Repetitorium

Multiple Sklerose – Krankheit mit 1.000 Gesichtern

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Erhebliche Fortschritte hat es in den vergangenen Jahren bei der Multiplen Sklerose gegeben. Die Behandlungs-konzepte haben sich hin zu einer Frühtherapie gewandelt und es gab und gibt neue Medikamente zur Eindämmung der Krankheitsaktivität. Der Trend setzt sich fort, was auf weitere Besserungen der Prognose für die Patienten hoffen lässt.

Sehstörungen, Sensibilitäts- und Gleichgewichtsstörungen sowie motorische Schwierigkeiten – das sind oft die ersten Symptome der Encephalomyelitis disseminata, also der Multiplen Sklerose. Es handelt sich um eine chronisch-entzündliche Erkrankung des zentralen Nervensystems, die sich im Gehirn, im Rückenmark und in den Sehnerven (Optikusneuritis) manifestieren kann. Die Symptomatik kann dabei sehr vielgestaltig sein. So kann die Multiple Sklerose, meist abgekürzt als MS, sich auch mit einer Muskelschwäche bemerkbar machen, mit Gangstörungen, Lähmungserscheinungen, Schwindel oder anderen neurologischen Ausfallserscheinungen.

Nicht selten konsultieren die Betroffenen daher zunächst einen Ophthalmologen oder auch einen Orthopäden, zumal degenerative Veränderungen im Bereich der Knochen ein häufiges Gesundheitsproblem darstellen. Lassen sich die Beschwerden jedoch nicht eindeutig einer entsprechenden Diagnose zuordnen, sollte unbedingt an eine MS als potenzielle Krankheitsursache gedacht und der Betreffende unverzüglich einem Neurologen vorgestellt werden.

Die Erkrankung ist zudem in ihrer Ausprägung, in ihrer Schwere und in ihrem Verlauf extrem variabel und wird daher oft auch als „Krankheit mit 1 000 Gesichtern bezeichnet“.

Besonders junge Menschen sind betroffen

Die MS tritt in aller Regel im jungen Erwachsenenalter auf, meist zeigen sich erste Symptome zwischen dem 30. und dem 40. Lebensjahr. Allerdings ist auch eine Manifestation in späteren Lebensjahren möglich und anders als früher angenommen, können durchaus auch Kinder bereits an einer MS erkranken.

Am häufigsten tritt die MS in den gemäßigten Klimazonen auf, also in Nordeuropa, den USA, Kanada, Australien und Neuseeland. In Deutschland wird die Zahl der Erkrankten auf rund 130 000 Personen geschätzt, weltweit sind den Schätzungen zufolge rund zwei bis zweieinhalb Millionen Menschen betroffen. Die jährliche Inzidenz wird mit 3,5 bis 5/100 000 Einwohner angegeben.

Generell ist offenbar eine Zunahme der Krankheitshäufigkeit zu verzeichnen, wobei dies insbesondere Frauen zu betreffen scheint. Diese erkranken allerdings per se rund dreimal häufiger als Männer.

Autoimmunreaktionen als Ursache

Krankheitsursache sind Autoimmunreaktionen gegen das Protein Myelin in den Myelinscheiden, die die Nervenzellen umhüllen. Genau geklärt aber ist die Pathogenese bislang nicht. Es wird angenommen, dass sich die Erkrankung auf Basis einer genetischen Prädisposition im Zusammenspiel mit Umweltfaktoren entwickelt.

Infektionen können hierbei eine Rolle spielen, wobei vor allem Epstein-Barr-Viren (EBV) in der Diskussion sind. So sind nahezu alle MS-Patienten seropositiv für EBV, und es ist auch bekannt, dass das Risiko einer MS-Manifestation nach einer Mononukleose um das Zwei- bis Dreifache erhöht ist. Für eine Beteiligung dieser Viren an der Pathogenese sprechen ferner Beobachtungen, wonach mehr als 80 Prozent der Kinder, die an MS erkranken, eine EBV-Infektion hinter sich haben gegenüber nur 50 Prozent der gesunden Kinder. Je höher die Virusantigentiter der Kinder sind, umso höher ist zudem die Wahrscheinlichkeit, in späteren Jahren eine MS zu entwickeln. Ursache des Zusammenhangs könnte ein molekulares Mimikry sein, da es enge strukturelle Ähnlichkeiten zwischen dem EBV und dem Protein Myelin gibt, was eine Autoimmunreaktion triggern kann.

