Steuerliche Änderungen im nächsten Jahr
Der ursprüngliche Plan, nur noch alle zwei Jahre eine Steuererklärung zu verlangen, wurde verworfen. Auch auf eine Erhöhung des Pauschbetrags für Behinderte konnten sich Bund und Länder nicht einigen. Dort bleibt somit alles wie bisher.
Kinder
•Betreuungskosten
Für Eltern wird ab dem kommenden Jahr vieles leichter. Die bisher umständliche Abrechnung der Betreuungskosten für Kinder wird vereinfacht. Bisher müssen Eltern in der Steuererklärung aufwendig nachweisen, dass sie die Bedingungen erfüllen, um Kinderbetreuungskosten geltend machen zu können. Ab dem Jahr 2012 entfallen diese Bedingungen. Betreuungskosten können Mütter und Väter dann bis zum 14. Geburtstag des Kindes unkompliziert als Sonderausgaben absetzen. Vorteil für Eltern: Für den Fiskus spielt es dann keine Rolle mehr, ob die Ausgaben aus beruflichen oder aus privaten Gründen entstehen. Wie bisher auch werden zwei Drittel der Betreuungskosten von maximal 6 000 Euro im Jahr, also maximal 4 000 Euro, berücksichtigt. Möglicher Nachteil für berufstätige Eltern: Die Betreuungskosten mindern als Sonderausgaben nicht mehr die Einkünfte. Da diese üblicherweise als Grundlage für die Berechnung zum Beispiel der Kindergarten-Gebühren herangezogen werden, könnten diese in der Folge höher festgesetzt warden.
•Volljährigkeit
Auch der Aufwand für Eltern, die Kindergeld oder Kinderfreibeträge für ihre volljährigen Kinder in der Ausbildung bekommen, reduziert sich. Bisher werden das Kindergeld oder die Kinderfreibeträge einkommensabhängig gewährt. Nur wenn das erwachsene Kind in Ausbildung im Jahr höchstens 8 004 Euro an Einkünften und Bezügen hat, erhalten die Eltern Kindergeld oder können die Kinderfreibeträge geltend machen. Vorteil für Eltern: Künftig spielen die Einkünfte und Bezüge des Kindes während dessen erster Ausbildung keine Rolle mehr. Auch der Ausbildungsfreibetrag wird nicht gekürzt. Der erwachsene Auszubildende kann also neben dem Studium oder der Lehre unbegrenzt verdienen. Ebenso bleiben Riesterzulagen und andere kindbedingte Begünstigungen im vollen Umfang erhalten.
•Zweite Ausbildung
Eine Einschränkung gibt es erst, wenn das Kind nach Abschluss der ersten eine zweite Ausbildung macht. Dann erhalten Eltern das Kindergeld oder die Kinderfreibeträge nur, wenn das Kind neben der Ausbildung nicht mehr als 20 Wochenstunden regelmäßig arbeitet. Ferienjobs sind weiter unschädlich. Kindergeld oder Kinderfreibetrag gibt es längstens bis zum 25. Geburtstag des Kindes. An dieser Grenze hat sich nichts geändert.
•Auswärtige Ausbildung
Der Ausbildungsfreibetrag kann für ein Kind dann geltend gemacht werden, wenn es die Ausbildung auswärts absolviert. Pro Jahr können bis zu 924 Euro in der Steuererklärung beantragt werden. Bisher kürzt das Finanzamt den Freibetrag, wenn die Einkünfte und Bezüge des Kindes über 1 848 Euro im Jahr liegen. Ab dem Jahr 2012 werden die Einnahmen des Kindes nicht mehr angerechnet. Somit kommen mehr Eltern in den Genuss des vollen Freibetrags.
•Getrennt lebende Eltern
Ab dem Jahr 2012 gelten auch für getrennt lebende Eltern neue Regelungen. Der Elternteil, bei dem das Kind lebt, kann sich in jedem Fall den halben Kinderfreibetrag des anderen Elternteils übertragen lassen, sofern dieser seiner Unterhaltspflicht nicht nachkommt. Bisher ist das nicht möglich, wenn der Elternteil deswegen nicht unterhaltspflichtig ist, weil er kein Geld verdient.
Auf getrennt lebende Eltern kommt im Jahr 2012 eine Einschränkung beim Betreuungsfreibetrag zu. Nur weil das Kind allein bei einem Elternteil gemeldet ist, darf der betreuende Elternteil nicht mehr den halben Freibetrag des anderen Elternteils übertragen bekommen. Gibt der das Kind nicht betreuende Elternteil Geld für die Betreuung des Kindes aus, oder betreut das Kind auch nur zeitweise, darf er der Übertragung widersprechen.
Immobilienbesitz
•Vermietung an Angehörige
Auch das Steuersparmodell „Vermietung an nahe Angehörige“ wird erleichtert. Vermietet ein Steuerpflichtiger seine Wohnung an nahe Angehörige wie Eltern oder Kinder und verlangt zwischen 56 und 75 Prozent der ortsüblichen Miete, musste er meist eine Prognoserechnung vorlegen. Das Finanzamt erkannte die Kosten für die Wohnung nur dann als Werbungskosten voll an, wenn die Prognoserechnung zeigte, dass in 30 Jahren ein Gewinn erzielt wird.
Ab dem Jahr 2012 entfällt die Prognoserechnung, wenn die Verwandten mindestens 66 Prozent der ortsüblichen Miete zahlen. Weiterhin muss jedoch das Mietverhältnis so wie unter Fremden üblich gestaltet sein, also mit Mietvertrag.
Angestellte Zahnärzte
•Arbeitnehmerpauschbetrag
Angestellte Zahnärzte sollen rückwirkend schon für das Jahr 2011 von einem höheren Arbeitnehmerpauschbetrag profitieren. Sie können 1 000 Euro als Werbungskosten steuerlich geltend machen, ohne dass sie dafür die Ausgaben nachweisen müssen. Da diese Regelung schon im Jahr 2011 gelten soll, wird die höhere Pauschale bereits in der Gehaltsabrechnung für Dezember 2011 berücksichtigt. Der Vorteil durch diese Neuregelung ist minimal, da die Arbeitnehmer bisher schon bis zu 920 Euro als Werbungskosten abziehen konnten, ohne dass sie dafür Ausgaben nachweisen mussten.
Will ein Arbeitnehmer mehr als die 1 000 Euro im Jahr als Werbungskosten steuerlich geltend machen, muss er jede beruflich bedingte Ausgabe nachweisen. Da üblicherweise erst zum Jahresende absehbar ist, ob die beruflich bedingten Ausgaben die 1 000-Euro-Grenze überschreiten, sollten Angestellte auf jeden Fall die Belege sammeln. Häufig wird bereits durch die Entfernungspauschale die Grenze überschritten. Beträgt der Arbeitsweg 18 km an 220 Arbeitstagen, ergeben sich daraus bereits 1 188 Euro, die als Werbungskosten steuerlich geltend gemacht werden können (220 Tage x 18 km x 0,30 Euro = 1 188 Euro).
•Pendler
Steuerliche Nachteile müssen ab 2012 einige Pendler hinnehmen, da die Abrechnung vereinfacht wird. Betroffen sind Pendler, die teils mit Bus und Bahn und teils mit dem eigenen Auto zur Arbeit fahren. Bisher können sie taggenau abrechnen und die jeweils höhere Summe ansetzen. Beispiel: Ein angestellter Zahnarzt fährt 18 km zur Praxis. An 160 Tagen fährt er drei Kilometer mit dem eigenen Auto zum Bahnhof und die restlichen 15 mit der Bahn. An den übrigen 60 Arbeitstagen legt er die gesamte Strecke mit dem Auto zurück. Bisher kann er wählen, ob er die vollen Ticketkosten ansetzt oder 0,30 Euro je Kilometer der einfachen Entfernung (bis zu maximal 4 500 Euro) steuerlich gel tend macht. Ab 2012 wird entweder allein der Ticketpreis oder für alle Fahrten die Entfernungspauschale berücksichtigt. Damit vereinfacht sich zwar die Abrechnung, aber für manche Pendler ist diese Regelung zum Nachteil, weil sie weniger Kosten geltend machen können.
