GKV und PKV in der Krise

Auf dem Weg zur Konvergenz

Gibt es eine schleichende Konvergenz der Systeme von GKV und PKV? Und finden sich Lösungsansätze für die Folgen des demografischen Wandels und des medizinisch-technischen Fortschritts? Diese Fragen standen im Zentrum des diesjährigen Presseseminars des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte (FVDZ) am 28. Januar in Berlin. Das Fazit der Experten: Die GKV wird sich auf mehr Privatisierung einstellen müssen.

Unter dem Motto „Konvergenz der Versicherungssysteme – Zukunft von GKV und PKV“ griff der Freie Verband Deutscher Zahnärzte auf seinem Presseseminar in Berlin ein aktuelles Thema auf, das auf der Veranstaltung für anregenden Diskussionsstoff sorgte.

Der FVDZ-Vorsitzende Dr. Karl-Heinz Sundmacher skizzierte, dass die Bevölkerungsentwicklung und die Entwicklung des Altenquotienten die sozialen Sicherungssysteme an ihre Belastbarkeitsgrenzen stoßen lasse. GKV und PKV steckten tief in der Krise, so Sundmacher, sozusagen zwischen Scylla (Demografie und Finanzierbarkeit) und Charybdis (Morbidität und technischer Fortschritt). Ob eine Konvergenz beider Systeme diese Probleme lösen könne, sei ergebnisoffen. „Die Frage lautet: Kann ein einheitlicher Versicherungsmarkt die zukünftigen Krankheitskosten nachhaltiger absichern als das heutige gegliederte System?“ Die Durchmischung laufe bereits, erklärte Sundmacher und verwies auf Elemente wie GKV-Zusatzbeiträge, Wahltarife oder die Mehrkostenregelung einerseits und den PKV-Basistarif oder die PKV-Partizipation an Rabattverträgen andererseits.

Verschiedene Ansätze

Modelle aus dem Ausland lassen unterschiedliche Lösungsansätze erkennen. Prof. Dr. Stefan Felder, Schweizer Gesundheitsökonom an der Universität Duisburg-Essen, zeigte sich überzeugt, dass das schweizerische Gesundheitssystem im Vergleich zum deutschen effizienter und gerechter sei. Die gesamte Bevölkerung sei gesetzlich krankenversichert, private Zusatzversicherungen deckten weitere Leistungen ab. Es gebe dort eine substanzielle Selbstbeteiligung der Versicherten, die Beiträge seien regional differenziert, niedrigere Einkommen erhielten Zuschüsse aus dem Steuertopf, die Finanzierung der gesetzlichen Krankenversicherung erfolge über Pro-Kopf-Prämien (für Erwachsene 300 Euro im Monat) und ein Risikostrukturausgleich gleiche Nachteile beim Morbiditätsrisiko aus.

In den Niederlanden wählte man einen anderen Weg. 2006 wurde das Nebeneinander von sozialer Krankenversicherung und privater Vollversicherung beendet, wie Prof. Dr. Stefan Greß, Gesundheitsökonom an der Hochschule Fulda, ausführte. Dem vorausgegangen sei ein langjähriger, parteiübergreifend konsentierter Reformprozess, in dem sich beide Systeme immer weiter angenähert hätten. Heute gebe es die Wahl zwischen privatisierten ehemaligen Krankenkassen und traditionell privatwirtschaftlichen Anbietern, die weitgehenden Regulierungen unterlägen. Versicherte könnten unterschiedliche Tarife wählen, für nicht im Basiskatalog enthaltene Leistungen gebe es private Zusatzversicherunge.

Die Expertenbeiträge bei der Podiumsdiskussion ließen erkenne, dass der Konvergenzprozess bereits voll im Gange sei. Felder prognostizierte, dass die GKV sich auf mehr Privatisierung einstellen müsse. Künftig werde es neben einer Basisversicherung immer mehr private Zusatzleistungen geben. Kombinierungsmodelle zwischen GKV und PKV würden stärker greifen. Tim Rödiger, Abteilungsleiter Unternehmensentwicklung beim AOK-Bundesverband, zeigte sich Konvergenztendenzen nicht abgeneigt. Seine Prognose: Es werde eine Basisversicherung geben mit Wahlfreiheit für weitere Leistungen, jedoch müsse die Politik definieren, welche Versorgung in einen Grundkatalog gehöre. Stefan Reker, Leiter Bereich Kommunikation beim PKV-Verband, merkte kritisch an, dass bei einer Konvergenz beider Systeme nur große gesetzliche Kassen den Markt beherrschen würden – eine Struktur, die für die PKV nicht erstrebenswert sei. Die PKV verstehe sich auch als Benchmark und schütze vor medizinischer Rationierung in der GKV.

Im zweiten Teil des Seminars kamen zahnmedizinisch interessierte Journalistenvertreter auf ihre Kosten. Dr. Kerstin Blaschke, stellvertretende FVDZ-Bundesvorsitzende, moderierte wissenschaftliche Fachvorträge zu den Themen Erosion (Säureattacken – Referat Prof. Dr. Uwe Blunck, Berlin) und Abrasion (Craniomandibuläre Dysfunktionen – Referat Priv.-Doz. Dr. Oliver Ahlers, Hamburg). pr

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