EBV ist jedoch nicht das einzige Virus, das als pathogenetisch bedeutsam für die MS dis-kutiert wird. Auch das Humane Endogene Retrovirus (HERV) steht im Verdacht, MS auslösen zu können. HERV liegt normalerweise im Genom integriert vor. Zu autoimmunen Reaktionen wie der MS könnte es allerdings kommen, wenn sich einzelne infektiöse Virione außerhalb des Genoms bilden.

Eine andere Hypothese geht von einem Vitamin-D-Mangel bei der kindlichen Entwicklung im Mutterleib als MS-begünstigendem Faktor aus. Dafür sprechen Beobachtungen, wonach Kinder in Nordeuropa und Kanada, die im Frühjahr geboren werden, überproportional häufig später eine MS entwickeln. Vermutet wird, dass dies mit der eingeschränkten Sonnenbestrahlung der Schwangeren im Winterhalbjahr und damit mit einem Vitamin D-Defizit des sich entwickelnden kindlichen Organismus zu tun haben könnte. Da Frauen weitaus häufiger an MS erkranken als Männer, könnten möglicherweise jedoch auch hormonelle Gegebenheiten zum Tragen kommen.

Krankheitsverlauf

Es gibt verschiedene Verlaufsformen der MS, wobei im Einzelfall nicht vorhersagbar ist, wie sich das Krankheitsbild entwickeln wird. In rund 80 Prozent der Fälle liegt eine schubförmig remittierende MS vor. Es kommt episodisch zum Auftreten von Krankheitsschüben, die sich entweder als Folge einer akuten Behandlung oder gegebenenfalls auch spontan zurückbilden. Dabei können jedoch Restsymptome bestehen bleiben und sich im Lauf der Zeit zu anhaltenden Behinderungen akkumulieren. Die Krankheitsschübe halten mehrere Tage bis Wochen an und können durch spezielle Trigger ausgelöst werden wie etwa Stress oder auch Infektionen. Oft aber bleiben die Auslöser unbekannt. Beim natürlichen Verlauf liegt die Schubrate im Mittel bei 1,8 pro Jahr. Sie nimmt in aller Regel mit der Zeit ab.

Die schubförmig remittierende MS entwickelt sich dabei häufig nach einigen Jahren zu einer chronisch progredienten MS mit stetig fortschreitenden Funktionsstörungen. Die chronisch progrediente Form kann jedoch auch von Beginn an bestehen. Tritt sie erst mit fortschreitendem Krankheitsverlauf auf, so ist von einer sekundär progredienten MS die Rede.

Abzugrenzen von der schubförmigen MS ist das klinisch isolierte Syndrom (CIS), das das Anfangsstadium der MS beschreibt. Von einem CIS ist auszugehen, wenn sich hinsichtlich der Symptomatik der Verdacht auf eine beginnende MS ergibt, jedoch die klassischen Diagnosekriterien (zeitliche Dissemination und in der Kernspintomografie nachzuweisende multifokale Läsionen im Gehirn) nicht erfüllt sind.

Risiko für Behinderungen

In früheren Jahren wurde mit der Diagnose einer MS fast sofort das Bild des Lebens im Rollstuhl assoziiert. Das hat sich inzwischen gewandelt, da die Erkrankung zunehmend gut zu behandeln ist. Zwar ist weiterhin von der Akkumulation von Behinderungen auszugehen, das Risiko für anhaltende Behinderungen ist jedoch dank der modernen Therapieregime rückläufig.

Dennoch führt die Erkrankung, so die Angaben in den offiziellen Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie, bei etwa einem Drittel der Patienten zur vorzeitigen Berentung.

Diagnostik der MS

Bei der Diagnostik der MS haben neben Anamnese und neurolo- gischer Untersuchung vor allen bildgebende Verfahren sowie die Liquordiagnostik einen zentralen Stellenwert. Einen Bluttest zum Nachweis der Erkrankung gibt es nicht. Dennoch sind umfangreiche Laboruntersuchungen notwendig mit dem Ziel, andere Krankheitsursachen der Symptomatik auszuschließen. Erhärtet sich der Verdacht auf eine MS, so wird in aller Regel per Lumbalpunktion eine Liquorprobe entnommen und auf charakteristische Veränderungen hin untersucht.

