Bankenabgabe und Praxiswirtschaftlichkeit

Eigeninitiative ist gefragt

Mit der Bankenregulierung, die die Bundesregierung im März 2010 beschloss, werden Geldinstitute verpflichtet, Reserven anzulegen, um in künftigen finanziellen Notlagen nicht wieder in dem Ausmaß mit Steuergeldern versorgt werden zu müssen, wie bei der Krise 2008. Das wird auch an Arztpraxen nicht spurlos vorübergehen, denn diese Verpflichtung birgt die Gefahr, dass sich die Banken das Geld, das sie investieren müssen, von ihren Kunden zurückholen.

Als vor rund zwei Jahren die amerikanische Investmentbank Lehman Brothers zusammenbrach und nach und nach deutlich wurde, in welchem Umfang „Ramschpapiere“ in Bankbilanzen verborgen waren, kam es zu einem weltweiten Finanzbeben, das auch in Deutschland noch längst nicht verdaut wurde. Die Bankenbranche bekommt nun, neben einem zum Teil erheblichen Vertrauensverlust auf Seiten der Kunden, auch finanziell die Rechnung präsentiert. Sie wird mit einer Abgabe rechnen müssen, die pro Jahr rund 1,2 Milliarden Euro kosten und insgesamt 70 Milliarden Euro betragen soll. Damit wird eine finanzielle Reserve gebildet, auf die in künftigen Notfällen zurückgegriffen werden kann. Schließlich soll sich ein finanzielles Eingreifen des Staates, dessen Ende immer noch nicht abzusehen ist, zumindest in dieser Form möglichst nicht wiederholen.

So weit, so gut. Allerdings wird erst noch die wirtschaftliche Praxis zeigen, in welchem Umfang Bankinstitute zukünftig tatsächlich in der Lage sein werden, diese Bankenabgabe aus eigenen Mitteln aufzubringen oder ob dafür Kunden und damit auch Praxisinhaber herangezogen werden. Immerhin bestehen dazu umfangreiche Möglichkeiten, sowohl bei den Kreditzinssätzen als auch bei den vielfältigen Bankgebühren. Praxisverantwortlichen wird also nichts anderes übrig bleiben, als sich erneut klar zu machen, dass sprichwörtliches „Aussitzen“ fast automatisch zu einer finanziellen Mehrbelastung führen wird. Eigene Aktivitäten sind gefragt.

Bank- und Kreditkosten überprüfen

Eine erste Übersicht kann dazu bereits ein Blick in die betriebswirtschaftlichen Auswertungen bieten, in denen die Bankkosten zu finden sind. Hier spielen in aller Regel die Kreditkosten eine entscheidende Rolle. Bei einem nach wie vor niedrigen Zinsniveau ist es in den meisten Fällen hilfreich, wenn bei Praxiskrediten und Immobiliendarlehen mittel- und langfristige Zinsbindungen gewählt werden, an die sich beide Vertragspartner während dieser Zeiträume zu halten haben.

Übrigens: Praxisinhaber, die in der glücklichen Lage sind, liquide Mittel anlegen zu können statt aufnehmen zu müssen, sollten sich derzeit für Tagesoder Termingeldkonten mit Laufzeiten von bis zu maximal zwei, drei Monaten entscheiden, da sie bei längerfristigen Anlageformen ohnehin kaum mehr Zinsen erhalten.

Praxisinhaber, die an Anlagezeiträume von mehr als einem Jahr denken, sollten ebenfalls vorsichtig agieren. Geht es mit den Zinsen nämlich wieder aufwärts, müssen sie bei mittel- und langfristigen Anlagen mit Kursverlusten rechnen, wenn sie das Geld vor dem jeweiligen Ablauftermin benötigen.

Zusatzgebühren unter die Lupe nehmen

Zurück zu den Kosten: Neben den Kreditzinsen gehören auch sämtliche weitere Bankkosten auf den regelmäßigen Prüfstand. Vor allem jene Gebühren, die rund um die Praxiskonten entstehen, sind hier von entscheidender Bedeutung.

Dazu gehören neben den Kontoführungsgebühren in Form einer Kontopauschale oder eines Kostenmodells, das sich an den Kontoumsätzen orientiert, auch mögliche Zusatzgebühren etwa für Bank- und Kreditkarten. Je nach Kreditinstitut sind weitere Gebühren möglich, wenn beispielsweise der Überziehungskredit nicht in Anspruch genommen wird oder eine Provision berechnet wird, die sich am betrieblichen Umsatz orientiert.

Darüber hinaus sollte regelmäßig geklärt werden, ob durch eine Optimierung des Online-Bankings Kostenverringerungen möglich sind. Um die vielfältigen Produktvarianten, die diese Technik bietet, auch tatsächlich kennen zu lernen, bieten sich auf das individuelle Unternehmen zugeschnittene Praxissimulationen der Banken an. So sind neben der Abwicklung des Zahlungsverkehrs längst anspruchsvolle Programmalternativen üblich, die vom täglichen Kontoausgleich bei verschiedenen Banken zur Vermeidung von teuren Kredit- und Überziehungszinsen bis zur Terminüberwachung von Zahlungseingängen respektive von fälligen Zins- und Tilgungsraten reichen. Auch komplexe Liquiditäts- und Rentabilitätsprogramme, die Praxisinhaber bei der Unternehmenssteuerung helfen können, gehören zu den diesbezüglichen Angeboten der Finanzbranche.

Die Notwendigkeit einer vollständigen Kostentransparenz sollte im Ergebnis also nicht strittig sein. Vor diesem Hintergrund dürfte die bisher oft übliche Hausbankfunktion zukünftig an Bedeutung verlieren, da bisherige Nebenbankverbindungen die Gelegenheit nutzen werden, ihren Marktanteil bei interessanten Mittelbetrieben wie Arztpraxen über preiswerte Angebote zu verbessern. Die Notwendigkeit der Bankenbranche, hier Aktivitäten zu entwickeln, ergibt sich auch durch die Anforderungen, die zurückgehende Erträge im Wertpapiergeschäft der Kreditinstitute mit sich bringen werden. Es ist selbstverständlich legitim, dass Praxisinhaber dieses Spannungsfeld besetzen und sich spätestens jetzt als gleichberechtigter Geschäftspartner profilieren.

Vorsicht vor übereilten Umsatzverlagerungen

Häufig erwarten bisherige Nebenbankverbindungen zusätzliche Umsätze, wenn sie Praxen in ihren Kosten entgegen kommen. Dies ist durchaus üblich und auch verständlich. Allerdings sollten Praxisinhaber vor einem solchen Schritt erst einmal sorgfältig prüfen, ob bestehende Darlehensverträge mit der bisherigen Hausbank dies überhaupt zulassen. Je nach Vertrag sind nämlich Kreditkonditionen auch hier mit Umsatzzuweisungen in einer fixen Höhe verbunden, die ernst genommen werden sollten.

Michael VetterWirtschaftsjournalistvetter-finanz@t-online.de

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