Genau hinsehen
Die Finanzkrise sowie die bevorstehende Umsetzung der verschärften Eigenkapitalregeln (brancheninterner Fachbegriff: „Basel III“) der Bankinstitute zeigen nicht nur Wirkung in der Kreditvergabe selbst, sondern auch in den Details der damit verbundenen vertraglichen Verpflichtungen seitens der jeweiligen Zahnarztpraxis. Sogenannte „Covenants“ gewinnen hier rasant an Bedeutung. Es handelt sich um bestimmte Formulierungen oder Abreden in Kreditverträgen und in sonstigen Vereinbarungen, die dem Zahnarzt als Bankschuldner konkret festgelegte Pflichten auferlegen.
Ziel dieser Covenants ist es, weitgehend sicherzustellen, dass sich die zu Beginn des jeweiligen Kreditvertrags bestehenden wirtschaftlichen und rechtlichen Verhältnisse des Kunden während der Kreditlaufzeit nicht zulasten der Bank verändern. Das Kreditmanagement des Bankinstituts prüft im Verlauf der Geschäftsverbindung daher regelmäßig, ob sich an den ursprünglichen Rahmenbedingungen etwas geändert hat und ob, falls dies der Fall ist, mögliche vertragliche Konsequenzen daraus zu ziehen sind.
Unterschätzte Sanktionen
Gerade dieser Punkt, die mögliche Reaktion der Bank etwa auf eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation des Zahn- arztes, wird von Praxisinhabern häufig unterschätzt. Die kreditvertraglich festgelegten bankseitigen Optionen sehen nämlich neben höheren Zinsen durchaus auch Nachbesicherungen und sogar außer- ordentliche Kreditkündigungen vor. War es in der Vergangenheit oftmals möglich, etwa Zahlungsprobleme mit einem telefonischen Hinweis an den zuständigen Bankmitarbeiter als eindeutig „vorübergehend“ verbal zu entschärfen. Diese Möglichkeit besteht zwar heute zumindest im Grundsatz und vor allem bei langjährigen Geschäftsverbindungen nach wie vor. Andererseits ist der mittlerweile quasi automatische Ablauf beim Abweichen von wichtigen Covenants kaum mehr zu verhindern. Üblich ist vor dem Einsatz der erwähnten restriktiven Maß-nahmen aber immerhin das Setzen einer bestimmten Frist, um dem Zahnarzt die Möglichkeit zu geben, die ursprünglich vereinbarten vertraglichen Grundlagen wiederherzustellen. Dieser Zeitraum sollte aber auch mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln genutzt werden, da es je nach Kreditgeber eine zweite Möglichkeit dann tatsächlich nicht mehr gibt.
Unterschiedliche Vereinbarungen
In der bankbetrieblichen Praxis werden Financial Covenants von Non-Financial Covenants unterschieden. Bei den Financial Covenants geht es um betriebswirtschaftliche Kennzahlen, die sich vor allem aus den Jahresabschlüssen der Zahnarztpraxis entwickeln lassen. Dazu gehören beispielsweise die Eigenkapitalquote, die Kapitalrentabilität, der Cash-Flow sowie der Verschuldungsgrad. Es ist daher seitens des Zahnarztes ratsam, während der Kreditgespräche gemeinsam mit Bank und Steuerberater zu analysieren und festzulegen, ob und in welchem Umfang die Voraussetzungen dieser Kennzahlen überhaupt erreicht werden können. Das oftmals praktizierte „Prinzip Hoffnung“ auf ein späteres Erreichen beispielsweise einer bestimmten Eigenkapitalhöhe kann nämlich sehr schnell genau jene Sanktionen auslösen, die letztlich zu einer Kreditgefährdung führen.
Maßgebend und justiziabel sind ausschließlich die vertraglich festgelegten Anforderungen an die wirtschaftlichen Verhältnisse des Kreditnehmers, die in heutiger Zeit meist nur in extremen Ausnahmefällen bankseitig zugunsten des Kunden geändert werden. Ist der Kreditvertrag erst einmal unterzeichnet, bewegt sich der Handlungsspielraum des Zahnarztes in sehr engen Grenzen. Wichtig sind in diesem Zusammenhang auch bindende Vereinbarungen, beispielsweise bei Verfügungen über wesentliche Vermögensgegenstände des Zahnarztes, auf die ausdrückliche Zustimmung des Kreditgebers angewiesen zu sein. Zu den Non-Financial Covenants zählen unter anderem Negativ- oder Gleichrangklauseln, die spätere Sicherheitenstellungen an weitere Gläubiger verbieten, wenn die kreditgebende Hausbank nicht entsprechend gleichgestellt und angemessen abgesichert wird.
Ebenfalls von großer Bedeutung sind Formulierungen, die nicht nur bei einer wesentlichen Veränderung der wirtschaftlichen, sondern auch der rechtlichen Verhältnisse wie einer geänderten Praxisstruktur eventuelle Nachbesicherungsverpflichtungen oder auch eine Kreditkündigung auslösen können.
Es ist keineswegs mehr ausreichend, ausschließlich auf die wirtschaftlichen Zahlen zu achten. Auch die aus Sicht der Bank wichtigen allgemeinen Rahmendaten der Praxis besitzen für eine langfristig verlässliche Geschäftsverbindung eine teilweise erhebliche Bedeutung.
Wichtige Planungsmaßnahmen
Bedingt durch die beschriebenen umfangreichen Anforderungen an Zahnärzte sollte der geschäftlichen Planung mittlerweile eine große Bedeutung beigemessen werden. Dabei geht es nicht nur um Prognosen bezüglich der zukünftigen Zinsentwicklung, sondern auch um Erwartungen späterer Lohn- und Gehaltssteigerungen wie um die Entwicklung weiterer Kosten und der daraus resultierenden Folgen für das Praxisergebnis.
Als Resultat daraus sollte ein funktionierendes und professionelles Controllingsystem in der Lage sein, den Anforderungen an einen wirtschaftlich erfolgreichen Praxisbetrieb ebenso nachzukommen wie den Vereinbarungen mit dem jeweiligen Kreditgeber.
Michael VetterFachjournalist für Finanzenvetter-finanz@t-online.de
Info
Tücken des Vertrags
Fast jede einzelne Formulierung sollte in Kreditverträgen und Zusatzvereinbarungen vom Kreditnehmer sorgfältig geprüft und gegebenenfalls nachverhandelt werden.
Dabei geht es nicht nur um die erwähnten Covenants, sondern auch um weitere wichtige Details wie den Weiterverkauf von Krediten, außerplanmäßige Tilgungen oder die Bereitstellung zusätzlicher Kreditsicherheiten.
Darüber hinaus sollte ergänzend geprüft werden, in welchem Umfang und zu welchen Punkten die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Banken bereits Informationen bieten, die im Kreditvertrag möglicherweise präzisiert werden. Der mit dieser Sorgfalt verbundene Mehraufwand kann vor allem dann lohnen, wenn es später einmal zu ernsthaften Störungen innerhalb der Geschäftsverbindung zwischen Bank und Kunde kommt.
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