Grundlage der Diagnosestellung sind international anerkannte Dia-gnosekriterien, die sogenannten McDonald-Kriterien. Sie lassen inzwischen schon eine Diagnose beim ersten Schub und mit nur einer Kernspintomografie zu, sofern andere infrage kommenden Differenzialdiagnosen zuverlässig ausgeschlossen wurden. Diese frühe Diagnosestellung trägt neuen Erkenntnissen Rechnung, wonach die therapeutischen Effekte umso ausgeprägter sind, je früher die Krankheitsaktivität effektiv zurückgedrängt wird. Die Diagnose MS ist demnach zu stellen, wenn nach einem ersten Krankheitsschub klinisch nachweisbare Auffälligkeiten in mindestens einem Funktionssystem vorliegen oder durch Untersuchung der visuell evozierten Potenziale (VEP) bestätigt werden und wenn zusätzlich zwei oder mehr charakteristische Läsionen in der initialen Kernspinuntersuchung nachzuweisen sind.

Behandlung: Konzept der Frühtherapie

Entsprechend der Leitlinien der Deutschen Gesellschaft für Neurologie gibt es einen Paradigmenwechsel bei der Behandlung, wobei explizit die Frühtherapie der MS empfohlen wird. Ziel dabei ist es, durch eine konsequente Basistherapie die Krankheitsaktivität zu kontrollieren und dem Auftreten erneuter MS-Schübe und damit der Entwicklung von Behinderungen entgegen- zuwirken. Eine Heilung der MS ist bislang nicht möglich.

Im akuten Schub ist die Behandlung mit Glukokortikoiden etabliert, wobei in aller Regel eine Kortison-Stoß-Therapie erfolgt.

Immunmodulatorische Basistherapie

Die Basistherapie erfolgt als Immuntherapie, zentrale Bedeutung kommt bislang vor allem der Interferontherapie zu.

Interferone:

Es gibt zwei Präparate, Interferon beta-1a und Interferon beta-1b mit vergleichbarer klinischer Wirksamkeit und Verträglichkeit. Die Beta-Interferone müssen allerdings parenteral verabreicht werden und sind mit nicht unerheblichen Nebenwirkungen behaftet. Als häufigste Nebenwirkung treten grippeähnliche Symptome wie Fieber, Schüttelfrost und Myalgien auf. Da die Behandlung langfristig – in aller Regel lebenslang – erfolgen muss und immer wieder Probleme mit der Compliance beschrieben werden, gibt es spezielle Unterstützungsprogramme für die Patienten bis hin zur persönlichen Betreuung über eine eigens hierfür ausgebildete MS-Schwester.

Die immunmodulatorische Basistherapie besitzt ein gutes Nutzen-Risiko-Profil und die klinische Wirksamkeit der Beta-Interferone ist außerordentlich gut dokumentiert. Belegt ist eine signifikante Reduktion der mittleren Schubhäufigkeit und auch der Behinderungsprogression. Dabei liegen für einzelne Präparate Langzeiterfahrungen von bis zu 21 Jahren vor. Sie zeigen, dass auch die Sterblichkeit der MS-Patienten durch eine Interferon-Basistherapie gemindert wird. Die Therapieeffekte sind insgesamt am besten, wenn bereits im CIS-Stadium mit der Behandlung begonnen wird, wenn also tatsächlich eine effektive Frühtherapie erfolgt.

Glatirameracetat:

In seiner Wirksamkeit der Interferontherapie vergleichbar ist Glatirameracetat. Es handelt sich um ein synthetisches Protein, das strukturelle Ähnlichkeiten mit Myelin aufweist. Glatirameracetat wirkt wie die Interferone immunmodulierend, wobei der Wirkmechanismus aber noch nicht genau geklärt ist. Auch Glatirameracetat muss parenteral verabreicht werden.

Teriflunomid:

Mit dem Wirkstoff Teriflunomid wurde jüngst eine neue Option zur Basis therapie der MS zugelassen, die allerdings einmal täglich als Tablette eingenommen wird. Es handelt sich bei Teriflunomid um den aktiven Metaboliten von Leflunomid, einem Immunsuppressivum, das bereits seit Jahren zur Behandlung der rheumatoiden Arthritis sowie der Psoriasis-Arthritis genutzt wird. Der Wirkstoff hemmt reversibel das Enzym Dihydroorotat-Dehydrogenase in den Mitochondrien und blockiert damit die De-novo-Synthese von Pyrimidin- Nukleotiden in aktivierten Lymphozyten. Kontrollierte klinische Studien belegen, dass Teriflunomid auch bei der MS wirksam ist und die Schubrate sowie die Behinderungsprogression signifikant senkt.

