Praxismarketing

Den Patienten in die Praxis lotsen

sg
Der Wettbewerb unter Medizinern nimmt immer mehr zu. Sichtbar wird dies nicht nur, aber auch und gerade in Ballungsräumen. Dort machen sich die Praxen munter Konkurrenz, gleichzeitig ist eine Zunahme zahnärztlicher Werbemaßnahmen zu beobachten. Viele Praxisinhaber fragen sich, ob sie sich an der Entwicklung verstärkten Marketings beteiligen müssen, und – wenn ja – wie?

Ob bewusst oder unbewusst: Jeder Zahnarzt betreibt Marketing – und das auch zu Recht. Denn Marketing umfasst alle Maßnahmen zur wirtschaftlichen Fortentwicklung des Unternehmens, hier der Praxis. Und wer ein Interesse daran hat, dass es seinem Betrieb, und ein solcher ist eine Praxis nun auch einmal, gut und besser geht, sollte sich bewusst mit dem Thema auseinandersetzen. Gern verweisen Mediziner darauf, dass sie nicht werben müssten, weil die Patienten wegen der kostenfreien Mundpropaganda, also auf Empfehlung, ohnehin in die Praxis kämen. Tatsächlich folgen laut Studien 65 Prozent aller Patienten in Deutschland, die neu in eine Praxis kommen, einer persönlichen Empfehlung. Doch allein darauf zu bauen, kann sich schnell als unternehmerischer Leichtsinn herausstellen. Besser ist es, die Entwicklung der Praxis näher zu betrachten.

Empfehlungsquote heben

Jede Praxis benötigt ständig neue Patienten, weil die Stammpatienten auf natürliche Weise – etwa durch Wegzug – weniger werden. Oder aber, weil sie unzufrieden sind. Man kann davon ausgehen, dass der Mittelwert der Neupatientenrate in Deutschland bei zehn bis 15 Patienten pro Praxis und Monat liegt. Bei erfolgreichen Praxen beträgt dieser Wert nicht selten 20 bis 50 Patienten. Untersuchungen sehen die Empfehlungsquote, also den Anteil der Patienten, die aufgrund persönlicher Empfehlung in die Praxis kommen, bei 65 Prozent. In urbanen Gebieten und bei jungen Menschen ist die Webquote, also der Anteil der Neupatienten, die die Praxis mittels Internet ausfindig gemacht haben, mit teilweise mehr als 30 Prozent stark überdurchschnittlich.

Weil man davon ausgehen kann, dass die Bedeutung des Internets auch weiterhin zunehmen wird, wird auch der Anteil derer, die dieses Medium zur Praxisauswahl nutzen, weiter wachsen. Erfahrungswerte von Marktbeobachtern besagen, dass Praxen mit deutlich weniger als zehn Neupatienten als nachhaltig gefährdet gelten können respektive dass der ideelle Praxiswert fällt.

Gezieltes Marketing in eigener Sache sollte daher für die wirtschaftliche Entwicklung einer Praxis nicht unterschätzt werden. Da niemand Geld zu verschenken hat, steht die Frage nach Effektivität und Effizienz der Maßnahmen im Vordergrund. Und: Auf der Basis der Positionierungstheorie sollte vor jeder Marketing- und Werbemaßnahme die Praxis-Positionierung stehen. Dies kann man sich anhand des Kürzels PMW (Positionierung – Marketing – Werbung) leicht einprägen.

Die Positionierung

Die Positionierung kann, muss aber nicht mit der fachlichen Spezialisierung übereinstimmen. Als Beispiel soll ein Zahnarzt angeführt werden, der als Fußballfan einer bestimmten Mannschaft seine Behandlungsräume so eingerichtet hat, dass sich andere Fans des Vereins, ungeachtet seiner fachlichen Kompetenz, bei ihm wohlfühlen. In der Praxis gibt es, um das Beispiel gedanklich fortzuführen, Kaffeebecher und vieles andere in den Vereinsfarben, den „Kicker“ als Patientenlektüre oder das Gespräch mit dem Zahnarzt über das letzte Spiel. Das Beispiel soll verdeutlichen: Es ist gut, eine Philosophie zu erarbeiten, warum die Patienten in die Praxis kommen und sich dort wohlfühlen sollen. Dies kann etwa in einem Workshop geschehen, an dem der oder die Praxisinhaber sowie mindestens eine erfahrene Helferin teilnehmen. Hier werden die Stärken des Inhabers und des Teams analysiert und in ein Profil gegossen.

