Editorial
Liebe Leserinnen und Leser,
es gibt sie immer noch, die Diskussion um die Legalisierung von Drogen. Letztes Beispiel war zeitnah ein Antrag der Linken, der eher sang- und klanglos als Ablehnung im Abstimmungsszenario des Deutschen Bundestages verhallte. Aus medizinischer Warte ein alles in allem wenig rühmliches Blatt jahrzehntelanger Sozialpolitik. Also alles wie gehabt?
Nein, denn wer den illegalen/legalen Markt der Rauschmittel verfolgt, weiß, dass sich bei Weitem nicht alles zum Guten wandelt. Der Dreh von den angestammt-bekannten und verbotenen Drogen des vergangenen Jahrhunderts zu den Chemieküchen des neuen Jahrtausends hat nicht nur die „Szene“, sondern das gesamte sozialmedizinische Geschehen gewaltig verändert.
Gehalt und Wirkung altbekannter illegaler Rauschmittel haben sich ebenso gewandelt wie Gewohnheiten und Abhängigkeitsmodalitäten in diesem Umfeld. Synthetische
Drogen erfordern ein anderes medizinisches Wissen, andere mit den einzelnen Sucht-karrieren erforderliche Umgangsweisen. Die Discos und Hippies von einst haben mit den Clubs, Chills, Ups und Downs von heute wenig gemeinsam.
Zur Orientierung: Cannabis ist zwar nach wie vor die Nummer eins des illegalen Drogenkonsums und die Zahl der Drogentoten ging zumindest in 2011 zurück. Aber das auch in politischen Kreisen verklärte Can-nabis von einst ist in seiner Wirkung (THC-Gehalt) nicht mehr mit dem heute kur- sierenden Angebot vergleichbar. Und: Vor allem die Kombination von Naturdrogen und synthetischen Pillen und Pulvern macht das Feld schwer durchschaubar.
Heruntergebrochen auf die Zahnmedizin stellt die Drogenabhängigkeit von Patienten spezifische Herausforderungen, die fachspezifischen Umgang brauchen. Sie erfordern aber auch einen wachen Blick im Zusammenwirken mit anderen medizinischen Disziplinen, mit Suchttherapeuten und mit sozialen Einrichtungen.
Was illegaler Drogengebrauch aus zahn- medizinischer Sicht mit Menschen anstellen kann, zeigen Falldarstellungen. Was die Vielzahl von Möglichkeiten, illegale, halblegale oder gegenwärtig noch legale Drogen zu konsumieren, für diese Gesellschaft bedeutet, darüber kann sich ein Bild machen, wer sich mit Werdegängen von Drogenabhän-gigen befasst. Einfaches Abtun nach dem Motto „selbst schuld“ hilft nicht weiter. Sozialmedizinisch bleiben Drogenabhängigkeit und deren Folgen mehr denn je ein wichtiges Thema.
Über die Bedeutung sozialpolitischer Verschiebebahnhöfe zwischen Legalität oder Illegalität einzelner Drogen mag streiten, wer will. Definitiv helfen können letztlich nur Aufklärung als Vorsorge und intensive therapeutische und medizinische Betreuung.
Das bleibt gesellschaftlicher Auftrag.
Mit freundlichem Gruß
Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur