Neue Wege – klare Perspektiven
Das neue Führungsteam der BZÄK ist auch das alte: Präsident Dr. Peter Engel und die beiden Vizepräsidenten Prof. Dr. Dietmar Oesterreich und Prof. Dr. Christoph Benz sind auf der Bundesversammlung mit großen Mehrheiten für weitere vier Jahre in ihren Ämtern bestätigt worden.
Sorge um Freiberuflichkeit
Zuvor hatte Engel in seinem Bericht eindringlich vor Einschnitten in die Freiberuflichkeit der Zahnmedizin gewarnt: „Wir werden mit Normierungs- und Regulierungsinitiativen überzogen und Zertifizierungs- und Qualifizierungsvorschriften stellen die klassische Freiberuflichkeit zunehmend infrage.“ Die Sorge um die freie Berufsausübung ergebe sich zuallererst aus dem Umgang der Politik mit der GOZ. Die neue GOZ bezeichnete er als einen „Ärgerfaktor“, die Missachtung der berechtigten zahn-ärztlichen Interessen habe den Berufsstand frustriert. Die GOZ ignoriere die ständig voranschreitende Kostenentwicklung und die betriebswirtschaftlichen Erfordernisse in den Praxen. Die Anpassung des Punktwerts bleibe nach wie vor dringend erforderlich. Vehement wehrte sich der Präsident gegen die Einrichtung eines Bewertungsinstituts und gegen die Pläne des BMG, dieses auf Kosten der Zahnärzte einzurichten. Stattdessen sprach er sich für die Wiederbelebung des Konsultationsausschusses aus, bei dem Streitfragen unter den beteiligten Akteuren BZÄK, Beihilfe und PKV unbürokratisch gelöst werden sollen. Mit Blick auf das bevorstehende Bundestagswahljahr skizzierte Engel die kommenden Herausforderungen für den Berufsstand (siehe auch Leitartikel Seite 6). Dazu gehöre unbedingt, eine Bürgerversicherung und Staatsmedizin zu verhindern und das duale System in reformierter Form zu verstärken. Dazu zähle weiterhin die Wahrung der zahnmedizinischen Chancengleichheit auch für benachteiligte Patientengruppen oder der Umgang mit Patientenrechten: „Politiker müssen Voraussetzungen schaffen, die auch dem gewöhnlichen Praxisalltag entsprechen.“
Neue Herausforderungen
Vizepräsident Oesterreich legte den Delegierten die Herausforderungen und Perspektiven für den Berufsstand und die zahnärztliche Selbstverwaltung dar. Er unterstrichdie Bedeutung von Qualitätsförderung und evidenzbasierter Medizin und erläuterte die Auswirkungen des demografischen Wandels auf die Patienten und die zahnärztlichen Versorgungsstrukturen. Die BZÄK habe zwei Memoranden vorgelegt, eines zum Wandel und eines zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Er warnte vor Deprofessionalisierungsgefahren und verwies auf Aktivitäten des Berufsstands im gesellschaftlichen Bereich. So habe die BZÄK eine neue Broschüre („Biss“) vorgelegt, die die Corporate Social Responsibility der Zahnärzteschaft dokumentiere. Außerdem sei durch die Kooperation mit der DKMS Deutsche Knochenmarkspendedatei („Mund auf gegen Blutkrebs“) ein neues Kapitel des sozialen Engagements aufgeschlagen worden.
Über die Arbeit im Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) berichtete Vizepräsident Benz. Die BZÄK sei inzwischen in sechs Arbeitsgruppen vertreten. Die Forderung nach einer Beteiligung sei absolut richtig und notwendig gewesen, gerade die Besonderheiten der zahnärztlichen Versorgung machten es erforderlich, genau hinzu-schauen, sonst werde man mit den Ärzten in einen Topf geworfen. Benz skizzierte ferner die Vorstudie des Statistischen Bundesamtes zum Bürokratieabbau im Auftrag des nationalen Normenkontrollrats an. Aktuell laufe eine Befragung bei 1 000 niedergelassenen Zahnärzten. Die Bürokratielasten von Zahnärzten sollen gemessen werden, um Vorschläge für einen Abbau zu erarbeiten. Außerdem gab der Vizepräsident einen Sachstand zum zahnärztlichen Lern- und Fehlermanagement-Pilotprojekt „Jeder-Zahn-zählt!“ sowie zu ersten Überlegungen im Beirat zur Stärkung des Generalisten.
Abbau der Bürokratie
Bundesgesundheitsminister Daniel Bahr ging in seinem Statement auf die Abstimmung im Bundestag zur Abschaffung der Praxisgebühr ein, eine seiner Einschätzung nach „richtige Maßnahme zum Bürokratieabbau“. Freiberuflichkeit bezeichnete der Minister als hohes Gut, das es gegen alle Angriffe zu verteidigen gelte. Auch der Selbstverwaltung sprach er einen hohen Stellenwert zu, sie müsse in den Regionen gelebt werden, nicht alles könne durch die Politik geregelt werden. Was die Politik selbst angehe, könnten die Zahnärzte hinter viele Punkte, die sie gefordert hätten, „einen Haken machen“. Bahr nannte beispielsweise die Angleichung der Vergütungen Ost und West oder das Bemühen, bestehende Versorgungslücken bei pflegebedürftigen Menschen und Menschen mit Handicap zu schließen, so geschehen im neuen Versorgungsstrukturgesetz oder dem Pflegeneuausrichtungsgesetz.