Weitere Positionierungen können sein: „Die Kinderzahnärztin der Stadt“, der „Implantologe“, der „Zahnarzt mit ganzheitlicher Herangehensweise“ , der „Business-Zahnarzt im Zentrum“ und vieles mehr. Merke: Es gibt hierzulande nicht nur 45 000 Praxen, sondern auch 45 000 verschiedene Positionierungen.

Ein Zahnarzt bietet mit seiner Behandlung dem Patienten in der Regel einen hohen faktischen Nutzen. Doch der Patient kann diesen nicht bewerten, geschweige denn mit dem Nutzen, den die Behandlung bei einem anderen Zahnarzt bringen würde, vergleichen. Das kann er nur mit dem „emotionalen Nutzen“ oder der Praxis- Atmosphäre, die ihm geboten werden. Wenn sich ein Patient, um das genannte Beispiel aufzugreifen, beim Fußballzahnarzt wohlfühlt, wird er nicht wechseln, weil bestenfalls eine starke emotionale Bindung aufgebaut wurde. Der emotionale Nutzen kann daher bisweilen glaubwürdiger und stabiler sein als der faktische Nutzen.

Seriöse Außendarstellung

Kein Neupatient kommt in eine Praxis, wenn er sie nicht kennt. Es muss also versucht werden, sich bekannt zu machen – und dies auf angemessene und seriöse Weise. Klar sollte daher sein, dass bei einem medizinischen Dienstleistungsmarketing der Spagat zwischen Erlangung der Aufmerksamkeit und dem Anspruch des Patienten an eine seriöse und hoch anspruchsvolle medizinische Behandlung eine besondere Herausforderung darstellt.

Zahnärzte bieten eine hochwertige medizinische Dienstleistung und sind wirtschaftlich darauf angewiesen, dass Patienten sie in Anspruch nehmen. Mit Werbung sagt man zunächst einmal nur, dass es einen gibt. Und dann noch, wofür man steht. Damit man idealerweise die Neupatienten erreicht, die zu einem passen.

Werbung bedeutet, zu zeigen, dass man zur Erfüllung der Erwartung dieser Menschen zur Verfügung steht. Wenn der Beworbene annimmt, dass das Angebot der Praxis für ihn das richtige ist, wird er zur Behandlung kommen. Entscheidend ist aber, dass die Erwartungshaltung, die durch die Werbung beim Patienten entstanden sein kann, in der Praxis auch erfüllt wird.

Werbung muss authentisch sein und zur Praxis passen. . Ist sie es, ist sie nicht unseriös, sondern im Hinblick auf das Wohl des Patienten sogar zielführend. Werbung mit marktschreierischem Brüllen zu verwechseln ist nicht nur berufsrechtlich unzulässig, sondern dem langfristigen seriösen Ruf der Praxis eher abträglich. Richtig gemacht, kann strategisch gutes Marketing zur wirtschaftlich positiven Fortentwicklung der Praxis führen.

Prof. Dr. Ing. Thomas SanderMedizinische Hochschule HannoverLehrgebiet PraxisökonomieCarl-Neuberg-Str. 130625 Hannover

INFO

Aktive Patientensuche

• Empfehlungsmarketing

Am günstigsten ist das Empfehlungsmarketing. Man kann seine zufriedenen Patienten ruhig darauf ansprechen, dass man sich freut, wenn sich diese im Bekanntenkreis (oder im Internet) positiv über die Praxis äußern und sie empfehlen.

• Webseite im Internet

Weiterhin ist eine gute Website von Vorteil, weil nicht nur im Internet über Suchmaschinen nach Praxen geforscht wird, sondern sich auch viele Patienten, die anders auf die Praxis aufmerksam gemacht wurden, hier näher informieren. Auf der Website empfehlen sich Fotos der Behandler, des Teams und der Praxis. Grund: Die Patienten möchten wissen, welcher Mensch in welcher Umgebung sie dort gegebenenfalls behandelt.

• Werben mit Zeitungsanzeigen/ Plakaten

Hohen Nutzen haben auch Zeitungsanzeigen (besonders in der lokalen Presse, je lokaler desto besser) und Plakate, zum Beispiel an Haltestellen.

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