Studie „Schicksalsmühle Krankenhaus“

Wenn das Lachen vergeht

Eckart von Hirschhausen ist als Kabarettist, Moderator und Bestseller-Autor deutschlandweit bekannt. Doch der ehemalige Arzt hat die Verbindung zu seinem früheren Beruf nicht verloren. Dank seiner Stiftung „Humor hilft Heilen“ bringen Clowns Klinikpatienten zum Lachen. Eine Studie der Stiftung zeigt nun, wie sehr sich Ärzte, Pfleger und Patienten der „Schicksalsmühle Krankenhaus“ ausgeliefert fühlen.

Vor fünf Jahren gründete Eckart von Hirschhausen seine Stiftung „Humor hilft Heilen“. Sie basiert auf einer Idee, die schon seit 15 Jahren auch von anderen Einrichtungen bundesweit umgesetzt wird: Clowns heitern Patienten in Krankenhäusern auf. In der Stiftung sollten laut Hirschhausen Standards für diese Aktivitäten entwickelt werden. Dafür brauche man Studien. Dass Lachen die beste Medizin ist, sei bekannt – aber könne man dafür auch einen Nachweis erbringen?

Mit der Studie „Schicksalsmühle Krankenhaus“ hat der Kabarettist nun erneut für seine Mission geworben. Die nicht repräsentative Tiefenbefragung von 120 Patienten, Ärzten und Pflegern durch das Institut Rheingold zeigt, dass eine gute Kommunikation im Klinikstress oft auf der Strecke bleibt.

Humor fehlt zu oft

„Heute besteht die Gefahr, dass zentrale Faktoren von Gesundung an die Wand gefahren werden, es gibt oft keinen Platz für emotionale Aspekte“, sagte Hirschhausen bei der Vorstellung der Studie in Berlin. Dabei ist eine heilsame Stimmung aus seiner Sicht wichtig für die Genesung. Die Autoren der Studie sehen das ähnlich: Humor sei der „humane Schmierstoff in der Schicksalsmühle Krankenhaus“. Er helfe heilen, da er über die Hierarchien hinweg Nähe schaffe, Leid lindere und für eine andere Perspektive auf das Leben sorge.

Das Krankenhaus werde aber oft zum Ort der Schicksalsbehandlung, an dem für Humor kein Platz sei: Ärzte werden zu Kämpfern, Pflegekräfte zu Begleitern, die den Patienten aus seiner Schicksalsmühle befreien wollen. Patienten erlebten einen Klinikaufenthalt der Studie zufolge als schicksalhaften Einbruch, bei dem es keine Privat- und Intimsphäre gebe und der sie von einem Augenblick auf den anderen aus dem Arbeitsleben reiße und „stilllegt“.

Die befragten Ärzte erleben sich nach eigener Aussage bei der Schicksalsbekämpfung im Hospital „zwischen Gott und Gosse“: Einerseits sollten sie Wunder vollbringen, andererseits stehe das Machbarkeitsideal im Vordergrund. Manche gerieten dadurch in eine Art „Betriebsverengung“ und spulten nur noch ihr Programm ab. Die Ärzte sähen sich in der Diskrepanz zwischen Triumph einerseits und Schicksal und Verwaltung andererseits, erläuterte der Psychologe und Rheingold-Geschäftsführer Stephan Grünewald. Das Pflegepersonal wiederum hat laut Studie die Sehnsucht, in das Schicksal der Patienten einzusteigen: Sie werden häufig von den Patienten als „erlösender Engel“ wahrgenommen, fühlen aber trotzdem insgesamt zu wenig Wertschätzung.

Zu formal und hierarchisch

Grünewald zählte fünf übergreifende Kritikpunkte auf, die in vielen Interviews genannt wurden: die Ökonomisierung des Krankenhauses, die Formalisierung der Abläufe, die einseitige Fokussierung auf rein medizinische Erfordernisse, die hierarchische Aufspaltung samt der unproduktiven „Statusspiele“ und die fehlenden Entwicklungsperspektiven der Mitarbeiter.

Hier könne Humor helfen, der für eine entkrampfende Atmosphäre sorgt, sagte Grünewald. Humor in Krankenhäusern habe aber nichts mit Witzen zu tun. Es gehe vielmehr um eine warmherzige Haltung. Humor sei laut dem Psychologen der „humane Schmierstoff der Schicksalsmühle“, Humor schaffe im Unterschied zum Witz Verständnis und könne zu einem Haltungswechsel führen. Er führte mehrere Beispiele an: peinliche oder schambehaftete Situationen können aufgefangen werden; man fühlt sich besser verstanden und gesehen; Humor kann hierarchieübergreifende Nähe, Gemeinsamkeit und Augenhöhe herstellen; man kann sich kurz über das Schicksal erheben; Humor kann Leid lindern und blockierte Gefühle lösen.

Hier setzt das Konzept der Klinik-Clowns an. Im besten Fall stärken sie das Selbstbewusstsein und bringen den Patienten dazu, an den Heilungserfolg zu glauben. Deshalb wünschte sich Hirschhausen, dass seelische Hygiene genauso wichtig wird wie die gegen nosokomiale Infektionen.

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