Bei der dringend notwendigen GOZ- Novelle haben man den Dialog gesucht. Bahr warb aber um Verständnis, dass hier vielfältige Interessen berücksichtigt werden mussten: „Die Regierung kann nicht allein entscheiden“, sagte er mit Blick auf die Maßgaben aus dem Bundesrat. Wichtig sei aus seiner Sicht, dass eine Öffnungsklausel und eine Bematisierung verhindert worden seien – beides Kernforderungen der Zahnärzteschaft. Was die neue Approbationsordnung angeht, zeigte er sich optimistisch, dass sie noch in der laufenden Legislatur- periode verabschiedet werde. Und: Die zahnärztliche Ausbildung müsse auf jeden Fall mit dem Staatsexamen abgeschlossen werden. Vor allem sprach sich Bahr für den Erhalt des dualen Krankenversicherungs-systems aus, es stärke den Wettbewerb und sei einer Einheitskasse überlegen.
Weitere Wahlen
Die Bundesversammlung wählte einen neuen Versammlungsleiter: Dr. Thomas Breyer, Sachsen, löst Dr. Hans-Hermann Liepe ab, der mit großem Dank verabschiedet wurde. Dr. Wolfgang Grüner, Baden-Württemberg, und Dr. Kai Voss, Schleswig-Holstein, bleiben als stellvertretende Versammlungsleiter im Amt.
In den Finanzausschuss wurden Dr. Gunder Merkel, Dr. Ulrich Wingenfeld, Dr. Eva Hemberger, Dr. Wolfgang Klenner und Dr. Michael Förster gewählt. Für den Rechnungsprüfungsausschuss bestimmten die Delegierten ZÄ Anke Staffeldt, Dr. Klaus Befelein, Dr. Michael Ebeling, Dipl.-Stom. Andreas Wegener und Dr. Peter Minderjahn.
Politische Debatten
Ein Schwerpunktthema der standespoli- tischen Debatten war die Positionierung zur Reform des deutschen Gesundheitssystems. Der Vorstand der BZÄK hatte dazu am 10. Oktober ein Memorandum verab- schiedet, das umfassend die aktuellen und zukünftigen Probleme des dualen Versicherungssystems in Deutschland aufzeigt und Lösungsvorschläge für eine Reformierung der bestehenden Strukturen anbietet. Es erhebt Forderungen, auf deren Grundlage die BZÄK ihre gesundheitspolitische Diskussion weiterführen will und an der sich die gesundheitspolitischen Programme der Parteien im Wahljahr 2013 messen lassen sollen. Der Erhalt des dualen Systems sei ordnungspolitisch unverzichtbar, heißt es in dem Papier. Sowohl GKV als auch PKV müssten jedoch nachhaltig reformiert werden. Einem entsprechenden Leitantrag des BZÄK-Vorstands stimmte die Ver- sammlung mit großer Mehrheit zu und sprach sich dafür aus, die Lösungsvorschläge offensiv an die Politik heranzutragen. Ein Leitantrag zur Berufspolitik wurde beraten und zur Weiterentwicklung zurück in die Länder getragen.
Gutachten zur GOZ
Ein weiterer Schwerpunkt war die GOZ. Prof. Dr. Gregor Thüsing, LL.M, informierte die Delegierten über sein Gutachten „Angemessene Vergütung zahnärztlicher Leistungen als Rechtsproblem“, das er im Auftrag der BZÄK erstellt hat. Thüsing, der Mitglied des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen und Direktor des „Instituts für Arbeitsrecht und Recht der sozialen Sicherheit“ der Univer- sität Bonn ist, skizzierte die verfassungsrechtlichen und europäischen Grenzen der Ausgestaltung der GOZ im Hinblick auf die Sicherstellung einer angemessenen zahnärztlichen Vergütung. Außerdem legte er die Ergebnisse seines Gutachtens zum maschinenlesbaren GOZ-Rechnungsformular dar. Seiner Auffassung nach sei das Formular rechtswidrig, es bediene eindeutig nur die Interessen Dritter. Das als Anlage 2 der GOZ angefügte Rechnungsformular sei nicht von § 15 des Zahnheilkundegesetzes erfasst, es sei unzulässig und datenschutzrechtlich bedenklich.
Die Delegierten hielten eine Verfassungs- beschwerde gegen den Erlass der GOZ aus sachlichen und politischen Gründen für notwendig und zulässig und sprachen sich dafür aus, zahnärztliche Kläger bei ihren Klagebemühungen zu unterstützen.
Die Delegierten bekräftigten ihre Position zur GOZ in mehreren Beschlüssen. So sprachen sie sich unter anderem dafür aus, bei der Festlegung des zahnärztlichen Honorars auch die betriebswirtschaftlichen Erfordernisse der Praxis zu berücksichtigen und gegebenenfalls § 2 anzuwenden. Ferner soll der GOZ-Punktwert an die wirtschaftliche Entwicklung angepasst werden. Auch wurde dazu aufgefordert, die durch den Bundesrat eingebrachte verpflichtende Verwendung der Anlage 2 ersatzlos zu streichen. Die Versammlung beauftragte den BZÄK-Vorstand mit der Einrichtung eines Internetportals, in dem Zahnärzte die privaten Krankenversicherungen bewerten können – mit der Vergabe von Schulnoten und einer Rangliste.
Formelles
Die Versammlung hatte auch Formelles zu regeln. So wurde die neue Geschäftsordnung, die Beitragsordnung, die Reisekostenordnung und die Sitzungskostenordnung beschlossen. Im Rahmen der Beratungen über den Haushalt wurde dieser als aus- geglichen festgestellt und dem Vorstand Entlastung erteilt. Für die gute Organisation der Versammlung sorgten die gastgebende Kammer Hessen und das Team der BZÄK-Verwaltung.pr