21. Fortbildungstage der Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt

Halles Zukunft dominiert die Debatten

961 Zahnärzte und Praxismitarbeiterinnen – die zweithöchste Zahl seit Bestehen der Fortbildungstage der Zahnärztekammer Sachsen-Anhalt – verbrachten das dritte Septemberwochenende in Wernigerode am Harz, um unter dem Tagungsthema „Kontroversen und Komplikationen in der täglichen Praxis“ neues Wissen zu tanken und Erfahrungen auszutauschen.

Der dreitägige Kongress unter der wissenschaft-lichen Leitung von Prof. Dr. Werner Geurtsen (Hannover) widmete sich vor allem den Gebieten Endodontologie, Parodontologie/Periimplantitis und Implantatversorgung, streifte aber auch die Themen Multimorbidität und Praxishygiene.

Der unmittelbare zeitliche Zusammenhang der Tagung mit der Bundestagswahl motivierte den Kammerpräsidenten, Dr. Frank Dreihaupt, in seinem standespolitischen Statement noch einmal eindringlich vor der Bürgerversicherung zu warnen. Der schöne Schein des Begriffs trüge, sagte er – mehr noch: SPD, Grüne und Linke verstünden jeder etwas anderes unter der Bürgerversicherung. So seien bei einer entsprechenden Regierungsmehrheit zusätzliche Verwirrungen zu befürchten. Das könne und werde nicht gut sein für die Zahnärzte – und für die Patienten auch nicht.

Sparpläne tangieren auch die Zahnmedizin

Ausführlich ging Dreihaupt auf ein Problem ein, das nicht nur die Zahnärzte, sondern sehr viele Bürger Sachsen-Anhalts seit Monaten beschäftigt: die Sparpläne der Landesregierung, die vor dem Wissenschafts- und Hochschulbereich nicht haltmachen, und die schwierige bauliche Situation an der Universitätszahnklinik in Halle. Zwar seien die Schrumpfungspläne für die Medizinische Fakultät, die auch die Zahnklinik in Bedrängnis gebracht hätten, offenbar vom Tisch, aber aufgrund eines Ausgabenmoratoriums für neue Investitionen im Hochschulbereich verzögere sich die dringend nötige finanzielle Hilfe für den Umzug der havarierten Zahnklinik weiter (die zm berichtete). Um die Lehre und die zahnmedizinische Versorgung in hoher Qualität trotzdem zu gewährleisten, seien enorme organisatorische und technische Anstrengungen nötig, für die auf lange Dauer die Kraft womöglich nicht reiche.

Unter dem Beifall der Anwesenden forderte der Kammerpräsident die Landesregierung auf, die Mittel freizugeben, um unverzüglich die nächsten Schritte für die Ausschreibung der Baumaßnahmen einleiten zu können. Er informierte, dass sich in Halle auf Initiative der CDU-Mittelstandsvereinigung die Bürgerinitiative „ZahnumZahn“ gegründet hat, die Druck auf die Landesregierung ausübe, zusätzlich aber als Zeichen der Verbundenheit mit der traditionsreichen Klinik auch Spenden sammeln wolle. Um die Einschränkungen in der Medizinischen Fakultät zu verhindern, hatte die Initiative „Halle bleibt!“ im Sommer 2013 über 100 000 Unterschriften gesammelt. Man hoffe, eine ähnliche Resonanz auf den Aufruf zur Hilfe für die Zahnklinik zu erhalten. Dreihaupt erinnerte an „die Bedeutung, die die Klinik hat“, nicht nur als einzige Ausbildungsstätte des Landes für den zahnmedizinischen Nachwuchs, sondern auch für die Fort- und vor allem für die Weiterbildung der Zahnärzte. Er bat alle Kollegen um Unterstützung für die Initiative. Auch der Präsident der Bundeszahnärztekammer, Dr. Peter Engel, und der Präsident der Bundesärztekammer, Prof. Frank-Ulrich Montgomery, zeigten sich solidarisch.

Ein weniger landesspezifisches, gleichwohl allgegenwärtiges Thema beleuchtete der Psychiater und Stressforscher Dr. Volker Busch (Regensburg) mit seinem Festvortrag „Reizflut, Internet und Multitasking“. Quintessenz seiner Ausführungen: Das Gehirn braucht regelmäßig Erholungsphasen von der Reizüberflutung. Ohne Ruhe keine Konsolidierung des Gelerntem, keine kreativen Denkprozesse, keine neuen Ideen. Deshalb sei es wichtig, auch einmal gar nichts zu erledigen, auf der Wiese zu liegen oder in die Berge zu steigen. Und wer denke, er sei ein Multitasking-Talent, der irre: Zwei kognitive Reize auf einmal könne das Hirn nicht verarbeiten. Nachweislich dauere es länger, unterschiedliche Arbeiten parallel als nacheinander zu verrichten, und die Fehlerhäufigkeit steige obendrein. Studien sprächen von 20 Prozent Verlust an Arbeitszeit und 588 Milliarden Dollar Kosten pro Jahr, weil Beschäftigte alles auf einmal zu erledigen versuchten und nicht eins nach dem anderen.

Sabine FiedlerVerantwortliche RedakteurinRedaktion zn Sachsen-Anhaltfiedler@zahnaerztekammer-sah.de

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