Die klinisch-ethische Falldiskussion

Eine minderjährige schwangere Patientin

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Dominik Groß
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Ralf Vollmuth
Dieser Fall thematisiert die zahnärztliche Schweigepflicht und damit verbundene Loyalitätskonflikte bei der Behandlung einer minderjährigen schwangeren Patientin. Die Kommentare sind von Zahnärzten verfasst, die im Bereich der klinischen Ethik vorgebildet, jedoch keine Juristen sind.

Der Fallbericht:

Zahnarzt Dr. EH behandelt seit über 20 Jahren alle Mitglieder der Familie Müller. Er unterhält mit der Familie auch privaten Kontakt: EH und der Familienvater FM, ein evangelischer Theologe in den Fünfzigern, kennen sich noch aus Kindergartenzeiten, und auch ihre Kinder verkehren teilweise im gleichen Freundeskreis.

An einem Montagvormittag stellt sich die knapp 17-jährige, aufgeweckte und quirlige Tochter von FM mit pulpitischen Beschwerden an Zahn 46 vor. Ihre Mutter hat sie kurzfristig vom Gymnasium abgeholt und mit dem Auto zur Praxis chauffiert. Sie nimmt im Wartezimmer Platz, während die Tochter mit dem Zahnarzt in den Behandlungsraum geht. EH ordnet zunächst ein Röntgenbild an. Die Zahnmedizinische Fachangestellte bittet die Patientin – wie vor Röntgenaufnahmen üblich – um eine Unterschrift, die bestätigt, dass keine Schwangerschaft vorliegt. Die Patientin reagiert verstört und gibt an, an diesem Tag nicht geröntgt werden zu wollen. Die Fachangestellte erklärt ihr die Relevanz und Dringlichkeit der Maßnahme, worauf die Patientin in Tränen ausbricht. EH wird dazugerufen, und die Patientin eröffnet ihm tränenüberströmt, dass sie schwanger sei. Ihre Eltern wüssten nichts davon und dürften auch nichts erfahren, zumal sie noch nicht entschieden habe, ob sie „das Kind haben möchte“. Auch deshalb wolle sie ihre Eltern „nicht unnötig beunruhigen“.

EH ist bedrückt und verunsichert und ringt mit folgenden Fragen:

1. Soll er dem Wunsch der minderjährigen Patientin entsprechen, beziehungsweise gilt die (zahn)ärztliche Schweigepflicht auch für Minderjährige?

2. Soll/darf er die Patientin mit ihrem „Problem“ allein lassen? Kann er annehmen, dass die Patientin die Tragweite der anstehenden Entscheidung über die Fortsetzung beziehungsweise den Abbruch der Schwangerschaft übersieht?

3. Welche Verpflichtungen hat er gegenüber seinen Freunden, den noch ahnungslosen Eltern. Soll er sie informieren oder soll er die Patientin drängen, sich den Eltern zu offenbaren?

4. Und welchen Einfluss hat bei seiner Entscheidungsfindung die Tatsache, dass die Patientin einen Schwangerschaftsabbruch in Betracht zieht?

Dominik Groß

Univ.-Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Dr. phil. Dominik GroßInstitut für Geschichte, Theorie und Ethik der MedizinUniversitätsklinikum der RWTH AachenWendlingweg 252074 Aachen

gte-med-sekr@ukaachen.de

Dr. med. dent. Brigitte UtzigSaarbrücker Str. 6366901 Schönenberg-KübelbergProf. Dr. med. dent. Ralf VollmuthOberfeldarzt – Leiter Zahnarztgruppe Fachsanitätszentrum HammelburgRommelstr. 3197762 Hammelburgdr.ralf.vollmuth@t-online.de

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