Geldanlage in schwierigen Zeiten

Mut zur Gelassenheit

Kippt der Euro? Drohen weitere Bankpleiten? Wo ist das Geld überhaupt noch sicher? Gold oder Schweizer Franken – so lauten derzeit die angeblich besten Alternativen zu Aktien und Anleihen. Doch wer darauf setzt, riskiert ebenfalls Verluste. Deshalb raten Experten dazu, einen kühlen Kopf zu bewahren, sich die tatsächlichen Risiken genau anzuschauen und dann zu entscheiden.

Das Geschäft mit der Angst der Anleger funktioniert zurzeit tadellos – jedenfalls aus Sicht der Banken. Ihre Kunden suchen Rat, um ihr Vermögen vor Inflation und den Folgen der Eurokrise zu schützen. Die Ängste der Anleger bieten vielen Beratern eine perfekte Vorlage, um das Depot der Kunden häufig umzuschichten und auf diese Weise viele Kosten zu produzieren. Da heißt es zum Beispiel schnell raus aus den Immobilienfonds, denn die sind alle schlecht und rein in den derzeit erfolgreichen Aktienfonds – selbstverständlich von der hauseigenen Fondsgesellschaft. Dazu noch schnell ein paar Zertifikate, ausgegeben von der Bank, und schon hat der Berater die Vorgaben seines Chefs erfüllt und ein Plus für die Bank erwirtschaftet. Ob der Kunde ebenfalls einen Vorteil aus dem Geschäft bezieht, bleibt erst einmal unklar. Der Zahnarzt, den sein Beruf so auslastet, dass ihm kaum Zeit bleibt, sich um sein Vermögen selbst zu kümmern, vertraut auf seinen Berater und zahlt. Am Ende haben die Kosten und Gebühren für die Anlage die Rendite nicht selten weitestgehend aufgefressen.

Gefährdungen europaweit

Diese Erfahrung macht Niels Nauhauser, Geldanlage-Experte bei der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg in Stuttgart, jeden Tag und warnt: „Geldanlage ist längst nicht so komplex wie viele Anleger glauben. Die Banken gaukeln ihren Kunden eine hohe Komplexität vor, um damit die Notwendigkeit von vielen kostenträchtigen Umschichtungen des Depots plausibel zu machen.“ Er rät dazu, die Schreckensnachrichten und ihre möglichen Auswirkungen auf die Geldanlage erst einmal genau zu prüfen. Die Entwicklungen in Europa und in den USA stimmen nicht gerade optimistisch. Seit Griechenland als erster Staat die EU um Hilfe bat, reißen die schlechten Nachrichten von der Eurofront nicht mehr ab. Jetzt ist Irland unter den Euroschirm geschlüpft. Die nächsten Kandidaten sind Portugal und möglicherweise das große Spanien. Das bedeutet eine starke Herausforderung für die Euroländer. Allein für Irland steht Deutschland mit zehn Milliarden Euro gerade. Und auch für weitere Fälle wird Deutschland gerade stehen. Dabei gilt es nicht nur, die Kassen der betroffenen Länder erneut zu füllen, Experten halten die Verschuldung der Banken in diesen Ländern für die weitaus größere Gefahr. Auch deutsche Institute haben Schuldscheine dieser Länder in ihren Büchern. Das ist ein wichtiger Grund, warum Angela Merkel ihre Unterstützung zugesagt hat. Erst Ende November 2009 war Deutsche Bank-Chef Josef Ackermann in Berlin vorstellig geworden, um die Regierung auf eine Stützung Irlands einzustimmen.

Panikmacher sprechen von einem möglichen Zusammenbruch des Euros. Und weil sie eine galoppierende Inflation in Aussicht stellen, rechnet mancher Deutsche sogar schon mit einer Währungsreform. Tatsache aber ist, dass der Euro während der Griechenland-Krise zwar an Wert verloren, sich aber anschließend erholt hat und seitdem stark geblieben ist. Auch die Inflationsrate hält sich stabil unter der Zwei-Prozent-Marke, die die Europäische Zentralbank als die Grenzmarke festgeschrieben hat, ab der sie eingreifen will. Dass allerdings auch die deutsche Regierung demnächst mehr Zinsen für die Schuldenaufnahme zahlen muss, hängt laut Expertenmeinung kaum mit einer schlechteren Bewertung des deutschen Risikos zusammen. Schon in den vergangenen Monaten stiegen die Renditen für deutsche Staatsanleihen von 1,8 auf 2,3 Prozent und die Kurse sinken.

Den Grund sehen Experten weniger in der steigenden Verschuldung als vielmehr in den immer noch anziehenden Aktienkursen. Das Geld wandert von den Anleihen an die Börse. Am 7. Dezember 2010 erreichte der Dax zum ersten Mal seit 2008 wieder die 7 000 Punkte. Die Investoren haben erkannt, dass die Anlage in Renten ausgereizt ist und setzen deshalb wieder auf Aktien. Sie gehen davon aus, dass die positive Phase noch anhält.

Aktien wieder gefragt

Die Aussichten für die deutsche Wirtschaft katapultieren das Land auf Platz eins unter den Industrienationen. Die Konjunktur brummt, die Arbeitsmarktzahlen glänzen geradezu und die Unternehmen erwarten für 2011 so hohe Gewinne, dass im Dezember vergangenen Jahres sogar Arbeitgeberpräsident Dieter Hundt deutliche Lohnerhöhungen befürwortet hat. Und die dürften den Konsum weiter anheizen. Allerdings kann sich Deutschland nicht vom Rest Europas abkoppeln. Doch Achim Tiffe, Geschäftsführender Direktor des Instituts für Finanzdienstleistungen in München, sagt: „Man braucht keine Angst um Deutschland zu haben. Selbst wenn dieses Land zahlungsunfähig würde, würden die Menschen dank ihres Know-hows und ihrer Kreativität die Wirtschaft ganz schnell wieder in Gang bringen.“ Außerdem haben Staaten im Vergleich zu Unternehmen einen großen Vorteil in der Krise. Geraten sie in finanzielle Schwierigkeiten, können sie – anders als Unternehmen – die Einnahmen lenken, indem sie einfach die Steuern erhöhen und Leistungen abbauen.

Etwas mehr Gelassenheit bei der Betrachtung der Dinge könnte dabei helfen, Ängste abzubauen. Auch der cleverste Anleger kann sich nicht gegen alle Eventualitäten und schon gar nicht gegen eine Staatspleite schützen. „Denn“, so Verbraucherschützer Nauhauser, „Es gibt keine Anlage, die langfristig sicher ist.“ Anleihen von Staaten wie Deutschland oder den Niederlanden gelten kurz- und mittelfristig als sicherer Hafen. Wer beispielsweise Bundesanleihen im Depot hat, kann die Papiere behalten. Der Staat wird seine Schulden bis zum Ende der Laufzeit bedienen. Der Sparer gibt sich mit weniger Erträgen zufrieden und muss bei steigender Inflation mit einem kleinen Verlust rechnen.

Tagesgeld statt Renten

Doch grundsätzlich sind Renten derzeit nicht das Gebot der Stunde. Wer ganz auf Nummer sicher gehen will, legt einen Teil seines Vermögens in Festoder Tagesgeld an. Mehr als drei Prozent Zinsen für zwei Jahre gibt es derzeit nicht. In absehbarer Zeit ist mit Zinserhöhungen zu rechnen. Deshalb sollte man sich auch nicht länger als maximal ein bis zwei Jahre festlegen.

Als Möglichkeit für eine längerfristige Anlage empfiehlt Achim Tiffe die Investition in börsengehandelte Fonds (ETF). Das können indexbasierte Aktienfonds sein, eventuell auch mit Renten gemischt. Der Vorteil liegt in den niedrigen Kosten von 0,15 bis 0.4 Prozent. Dabei sollten Käufer darauf achten, dass es sich um einfach strukturierte ETF handelt. „Es dürfen nur die Papiere darin enthalten sein, die auch außen angegeben sind“, mahnt Tiffe zur Vorsicht. Anleger, die ETF günstig über die Börse kaufen wollen, sollten sich sehr genau auskennen. Auf der sicheren Seite sind sie, wenn sie sich Unterstützung von einem seriösen Honorarberater holen. Wer sich für Aktien entscheidet, sollte mit einem Anlagehorizont von 15 Jahren kalkulieren.

Auch gegen die Geldentwertung haben sich die in den Fonds enthaltenen Aktien bewährt. Denn Unternehmen, die gute Produkte produzieren, setzen ihre Ware auch zu höheren Preisen ab. Mehr Schutz gegen die Inflation bieten ETF, die auf inflationsindexierten Anleihen basieren. Die höhere Sicherheit bezahlt der Anleger allerdings mit einem Abzug bei der Rendite. Auf Gold als ultimative Lösung aller Anlageprobleme setzen zurzeit Sparer wie Spekulanten. Nur so lässt sich erklären, warum Aktien- und Goldkurs gleichzeitig steigen. Experte Nauhauser glaubt, dass hohe Beträge aus der Geldschwemme in Gold geflossen sind. Jetzt auf das edle Metall zu setzen, wäre ein teurer Spaß, der auch ins Auge gehen kann. Dazu Tiffe: „Vom Goldkauf raten wir ab. Die Verkäufer weisen immer nur auf die Kursentwicklung der letzten fünf Jahre hin. Wer aber die Entwicklung der Jahre ab 1980 betrachtet, weiß, dass es auch massive Verluste gegeben hat.“ Außerdem bringt Gold keine Zinsen. Und sollten die Spekulanten aussteigen, weil sich an anderer Stelle ein lukrativerer Markt auftut, stürzt der Preis ab. Zudem klafft zwischen An- und Verkaufspreis eine große Spanne.

Immobilienfonds teilweise mit Liquiditätsproblemen

Als wertbeständige Investition standen Immobilien immer auf der Sicherheitsliste ganz oben. Denn egal ob Staatspleite oder Inflation, Hausbesitzer behalten in jedem Fall die Eigentumsrechte an ihrer Immobilie. Das galt in der Vergangenheit auch für Offene Immobilienfonds. Sie erlaubten, auch mit kleineren Beträgen steinernes Kapital zu schaffen. Inzwischen gelten sie als schwierig, weil sie Liquiditätsprobleme haben. Die Hälfte der Fonds ist geschlossen. Bei der anderen Hälfte sollte man erst einmal abwarten, wie die Gutachter, die in den Fonds enthaltenen Immobilien bewerten und welche neuen Regeln die Politik aufstellen wird. Darüber können ein bis zwei Jahre vergehen. So lange kann man das dafür vorgesehene Geld woanders parken. Wer bereits in einem der immer noch gut arbeitenden Fonds investiert hat, kann sein Geld dort lassen. Aufschluss über die Situation des Fonds geben Daten zur Vermietung, Art der Immobilien und ihre Bewertung sowie die vorhandene Liquidität. Diese Angaben kennt der Bankberater; aber auch die Fondsgesellschaft gibt Auskunft darüber. Als Beimischung zum Depot eignen sich Rohstoffe. Vanyo Walter, Mitglied der Geschäftsleitung bei der Frankfurter Niederlassung der Schweizer Privatbank Pictet & Cie. dazu: „Obwohl Rohstoffe hohen Volatilitäten (Schwankungen) unterworfen sind, beurteilen wir die langfristigen Aussichten positiv. Wir sehen eine ungebrochene Nachfrage nach Agrar- und Industrierohstoffen, vor allem in den aufstrebenden Märkten – an erster Stelle China.“ Weil das Angebot knapp ist, rechnet er mit einem attraktiven Wachstum – allerdings mit Schwankungen. Private Anleger, die zwar Risiken nicht scheuen, sollten dennoch nicht direkt investieren sondern sich für einen guten Rohstofffonds entscheiden. Er kann dem Depot Stabilität verleihen. Die Bedingungen für die Geldanlage sind nach wie vor schwierig und in naher Zukunft wird sich daran auch kaum etwas ändern. Deshalb erfordert sie ein hohes Maß an Aufmerksamkeit und profunde Kenntnisse. Wer sich nicht selbst darum kümmern kann, sollte sich fachliche Unterstützung holen. Es dürfte preiswerter sein, 1000 Euro für eine gute Beratung auszugeben als viel Geld für Provisionen zu zahlen und dann doch aufs falsche Pferd zu setzen.

Marlene Endruweitm.endruweit@netcologne.de

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