Eskalationsbehandlung

Erweist sich die Basistherapie als nicht ausreichend wirksam oder liegt eine hochaktive MS vor, so besteht die Indikation zu einer sogenannten Eskalationstherapie. Hierbei sind ebenfalls verschiedene Optionen möglich.

Fingolimod:

Als orale Therapieform ist der Wirkstoff Fingolimod zur Therapie der „schubförmigen MS zugelassen für Patienten mit insuffizientem Ansprechen auf Basisimmuntherapeutika sowie für Patienten mit hochaktiver MS“. Es handelt sich um den ersten Vertreter der neuen Substanzklasse der S1P-Rezeptor-Modulatoren. Der Wirkstoff bindet an die Sphingosin-1-Phosphat-Rezeptoren auf Lymphozyten und hindert damit aggressive Lymphozyten an der Auswanderung ins Nervensystem. Da Fingolimod die Herzfrequenz verlangsamt und vor allem initial gravierende Herzrhythmusstörungen verursachen kann, ist bei der Therapieeinstellung eine enge kardiologische Kontrolle erforderlich.

Natalizumab:

Mit Natalizumab gibt es eine weitere Behandlungsoption. Der monoklonale Antikörper wird monatlich als Infusion verabreicht und kann Studien zufolge die Schubrate erheblich senken und das Fortschreiten der MS verlangsamen. Allerdings ist Natalizumab mit dem Risiko des Auftretens einer progressiven multifokalen Leukenzephalopathie (PML) behaftet, wobei die Gefahr für diese schwere Komplikationsform mit der Dauer der Anwendung steigt.

Durch die Entwicklung eines neuen Biomarkers kann sich wahrscheinlich künftig das Risiko einer solchen Komplikation allerdings individuell vorhersagen lassen. Denn neuen Erkenntnissen zufolge sind vor allem jene Patienten gefährdet, deren Immunzellen auf der Oberfläche das Molekül L-Selektin tragen.

Alemtuzumab:

Mit Alemtuzumab kommt derzeit eine weitere Behandlungsmöglichkeit zur Zulassung. Es handelt sich um einen humanisierten monoklonalen Antikörper, der sich gegen das auf B- und T-Lymphozyten exprimierte Antigen CD52 richtet. Der Antikörper muss nur zweimal im Verlauf von zwei Jahren im Rahmen eines mehrtägigen Therapiezyklus verabreicht werden. Die Patienten werden somit frei von einer täglichen, wöchentlichen oder auch monat- lichen Therapie. Auch für Alemtuzumab wurde eine drastische Reduktion der jährlichen Schubrate demonstriert mit sogar Hinweisen auf eine potenzielle Besserung bereits ausgebildeter Behinderungen. Entsprechend den Studiendaten bleiben unter der Behandlung mit dem Antikörper mehr als 60 Prozent der Patienten über fünf Jahre schubfrei. Allerdings ist eine gute Überwachung der Patienten erforderlich, da Alemtuzumab das Auftreten anderer Autoimmunerkrankungen wie beispielsweise Schilddrüsenerkrankungen fördern kann.

Dimethylfumarat:

Mit Dimethylfumarat, auch BG12 genannt, wird aktuell eine weitere Substanz zur Behandlung der Multiplen Sklerose verfügbar. Auch BG12 ist bei der Behandlung immunologisch vermittelter Erkrankungen kein Unbekannter, sondern wird in Form der Fumarsäure bereits bei der Behandlung der schweren chronischen Psoriasis genutzt. BG12 senkt entsprechend der vorliegenden Studiendaten bei der Multiplen Sklerose ebenfalls signifikant das Schubrisiko, reduziert also die jährliche Schubrate und ebenso die Zunahme von Behinderungen.

Leben mit MS

Unabhängig von der medikamentösen Therapie der MS gehört auch die Rehabilitation zu den Basismaßnahmen bei der MS. Durch ein ganzes Bündel an Maßnahmen soll den Patienten geholfen werden, trotz der MS möglichst normal am Alltagsleben und auch am beruflichen Leben teilhaben zu können. Die Rehabilitation zielt deshalb darauf ab, die funktionelle Leistungsfähigkeit zu erhalten oder wieder zu verbessern, die Selbstständigkeit der Patienten zu fördern und ihnen eine möglichst uneingeschränkte Bewegungsfreiheit zu sichern.

Es soll zudem Folgekomplikationen und insbesondere der Entwicklung von Behinderungen entgegengewirkt werden. Damit soll erwirkt werden, dass eine Pflegebedürftigkeit möglichst nicht auftritt oder zeitlich weit hinausgezögert wird, um den Betrof-fenen eine möglichst uneingeschränkte Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu erlauben.

