Junge und sterbende Menschen im Gespräch

Konfrontation mit dem Tod

Heftarchiv Gesellschaft
zm
Das Projekt „30 junge Menschen“ hat Jugendliche und junge Erwachsene mit sterbenden Menschen und deren Angehörigen zusammengebracht, um über den Tod zu sprechen. Dank einer ausführlichen Dokumentation kann jeder an den Erfahrungen der 16- bis 24-Jährigen teilhaben.

„30 junge Menschen“ startete im Mai 2012 als Kooperation des Instituts für Ethik und Kommunikation im Gesundheitswesen der Universität Witten/Herdecke und des Zentrums für Palliativmedizin (IPZ) des Universitätsklinikums Düsseldorf. Ende Februar 2013 endete das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt. Die Begegnung mit den Sterbenden und deren Angehörigen sollte den Teilnehmern – Schüler, Studierende und Auszubildende – die Chance geben, eine eigene Haltung zum Leben und seinem Ende zu entwickeln. Darüber hinaus wollen die Initiatoren einen breiten gesellschaftlichen Diskurs über Tod und Sterben anstoßen.

Hier und jetzt leben

Zentrale Kommunikationsplattform ist die Website 30jungemenschen.de. Dort sind unter anderem Videozusammenschnitte der Gespräche zu sehen. „Haben Sie Angst? Wie fühlt es sich an, Abschied zu nehmen? Was, glauben Sie, kommt nach dem Tod?“, sind Fragen, die zur Sprache kommen. Über ihre Gedanken vor und nach den Begegnungen konnten die Teilnehmer auf eigenen, in die Website integrierten Blogs berichten.

„Ich spüre meine nassen Hände, während ich hier auf diesem Stuhl sitze und mich auf das Gespräch vorbereite. Denke darüber nach, warum ich hier bin und vor allem: Was ich hier überhaupt möchte. (...) Über den Tod werde ich nun also gleich sprechen, beschreibt die Schülerin Denise Bradl die Minuten vor ihrem Gespräch mit einer Patientin im Hospiz. Auch ihr Fazit macht sie im Blog öffentlich: „Es ist okay, dass ich sterben muss. Aber jetzt: Jetzt lebe ich! Ich lebe hier und jetzt und vor dem Hintergrund meiner Endlichkeit lasse ich es ordentlich krachen und wenn ich gehen muss? Dann möchte ich einverstanden sein.“

Dankbar auf Facebook

Im Social Web ist das Projekt mit einer Fanseite auf Facebook vertreten. Dort sei deutlich mehr diskutiert worden, als man anfangs erwartet hätte, sagt Dr. Christian Schulz, einer der Projektleiter und stellvertretender Leiter des IZP: „Wir sind sehr überrascht, wie gut dieses Projekt angenommen wird. Es freut uns, dass dieses relativ gewagte Experiment, auf Facebook mit jungen Menschen über den Tod zu sprechen, funktioniert hat.“ Die Facebook-Nutzer drücken in ihren Kommentaren vor allen Dingen eins aus: Dankbarkeit. „Ein riesengroßes Dankeschön an euch 30 tolle junge Menschen da draußen!“, schrieb eine Nutzerin am 6. Juni 2012. „Eure Blog-Einträge bereiten mir immer wieder Gänsehaut beim Lesen, regen an zum Nachdenken und sind eine riesige Inspiration in der Auseinandersetzung mit existenziellen Lebensfragen – ihr seid echt unglaublich!!!“

Im Rahmen des Projekts wurde der knapp eineinhalbstündige Film „Berührungsängste“ produziert. Er begleitet drei der 30 Teilnehmer über einen längeren Zeitraum, zeigt sie in ihrem privaten Umfeld und bei den Treffen mit ihren Gesprächspartnern auf der Palliativstation, Zuhause oder im Hospiz.

Der Film geht auf die vielen verschiedenen Empfindungen der Teilnehmer ein und offenbart, wie sich ihre Haltung zum Tod im Laufe des Projekts verändert. Sie sprechen unter anderem darüber, was die körperlichen Veränderungen der sterbenden Menschen in ihnen ausgelöst haben, was sie berührt und was sie sprachlos gemacht hat.

Die Projektinitiatoren wollen den Film in die Programmkinos bringen, konkrete Termine gibt es aber noch nicht. Auf DVD kann man „Berührungsängste“ allerdings bald beim Medienprojekt Wuppertal kaufen.

Susanne TheisenFreie Journalistin in Berlininfo@susanne-theisen.de

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