Kapitalanleger
•Versteuerte Kapitalerträge
Die ab dem Jahr 2012 geltende Regelung bringt eine Erleichterung für Kapitalanleger. Bereits versteuerte Kapitalerträge müssen nicht mehr in der Steuererklärung angegeben werden. Bisher sind diese Angaben notwendig, um bestimmte Steuervorteile berechnen zu können, wie zum Beispiel beim Abzug von Spenden, bei außergewöhnlichen Belastungen wie Krankheitskosten, Unterhalt und dem Ausbildungsfreibetrag.
Zu den Einkünften wurden bisher die Kapitalerträge zugerechnet, um zum Beispiel den Eigenanteil – die sogenannte zumutbare Belastung – bei den Krankheitskosten zu ermitteln. Künftig werden bei der Berechnung die Einkünfte ohne die Kapitalerträge zugrunde gelegt.
•Rechnungslegung
Die Rechnungsstellung umsatzsteuerpflichtiger Zahnärzte wird rückwirkend zum 1. Juli 2011 erleichtert. Diese Zahnärzte können ihre Rechnungen nun einfacher, per E-Mail, versenden und das Finanzamt muss diese Belege akzeptieren. Voraussetzung ist jedoch, dass die Rechnung immer einwandfrei lesbar ist. Die bisherige Forderung des Finanzamts, das elektronische Rechnungen für die Berechnung der Umsatzsteuer nur mit einer elektronischen Signatur anerkannt werden, entfällt.
Krankheitskosten
•Kein amtsärztliches Gutachten mehr
Der Nachweis einer Krankheit und der medizinischen Indikation der Behandlung muss nicht mehr zwingend durch ein vor Beginn der Behandlung eingeholtes amtsoder vertrauensärztliches Gutachten oder Attest geführt werden. Ausreichend sind alle geeigneten Beweismittel zum Nachweis der Krankheitskosten. Durch die gesetzliche Neufassung wird dem Steuerpflichtigen von Anfang an Rechtssicherheit in der Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen ermöglicht. An diese Entscheidung ist der Fiskus aufgrund Rechtsverordnung gebunden. Dabei gibt es für den Nachweis der Zwangsläufigkeit von Aufwendungen im Krankheitsfall drei verschiedene Vorgaben:
a) Meist erfolgt der Nachweis durch eine Verordnung eines Arztes oder Heilpraktikers. Diese muss vor Beginn der Heilmaßnahme oder dem Erwerb des medizinischen Hilfsmittels ausgestellt worden sein.
b) Alternativ kommt der Nachweis durch ein amtsärztliches Gutachten oder eine ärztliche Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung für gesetzlich definierte Maßnahmen in Betracht, wie etwa für eine Heilkur oder eine psychotherapeutische Behandlung.
c) Eine Bescheinigung des behandelnden Krankenhausarztes wird für Besuchsfahrten zu einem für längere Zeit im Krankenhaus liegenden Ehegatten oder Kind des Steuerpflichtigen benötigt. Diese muss bestätigen, dass der Besuch zur Heilung oder Linderung einer Krankheit entscheidend beitragen kann.
Zahnarzt als Unternehmer
•Praxismanagement
Als weitere Maßnahme ist die schrittweise Einführung EDV-basierter Verfahren für möglichst alle Phasen des Besteuerungsprozesses – als Ersatz für die papiergestützten Kommunikationswege – vorgesehen. Diese Verfahren, bekannt unter dem Stichwort „E-Bilanz“, betreffen die elektronische Übermittlung des Jahresabschlusses sowie der darauf basierenden Steuererklärungen eines in eigener Praxis tätigen Zahnarztes. Diese Maßnahmen sollen fortlaufend, beginnend mit dem Jahresabschluss 2011 eingeführt werden und spätestens für den Jahresabschluss und die Steuererklärungen des Jahres 2012 voll greifen.
ZÄ Dr. Sigrid Olbertz, MBAMittelstr. 11a45549 Sprockhövel-Haßlinghausen
Dipl.-Finanzwirt Jürgen StolzHomberger Str. 72b47441 Moers