Aus Sicht der Zahnmedizin

Im Rahmen eines akuten Schubes einer Multiplen Sklerose kann es zum Auftreten einer („symptomatischen“) Trigeminusneuralgie kommen. Dies ist vor allem deshalb von Bedeutung, da die idiopathische Trigeminusneuralgie vorwiegend im höheren Lebensalter manifest wird und somit das Auftreten dieser Symptomatik bei jüngeren Patienten fast immer auf eine andere Erkrankung hindeutet. Entsprechend der Lokalisation der entzündlichen Läsionen sind einer oder mehrere Trigeminusäste betroffen. Die Symptomatik gleicht der der idiopathischen Trigeminusneuralgie, die durch die Kriterien der International Headache Society (IHS) folgendermaßen definiert ist:

• ein bis zwei Minuten andauernder, einseitiger, episodischer Gesichtsschmerz

• Ausbreitung entsprechend dem sensiblen Versorgungsgebiet des betroffenen Nerven

• plötzlicher, scharfer, oberflächlicher, stechender oder brennender Schmerz

• sehr hohe Schmerzintensität (häufig zehn auf der Numerischen Rating-Skala von null bis zehn)

• Auslösung über Triggerzonen

• Beschwerdefreiheit zwischen den Episoden

• stereotypes Anfallsmuster

Die Triggerzonen betreffen intra- und/oder extraorale Haut- beziehungsweise Schleimhautareale, vorwiegend im medialen Gesichtsbereich und die Triggermechanismen können Essen, Sprechen, Zähneputzen, Berührung der Gesichtshaut, Temperaturwechsel sein. Neurophysiologisch entspricht dieser Mechanismus einer Allodynie (Schmerzauslösung durch nicht schmerzhafte Reize).

Sehr häufig ist, wie auch bei der idiopathischen Form, der zweite und/oder dritte Ast betroffen. Dem Zahnarzt kommt die Aufgabe zu, dentogene Schmerzursachen auszuschließen und eine neurologische Konsultation zu veranlassen. Hierbei ist die Differenzialdiagnostik unter Umständen schwierig, da Zufalls- und grenzwertige Befunde des stomatognathen Systems die kausale Zuordnung erschweren können. In jedem Fall sollten nicht klar indizierte zahnmedizinische Behandlungsmaßnahmen unterbleiben.

Eine Leitungsanästhesie mit einem lang wirkenden Lokalanästhetikum (Bupivacain, Ropivacain, Levobupivacain) kann als symptomatische Therapie den Leidensdruck der Patienten bis zum Greifen der antiinflammatorischen beziehungsweise antikonvulsiven Therapie lindern.

Bei der zahnmedizinischen Betreuung von Patienten mit Multipler Sklerose müssen mehrere Aspekte berücksichtigt werden: Zum einen ist dies die Interaktion der antiinflammatorischen und immunmodulierenden Therapie mit dem Verlauf dentaler Erkrankungen und zahnärztlicher Behandlungsmaßnahmen. Zum anderen die Auswirkung sich entwickelnder Be- hinderungen auf die Mundhygiene und Inanspruchnahme beziehungsweise Zugangsmöglichkeit zahnmedizinischer Betreuung.

Seit April 2013 haben pflegebedürftige Patienten mit Multipler Sklerose Anspruch auf zusätzliche Leistungen bei der zahnmedizinischen Versorgung in der häus- lichen und in der stationären Pflege und somit auch Hausbesuche durch den Zahnarzt.

Univ.-Prof. Dr. Dr. Monika Daubländer

Leitende Oberärztin der Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie

Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz

Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie

Augustusplatz 2

55131 Mainz

Dr. Dr. Peer W. Kämmerer

Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie

Augustusplatz 2

55131 Mainz

Info

Sinn und Unsinn von alternativen Therapien

Einen Podcast der DMSG zum Thema Sinn und Unsinn von alternativen Therapiemethoden mit MS-Forscher Dr. Dieter Pöhlau, Kamillus-Klinik, Asbach, finden Sie unter

www.dmsg.de/multiple-sklerose-media/index.php?w3pvid=poehlau2&w3pvcat=forschungtherapie

Info

Weiterführende Infos

• Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft, Bundesverband e.V.

www.dmsg.de

• Kompetenznetz Multiple Sklerose

www.kompetenznetz-multiplesklerose.de

• Deutsche Gesellschaft für Neurologie

www.dgn.org

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