunden Fahrt durch das heiße Flachland erreichte der Bus Kodaikanal. Durch sein angenehmes Klima und den kleinen See für Inder ein beliebter Erholungsort. Das Kinderheim dort hat 74 Bewohner. „Da ein Sturm die Telefonleitungen gekappt hatte, war man auf unsere Ankunft nicht vorbereitet. Trotzdem richtete man innerhalb kürzester Zeit einen Behandlungsraum und ein kleines Zimmer für uns her, so dass wir nach einer Stunde mit den Untersuchungen beginnen konnten“, erzählt Glävke weiter. Die Kinderzähne waren unterversorgt. Die drei folgenden Tage wurden daher intensiv genutzt, um wenigstens alle Schäden an bleibenden Zähnen versorgen zu können.

Widrige Umstände ...

Erneute Stromausfälle erschwerten die Arbeit. Mit dem Generator des Heims konnten Turbine und Absaugung nicht gleichzeitig betrieben werden. „Aus diesem Grund“, so Glävke weiter, „arbeiteten wir sogar einmal bis 23 Uhr, was aber unsere kleinen Patienten mit großer Geduld ertrugen.“

Kallupatti, der nächste Ort, lag im Flachland. Die mobile Einheit wurde in einer offenen Halle aufgebaut, die sonst für Unterricht, zum Essen und für verschiedene Veranstaltungen benutzt wird. Die Hitze und der Zustand der Kinderzähne waren kaum zu ertragen. Glävke: „In diesem Heim leben 274 Kinder und es war noch nie ein Zahnarzt vor Ort!“

... gab es gratis dazu

Das Team war bestrebt, alle Kleinen zu untersuchen, um optimale Vorarbeit für den nächsten Einsatz zu leisten. „So arbeiteten wir wieder bis zum späten Abend, auch in der Hoffnung, dass fallende Temperaturen alles etwas leichter machen. Leider ärgerten uns stattdessen in der Dunkelheit die Moskitos und wir waren froh, als wir endlich unser Pensum für diesen Tag erreicht hatten“, erzählt der Zahnarzt aus Berlin. Hier wartet noch viel Arbeit auf ein nächstes Behandlungsteam. Trotz der mitunter widrigen Bedingungen resümiert Glävke: „Wer einmal die Freude und Dankbarkeit in den Augen indischer Kinder sehen konnte, den lassen diese Erfahrungen nicht mehr los. Man kann hier mit einfachen Mitteln und seiner Arbeitskraft viel bewirken.“ Dank der großen Spendenbereitschaft der deutschen Patienten, sind im Gepäck des Zahnarzt auch Instrumente und Verbrauchsmaterialien im Wert von 592,00 Euro in die indischen Zahnstationen gelangt.

ZA Rico Glävke/ Laura SebastianNonnendammallee 84 a13629 Berlinricoglaevke@web.de

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