Bedingt abzugsfähig
Im Streitfall wurde die Ehefrau des Klägers wegen einer schweren Krebserkrankung der Bauchspeicheldrüse operiert. Nach der Operation wurde ihr vom Krankenhaus eine konventionelle Chemotherapie empfohlen. Stattdessen unterzog sich die Patientin einer immunbiologischen Krebsabwehrtherapie mit dem Medikament Ukrain. Das Medikament ist weder in Deutschland noch in anderen europäischen Ländern als Arzneimittel zugelassen. Zu der alternativen Krebsabwehrtherapie hatte der Hausarzt der Patienten geraten, ein Facharzt für Allgemeinmedizin, Chirotherapie und Naturheilverfahren. Er vertrat die Ansicht, dass eine konventionelle Chemotherapie wegen des geschwächten Gesundheitszustands der Patientin und einer Tumorkachexie nicht möglich sei. Der Kläger machte die Behandlungskosten seiner später verstorbenen Ehefrau, die von seiner Krankenkassen nicht erstattet wurden, in Höhe von rund 30 000 Euro als außergewöhnliche Belastung steuerlich geltend. Doch weder das Finanzamt noch das Finanzgericht akzeptierten die Kosten und lehnten die steuerliche Anerkennung ab.
Die Richter des BFH entschieden, dass auch Kosten für eine objektiv nicht zur Heilung oder Linderung geeigneten Behandlung als außergewöhnliche Belastung abziehbar sein können. Jedoch muss eine Erkrankung mit einer nur noch begrenzten Lebenserwartung bestehen, die nicht mehr auf eine kurative Behandlung anspricht. Nach Ansicht der Richter steht nicht die medizinische Notwendigkeit der Maßnahme im Vordergrund, sondern die Ausweglosigkeit der Lebenssituation, die den „Griff nach jedem Strohhalm“ erlaubt. Allerdings können die Kosten für sogenannte Außenseitermethoden nur dann steuerlich berücksichtigt werden, wenn die Maßnahmen von Personen vorgenommen werden, die zur Ausübung der Heilkunde zugelassen sind.
BFHUrteil vom 02.09.2010AZ: VI R 11/09ZÄ Dr. Sigrid Olbertz, MBAMittelstr. 11a45549 Sprockhövel-Haßlinghausen