Pfälzischer Zahnärztetag 2011

GOZ-Pläne offen kritisiert

Ins geschichtsträchtige Hambacher Schloss hatten die Bezirkszahnärztekammer Pfalz und die KZV Rheinland-Pfalz geladen, um am 14. Mai 2011 den Pfälzer Zahnärztetag abzuhalten. Während standespolitisch offen Kritik am Gesetzentwurf zur Neuausrichtung der GOZ geübt wurde, umrahmten hochkarätige Referenten und außergewöhnliche Vorträge die Tagung, bei der es – dem Ort angemessen – in vielen Beiträgen um den Begriff und den Wert von Freiheit ging.

Der Vorsitzende der Bezirkszahnärztekammer Pfalz, Dr. Wilfried Woop, hob „auf Hambach“ die Ausübung der zahnärztlichen Tätigkeit in verantwortungsvoller Freiberuflichkeit mit Gemeinwohlverpflichtung ganz besonders hervor. Der Berufsstand habe daher einen Anspruch auf eine Gebührenordnung, die den Stand der wissenschaftlichen Forschung abbilde und die zahnärztliche Tätigkeit wertschätze. Dabei gehe es weniger um wirtschaftliche Aspekte als vielmehr um die gesellschaftliche Anerkennung der Arbeit. Den vorgelegten Entwurf der Koalition bezeichnete Woop als „Skandal“ und – was etwa die Prävention angeht – als einen „Offenbarungseid“. Moniert wurde von den Veranstaltern unisono, dass das Regierungsvorhaben der GOZ-Erneuerung sämtliche Preissteigerungen, die in den Praxen stattgefunden haben, völlig ignoriere.

Diese Ansicht vertrat auch der Vorstandsvorsitzende der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), Dr. Jürgen Fedderwitz, der in seinem Gastbeitrag „Anspruch und Durchsetzbarkeit von gesundheitspolitischen Vorstellungen“ thematisierte. Im Spannungsfeld zwischen der unbegrenzten Freiheit, Maximalforderungen zu stellen, sowie der eingeschränkten Freiheit, die die Suche nach Kompromisslösungen einschließe, sei es, so Fedderwitz, bisweilen kein leichtes Unterfangen, im politischen Diskurs an die Verantwortlichen mit entsprechenden Forderungen heranzutreten, bei den Politikern Gehör zu finden und Einfluss auf deren Gesetzgebung zu nehmen. Hierbei deckten sich Anspruch und Durchsetzbarkeit nicht immer, was die Frage aufwerfe, wie man damit umgehe, wenn man nicht alles das erfüllt bekommt, was man sich als berechtigtes Interesse gewünscht hat. Hierbei müsse man auch berücksichtigen, dass die KZBV die Einzelinteressen, die an sie als Standesvertretung von unterschiedlicher Seite herangetragen werden, zu bündeln und zu kanalisieren hat.

Kunst und Innovationen

Dass der Mensch nur in der Kunst richtig frei sein könne, diese Ansicht vertrat der Gastredner der Tagung, der Autor, TV-Moderator und Filmemacher Prof. Dr. Roger Willemsen. Der aus Funk und Fernsehen bekannte künstlerische Tausendsassa hätte zum Zeitpunkt der Tagung auch auf dem Filmfestival in Cannes sein können, da zeitgleich dort ein Film von ihm vorgestellt wurde. Doch Willemsen stellte der Zahnärzteschaft seine Vertragstreue unter Beweis, was die Anwesenden mit großer Hochachtung würdigten. Genauso wie seinen Vortrag, in dem er den Vorzug der Kunst herausstellte, frei von Materiellem zu sein und dennoch einen Nutzen in sich zu tragen. In seinem Plädoyer für die Kunst sah Willemsen sie als den einzigen Bereich, in dem es dem Menschen möglich sei, Maximalpositionen zu beziehen und Utopien zu formulieren. Willemsen: „Es lohnt sich, die Wirklichkeit daraufhin zu überprüfen, was und wie sie sein könnte. Hierfür ist die Kunst zuständig.“

Die Freiheit, einen Blick über den Tellerrand zahnärztlicher Berufsspezifika hinaus anzustellen, nahm sich auch Prof. Dr. phil. Dipl.-Psych. Theo Wehner, der sich in seinem Vortrag der Frage zuwandte, wie Innovatives in die Welt kommt und welche Voraussetzungen es dazu braucht. Wehner vertrat die Auffassung, dass das Neue oft bereits in der Welt sei, dass es aber viel zu selten erkannt werde. Wehner: „Wir halten viel zu sehr an Konventionen und an alten Denkmustern fest.“ Auf dem Weg zu Neuem würden einem auch Fehler, Misserfolge, Irrtümer und Konflikte begegnen. Gerade eine geringe Aufgeschlossenheit Fehlern gegenüber führe aber zu starrem Verhalten. Somit verharre man im Gewöhnlichen und verhindere die Bereitschaft, Neues zu denken und zu wagen.

Über Kariesinfiltration berichtete PD Dr. Heinrich Meyer-Lückel in seinem wissenschaftlichen Tagungsbeitrag. Dabei ist für ihn die Infiltration mit einer Salzsäurelösung kein Allheilmittel gegen das Bohren. Das Ätz-Verfahren sei jedoch für Karies in einem bestimmten Anfangsstadium geeignet. „Wir müssen erst bohren, wenn wir eine Kavitation feststellen“, postulierte er.

Eine historische Brücke ins Jahr 1832 schlug der Vorsitzende der KZV Rheinland-Pfalz, San.-Rat Dr. Helmut Stein, und erinnerte an das Hambacher Fest, als sich auf dem Schloss 1832 Bürger getroffen hatten, weil sie sich von der Obrigkeit gegängelt und benachteiligt sahen und deswegen mehr Freiheit und Demokratie forderten.

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